Die scheinbaren Widersprüche

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Die scheinbaren Widersprüche

Hallo Frau Schuster, wir versuchen, Annalena (fast 16 Monate) möglichst ohne das ewige "NEIN" zu erziehen, sondern so viel wie möglich eben durch unsere Vorbildwirkung oder durch eigene Erfahrungen (unter unserer Kontrolle). So weiß Annalena genau, dass der Herd, das Bügeleisen usw. MANCHMAL heiß sind und man das GANZ VORSICHTIG austesten kann (wenn man Mama nicht glaubt). Genauso sind Mamas Nadeln tabu, weil die "Pieks" machen und Annalena weiß, dass das "Aua" ist. Oder dass Stühle "wackeln" und umkippen können und man manche Sachen (Geschirr etc.) "ganz vorsichtig" anfassen und tragen muß, sonst gehen sie kaputt. Ich denke, Sie verstehen, was ich meine. Aber nun fallen mir immer mehr Situationen auf, die für Annalena echt widersprüchlich erscheinen müssen, weil die Unterschiede zwischen Erlaubtem und Verbotenem (oder besser gewünschten und ungewünschten Handlungen) doch sehr eng liegen. Gestern waren wir im Garten und Annalena wollte nicht im Sandkasten bleiben, sondern Mama helfen. Eine Stunde vorher hat sie in der Wohnung ein Blatt im Blumentopf abgerissen und ich habe ihr gesagt, dass man das nicht macht, weil das für die Pflanze "Aua" ist. Daraufhin hat sie die Pflanze gestreichelt (macht sie bei Mama auch immer, wenn sie etwas zu grob war und Mama "Aua" gesagt hat). Und dann sieht sie mich Unkraut zupfen... Sie will mir helfen und zupft natürlich mit, aber nicht das Unkraut, sondern die Blätter von den Himbeeren. Ist ja auch nicht so ein großer Unterschied, aber auch nicht zu meinen Zimmerpflanzen. Dann hat sie bisher meist akzeptiert, dass man die Gartenwege benutzt. Das klappte eigentlich von ganz allein. Jetzt muß Mama aber auch da Unkraut zupfen, wo man nicht vom Weg rankommt. Das sieht Annalena natürlich auch und trampelt munter drauflos. Das sind nur mal zwei Beispiele aus dem Garten. Aber im Haushalt gibt es noch viel mehr davon. Und man kann ja nicht alle solchen Sachen nur dann erledigen, wenn unsere Kinder schlafen. Wie handhabt man solche Situationen? Ich glaube nicht, dass Annalena schon in der Lage ist, entsprechend zu differenzieren. Liebe Grüße von Antje

Mitglied inaktiv - 26.09.2001, 11:02



Antwort auf: Die scheinbaren Widersprüche

Hallo Antje So, wie Annalena aus den Folgen lernt, wird sie auch erfahren, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Machen Sie ihr jedes Mal mit Worten deutlich, warum Sie in dem entsprechenden Fall z.B. nicht auf dem Gehweg bleiben können. Das Kraut muß gezupft werden, damit die anderen Pflanzen genug Erde, Sonne und Wasser haben um wachsen zu können. Möchte sie Ihnen helfen, weisen Sie ihr einen Platz zu, wo sie nach Herzens Lust "Unkraut" zupfen kann. Den Unterschied zwischen den einzelnen Pflanzen kann sie jetzt noch nicht begreifen; es sei denn, die Nutzpflanzen sind schön höher gewachsen als die Pflanzen, die ihnen quasi "die Luft zum Atmen nehmen". Je mehr Sie Ihrer Tochter in immer wiederkehrenden Gesprächen die jeweiligen Sachverhalte verdeutlichen und Ihr eigenes Handeln begründen um so schneller wird Annalena verstehen können, warum manche Dinge mal so und mal anders gehandhabt werden müssen. Die Differenzierung wird sich von ganz allein einstellen, wenn Ihre Tochter in ihrer Entwicklung entsprechend weit vorangeschritten ist. Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 26.09.2001