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eltern mit neugeborenem
Louis-Photo - stock.adobe.com

Wenn ein Baby zu früh geboren wird, beginnt für Eltern eine Reise voller Fragen, Hoffnungen und Entscheidungen. In dieser sensiblen Phase ist die Ernährung weit mehr als bloße Nährstoffzufuhr – sie ist Therapie, Schutz und Bindung zugleich. Frühgeborene haben besondere Bedürfnisse, und ihre Ernährung muss diesen gerecht werden: individuell, evidenzbasiert und liebevoll begleitet.

Muttermilch – das erste Geschenk fürs Leben

Muttermilch ist für Frühgeborene nicht nur Nahrung, sondern Medizin. Sie ist der Goldstandard, alle essenziellen Makro- und Mikronährstoffe sowie bioaktive Substanzen wie Lactoferrin, sekretorisches IgA und HMOs (Humane Milch-Oligosaccharide), die das Immunsystem stärken, die Darmreifung fördern und vor Infektionen schützen, sind enthalten. 
„Muttermilch ist für Frühgeborene die optimale Ernährung. Sie reduziert das Risiko für schwere Komplikationen wie NEC und Sepsis und unterstützt die neurologische Entwicklung nachhaltig“, betont auch Prof. PD. Dr. Nadja Haiden, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin an der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie in Wien.

mama mit ihrem frühchen
Juragan - stock.adobe.com

Wenn Muttermilch allein nicht ausreicht – gezielte Anreicherung

Frühgeborene haben einen deutlich höheren Bedarf an Energie, Eiweiß, Mineralstoffen und Spurenelementen. Um diesen zu decken, wird Muttermilch mit sogenannten „Human Milk Fortifiers“ angereichert. Diese enthalten:

  • Eiweiß: für Muskel- und Organwachstum
  • Kalzium & Phosphor: für Knochenmineralisierung
  • Vitamin D, Zink, Kupfer, Selen: für Immunfunktion und Zellreifung
  • Natrium & Kalium: zur Aufrechterhaltung des Elektrolythaushalts

Die Anreicherung erfolgt individuell – abhängig vom Gewicht, der Reife und dem klinischen Zustand des Kindes. Mit der speziellen Ernährung soll das Frühgeborene die Wachstumswerte erreichen, die es im Mutterleib verpasst hat und in seiner Entwicklung aufholen. 

Säuglingsmilchnahrung – wenn Muttermilch nicht verfügbar ist

Ist keine Muttermilch verfügbar, kommt pasteurisierte Spenderinnenmilch zum Einsatz. Wenn auch diese nicht zur Verfügung steht, wird auf speziell formulierte Frühgeborenennahrung zurückgegriffen. Diese unterscheidet sich deutlich von Standardnahrung. Sie ist speziell auf die Bedürfnisse von Frühchen abgestimmt – mit höherem Energiegehalt, mehr Eiweiß und zusätzlichen Mikronährstoffen wie Kalzium, Phosphor und Vitamin D.:

Komponente Frühgeborenennahrung Standardnahrung
Energiegehalt 80–85 kcal/100 ml ca. 67 kcal/100 ml
Eiweißgehalt 2,4–2,9 g/100 ml ca. 1,3–1,6 g/100 ml
Kalzium & Phosphor Höher dosiert Geringere Mengen
Osmolarität Angepasst für bessere Verträglichkeit Standardisiert

 

Die Zusammensetzung dieser speziellen Nahrung orientiert sich an den Empfehlungen der European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) und wird regelmäßig weiterentwickelt, um den besonderen Bedürfnissen von Frühgeborenen gerecht zu werden.

frühgeborenes bekommt die flasche
Tierney - stock.adobe.com

Protein – ein Balanceakt zwischen Wachstum und Langzeitgesundheit

Die Proteinzufuhr ist ein zentrales Thema. Während ein Mangel das Wachstum hemmen kann, birgt ein Übermaß das Risiko für spätere Adipositas und metabolische Erkrankungen. Die Empfehlungen setzen auf eine fein abgestimmte Proteinzufuhr, die ständig angepasst wird, abhängig von Gewichtsentwicklung, Laborwerten und klinischem Verlauf. Kinderärztin Prof. Haiden betont: „Die Ernährung muss individuell abgestimmt sein. Es geht nicht um möglichst viel, sondern um möglichst passend – für jedes einzelne Kind.“

HMO – der kleine feine Unterschied

Für Frühgeborene zählt jeder kleine Fortschritt. Humane Milcholigosaccharide (HMO), natürliche Bestandteile der Muttermilch, können dabei eine wertvolle Unterstützung sein. Sie helfen dem noch unreifen Immunsystem, fördern ein gesundes Gleichgewicht im Darm, tragen dazu bei, Infektionen vorzubeugen und unterstützen das Wachstum. So bekommen Frühchen mehr Schutz und Kraft für ihren Start ins Leben.

Die wichtigsten Vorteile von HMO:

  • Stärken gute Darmbakterien für eine bessere Verdauung
  • Fangen Krankheitserreger ab, bevor sie Schaden anrichten
  • Schützen die empfindliche Darmwand
  • Helfen dem Immunsystem, sich gesund zu entwickeln

Der Nahrungsaufbau – auf dem Weg zur oralen Ernährung

Anfangs, also direkt nach der Geburt, bekommen viele Frühgeborene die Nahrung - das sind: Aminosäuren, Glukose, Fette, Elektrolyte, Vitamine - in vielen Fällen direkt über Infusionen in die Blutbahn. Denn das Verdauungssystem ist oft noch nicht vollständig ausgebildet, der Darm noch nicht voll belastbar. So erhält das Baby direkt Energie und Nährstoffe, damit es sich entwickeln kann. Dies wird als parenterale Ernährung bezeichnet.

Wenn das Frühgeborene dann spezielle Frühgeborenennahrung oder Muttermilch bekommt, spricht man von enteraler Ernährung. Dieser Schritt sollte so früh wie möglich erfolgen, erst über eine Sonde, später wird die Nahrung über den Mund gefüttert. Durch diese Form der Ernährung wird sowohl die Darmreifung als auch die Entwicklung des Immunsystems gefördert. 

Die Umstellung auf die enterale Ernährung erfolgt in Phasen: Zuerst werden minimale Mengen gefüttert, um den Darm zu stimulieren. Als Nächstes werden diese Mengen gesteigert. Das Vorgehen hängt dabei davon ab, wie die Nahrung vertragen wird und wie sich die Gewichtszunahme entwickelt. Sind die Werte zufriedenstellend, geht man über zu einer vollen enteralen Ernährung ​​​​​​ mit angereicherter Muttermilch oder Frühgeborenennahrung.

Sobald das Baby saugen und schlucken kann, steht einer oralen Ernährung dann nichts mehr im Weg.


Der ganze Prozess wird als Nahrungsaufbau bezeichnet. Es ist hierbei wichtig, dass er individuell erfolgen muss – unter Berücksichtigung von Toleranz, Reife und klinischem Zustand. Es nutzt leider auch nichts: Geduld ist gefragt! Ihr solltet eure Kleinen liebevoll begleiten, aber es braucht Zeit, um die Entwicklung zu durchlaufen.

mama gibt ihrem baby die flasche
Alena Ozerova - stock.adobe.com

Nach der Klinik: Wie geht es zu Hause weiter?

Die ersten Tage daheim mit dem Baby sind für viele Eltern ein Abenteuer - geprägt von vielen Unsicherheiten. Ihr fragt euch vielleicht, ob euer Baby genug Nahrung bekommt. Grundsätzlich brauchen Frühgeborene oft kleinere, häufigere Mahlzeiten und manchmal - wenn das Stillen nicht möglich ist - eben spezielle Nahrung.

Vertraut auf euer Gefühl und vor allem auf die Hinweise der Ärzte. Denn es ist ganz wichtig: Die Nahrung sollte immer gemeinsam mit dem medizinischen Team ausgewählt werden. Denn jedes Baby ist einzigartig – und seine Bedürfnisse sind es auch.

Spezielle Frühgeborenennahrung ist auch nur in der Apotheke erhältlich, sie wurde nur für Frühgeborene entwickelt. Viele Produkte sind aber freiverkäuflich, du brauchst kein Rezept. Hat ein Arzt die spezielle Nahrung verordnet und du hast ein Rezept, werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen.

Praktische Tipps für Eltern

Was ihr wissen solltet – ein kleiner Leitfaden:

  • Geduld und Vertrauen: Die Ernährung eines Frühgeborenen ist ein Prozess. Es braucht Zeit, bis sich Routinen etablieren – und das ist völlig normal.
  • Hygiene ist entscheidend: Ob beim Abpumpen, Lagern oder Füttern – Sauberkeit schützt vor Infektionen.
  • Stillberatung nutzen: Viele Kliniken bieten professionelle Unterstützung – von der richtigen Technik bis zur emotionalen Begleitung.
  • Fragen stellen: Ihr seid Expert:innen für euer Kind. Scheut euch nicht, Fragen zu stellen und Entscheidungen mitzugestalten.

Wann erfolgt der Wechsel von Frühgeborenennahrung auf Anfangsnahrung?

Alles läuft super und euer Baby entwickelt sich toll? Dann fragt ihr euch sicherlich, wann ihr nicht mehr die spezielle Frühgeborenennahrung kaufen müsst, sondern wann es Zeit ist für die normale Anfangsnahrung. Wichtig ist dabei ein behutsames Vorgehen:

  • Reifegrad: Das Kind sollte stabil zunehmen und ärztlich als reif genug gelten.

  • Gewicht: Meist ab ca. 3–3,5 kg möglich.

  • Verträglichkeit: Keine häufigen Blähungen oder Verdauungsprobleme.

  • Tempo: Schrittweise mischen, zunächst einzelne Mahlzeiten ersetzen, dann steigern. So bleibt die Umstellung sanft und euer Baby gut versorgt.

kleine babyfüßchen und hände formen ein herz
id-foto.de - stock.adobe.com

Zusammenfassung der Empfehlungen

Die Ernährung von Frühgeborenen ist komplex, aber gut steuerbar. Die wichtigsten Punkte:

  • Muttermilch bevorzugen, ggf. mit Fortifier anreichern
  • Spenderinnenmilch oder Frühgeborenennahrung als Alternativen nutzen
  • Proteinbedarf individuell abstimmen, um Wachstum zu fördern und Risiken zu vermeiden
  • Mikronährstoffe gezielt ergänzen, insbesondere Kalzium, Phosphor, Vitamin D
  • Regelmäßige Gewichtskontrollen und Laborkontrollen zur Anpassung der Ernährung
  • Aktive Einbeziehung, Information und emotionale Begleitung der Eltern

Diese Empfehlungen basieren auf aktuellen Studien und Leitlinien und bieten eine sichere Grundlage für die Ernährung in den ersten Lebenswochen.

Bindung durch Ernährung – Nähe, Wärme und Liebe

Jede Mahlzeit ist mehr als Nährstoffzufuhr. Sie ist ein Moment der Nähe, des Vertrauens und der Bindung. Hautkontakt, liebevolle Worte und Blickkontakt fördern nicht nur die emotionale Entwicklung, sondern auch die physiologische Stabilität.

Gerade bei Frühgeborenen, die oft in Inkubatoren liegen, sind diese Momente besonders wertvoll. Sie zeigen: Du bist da. Du gibst Halt. Du bist die sichere Basis in einer neuen Welt.

Fazit – Frühgeborene brauchen mehr als Nahrung

Frühgeborene brauchen Fürsorge, Wissen und Liebe. Die evidenzbasierten Empfehlungen von Prof. Dr. Nadja Haiden und ihrem Team helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen – und geben Eltern das gute Gefühl, alles für ihr Kind zu tun. Denn jedes Frühchen ist ein kleines Wunder. Und jedes Wunder verdient die beste Unterstützung, die wir geben können.

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schlafendes Baby
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Mutter stillt Ihr Baby
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