Mitsuha
Wir waren inzwischen an sechs Tagen in der Kita und am 6. Tag bin ich das erste Mal für 1 1/2 Stunden nach Hause gefahren. Mausi war dann insgesamt 1:45 Stunde da.
Es klappte super, sie hat mir nicht hinterhergeweint und wollte sogar noch bleiben, als ich sie dann abgeholt hab.
Jetzt hatte ich vorher schon (wie vielleicht noch andere hier) einiges gelesen zum Thema "Erfolgreiche Eingewöhnung" und bin dabei über Artikel zum Thema Bindung und Bindungsformen gestoßen. Häufig wurde die Bindungstheorie nach Bowlby und Ainsworth beschrieben (ich beschreib sie nicht, dass würde zu lang dauern, hier ist ein Artikel dazu: https://www.erzieherin-ausbildung.de/praxis/fachtexte-alltagshilfen-u3/bindung-und-bindungstheorien-eine-wichtige-grundlage-fuer-die).
Als die erste Trennung bei uns anstand und es Mausi quasi egal war, dass ich gegangen bin, fing ich an mir Gedanken zu machen:
Haben wir keine sichere Bindung?
Hab ich zu wenig auf ihre Bedürfnisse geachtet?
Usw. Usw.
Es hat ein paar Tage und Reflektion gebraucht, bis mir klar wurde, dass das vollkommener Quatsch ist, denn (es folgt meine persönlicheMeinung ):
- man kann Kinder nicht in 3 oder 4 starre Kategorien einteilen
- nirgends war beschrieben, wie alt die in der Studie beobachteten Kinder waren,
- noch wie häufig sie vor der Studie bereits von den Eltern getrennt gewesen waren,
- noch wie lange die Bezugsperson mit der fremden Person gemeinsam im Raum gewesen waren.
In unserem ganz individuellen Fall gehe ich ja schon seit 9 Monaten wieder voll arbeiten und Mausi war quasi fast jeden Tag mehrere Stunden von mir getrennt. Dass ich sie bei jemand anderem alleine lasse, war jetzt also keine absolut neue Situation für sie.
Ich schreibe das, weil es hier vielleicht noch mehr Eltern gibt, die sich Wissen aneignen möchten, dazu Artikel oder Studien rund um das Thema Kinder, Erziehung, etc. lesen.
Und die dann, wie ich, plötzlich Zweifel am eigenen Umgang mit ihrem Kind bekommen und sich fragen, ob sie Fehler gemacht haben. Meine Erkenntnus aus der Situation: mehr aufs eigene Gefühl vertrauen.
Ist ein bisschen lang geworden, ich hoffe es wird klar, was ich meine.
Was ist euch schon an Theorien (und vermeintlich fundierten wissenschaftlucgen Erkenntnissen) über den Weg gelaufen, das dazu geführt hat, dass ihr euer ursprüngliches Bauchgefühl plötzlich in Frage gestellt habt?
Huhu, Tatsächlich fällt mir dazu ein Artikel ein, den ich neulich gelesen habe (weiß aber leider nicht mehr genau, wo und bin auch grade zu faul zum Nachsuchen...) Jedenfalls ging es darum, dass ein Experte meinte, man solle seine Kinder bloß nicht loben, weil das dazu führen würde, dass sie Sachen nur aus der Motivation heraus machen, damit jemand anderem zu gefallen und Lob zu erhalten. Dadurch würden sie also nichts mehr aus Spaß an der Sache an sich tun und auch später ständig nach Lob oder Belohnungen streben. Einige der Argumente klangen wirklich plausibel und ich habe sehr viel darüber nachgedacht. Für mich bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht ganz auf lobende Worte verzichten kann. Tatsächlich versuche ich aber differenzierter zu loben. Ein Beispiel: Dreijährige Tochter malt ein Bild von einem Baum, Blumen und Sonne. Ich sage nicht nur: wow, toll! Sondern: oh, das Bild sieht aber wirklich sehr frühlingshaft aus. Oder: Kind hilft in der Küche. Ich sage nicht nur: Toll, klasse! Sondern: Danke, dass du mir so super hilfst, dann bin ich viel schneller fertig und wir können spielen. Außerdem lässt sich das auch auf das Gegenteil, also Schimpfen, übertragen. Ich versuche natürlich so gut es geht ohne auszukommen, aber das klappt nur bedingt. Wenn, dann erkläre ich so gut wie möglich, was das Problem ist und warum ich schimpfe bzw. Etwas möchte oder eben gerade nicht möchte. Also: Kind haut den kleinen Bruder. Ich sage: bitte lass das, oder wirst du gerne gehauen? So hoffe ich, dass die Kinder nicht nur aufhören, etwas zu machen, um nicht geschimpft zu werden, sondern weil sie tatsächlich verstehen, dass es anders besser wäre...
Tatsächlich stell ich so ziemlich alle Theorien aus meiner Erzieherausbildung in Frage.
Leider denken zu viele Erzieher noch in Schubladen. Jedes Kind ist individuell, hat seinen eigenen Charakter und seine persönlichen Interessen.
Leider können die Kleinen uns nicht sagen, was in ihren Köpfen vor sich geht. Aber die Wissenschaftler bilden sich ein hineingucken zu können und von einigen auf alle schließen zu können
Du machst es richtig. Hör auf dein Bauchgefühl. DU hast die Verbindung zu deinem Kind, nicht irgendwelche Geisteswissenschaften
Übrigens denke ich so, seit ich Kinder habe. Vorher war ich die Wissenschaft in Person und eine sehr theoretische Erzieherin
Jetzt ist meine Schwägerin so und es ist sooooo anstrengend es besser zu wissen. Diese Mutter-Kind-Beziehung verstehen andere nicht, wenn sie keine Kinder haben.
Nach dem zweiten Kind sage ich höre auf solche Dinge zu lesen und vertraue deinem Instinkt das ist das sinnvollste
Ich muss auch sagen, dass ich - gemessen an den Bindungstypen nach Ainsworth und Bowlby - ziemlich an mir gezweifelt habe, als unsere Eingewöhnung im April begann. Er hat sich recht schnell von mir entfernt. Als ich ging hat er mir kaum „Aufmerksamkeit“ geschenkt und hat dann geweint als ich weg war. Aber er ließ sich laut Erzieherinnen immer sehr gut „ablenken“. Als ich wieder kam hat er mir kaum Aufmerksamkeit geschenkt und hat erst nach 2min gemerkt, dass ich wieder da bin. Da fing er dann an zu weinen und kam auf mich zu gerannt...
Was ich für mich daraus mitnehme: ich denke Bindung ist viel komplexer und lässt sich vermutlich eher grob in diese vier Bindungstypen einordnen. Außerdem ist der Fremde-Situations-Test eher mit 12 Monate alten Kindern gemacht worden. Unsere Kleinen sind ja nun schon etwas älter. Und da spielt auch die Persönlichkeit und alles andere so viel mit rein.
Mein Kleiner hat bei Wiederaufnahme der Eingewöhnung erst super geweint. Er wurde sehr lebendig, als er die anderen Kinder der Gruppe sah. Wir sind gute Mamas. Unser Bauchgefühl ist so viel wichtiger als eine Theorie... eine Theorie ist eine Möglichkeit die Dinge zu erklären, aber sie muss nicht zwangsläufig zutreffen, sonst wäre es ja ein Gesetz. Die Wissenschaft ist ein theoretisches Feld. Man versucht die Praxis zu integrieren aber vieles ist unverstanden. Die Medizin ist übrigens auch verhältnismäßig kaum weit. Viele Vorgänge unseres Körpers sind ebenso noch nicht verstanden, wie die unserer Psyche.