6. Monat, 23. Woche Ode an die Schwangerschaft (mit Humor und Ironie zu genießen!) Die Schwangerschaft. Sie soll was schönes sein. Die Frau soll ihre glücklichsten Tage erleben. So sagt man sich - Mal abgesehen von dem „normalen“ Hormonaustausch, dem jeden bekannt ist, der einen frieren und dann wieder schwitzen lässt. Und mal tief traurig und über alles weinen lässt und dann wieder glücklich macht. Und das alles innerhalb 10 Minuten. Doch schauen wir mal tiefer… Ich bin kein Morgenmensch. Man meint, ich soll mich zusammenreißen. Das tue ich. Denn ansonsten würde ich schreien, heulen, wütend sein. Stattdessen bin ich lieber still und brauche ein paar Minuten für mich alleine. Nun kommt in der Schwangerschaft hinzu, dass man (noch) empfindlicher wird. Empfindlicher auf Geräusche, Geschmäcker, Gerüche. Auch der morgendliche Urin von Kind, Mann und dem eigenen, kann einem ganz schön auf die Nerven gehen. Genauso, wie wenn nun das Dritte mal in fünf Minuten jemand ins schöne warme Badezimmer kommt und die Tür offen stehen und kalte Luft reinziehen lässt. Hinzu kommt, dass man plötzlich mit jemandem reden muss und Entscheidungen treffen soll. Morgens. Direkt nach dem Aufstehen. Nach einer Nacht, in der man kaum geschlafen hat. Eine Nacht, die die Schwangerschaft auf genau zwei Liegeweisen beschränkt. Entscheide Dich. Rechte Seite oder linke Seite. Der Wechsel von einer auf die andere Seite ist mittlerweile schmerzhaft und anstrengend. Dazu kommen die abstrusesten Träume und Albträume. Die Nacht ist vorbei. Und das ist gut so. Nicht erholt steht man nun im Bad. Man kann seine eigene Vagina nicht mehr sehen. Außer im Spiegel. Oder man schiebt den dicken Bauch irgendwie zur Seite und beugt sich vorne über. Man schaut in den Spiegel und sieht unförmig aus. Unattraktiv. Bloß schnell anziehen bevor es noch jemand anderes sieht. Zeit, um sich daran zu gewöhnen, bekommt man keine. Der Bauch und die Veränderung des eigenen Körpers passieren einfach. Über Nacht. Die, die so fürchterlich ist. Aber jammern ist nicht erlaubt, denn das macht bekanntlich noch unattraktiver. Und außerdem ist in der Schwangerschaft ja alles schön. Weiter geht’s. Man zieht sich an. Auch die Brüste tun weh. Aber die sind, solange kein anderer oder man selber sie nicht berührt, das kleinere (oder mittlerweile etwas größere) Übel. Man cremt sich ein, da die Haut juckt als hätte man einen Parasitenbefall. Und das den lieben langen Tag. Socken anziehen, Blut schießt in den Kopf und lässt einen schwindelig werden. (Lass bloß nichts fallen – Aufheben wird schwieriger und unangenehmer als man denkt und als es vielleicht aussieht) Man fühlt sich wie eine alte, fette Frau. Wenn man bis dahin noch nichts gegessen oder getrunken hat, hat man Glück gehabt. Denn ansonsten würde das Sodbrennen dir nun einen schönen Schwall Kotze in den Mund schießen. Aber keine Sorge. Falls das bisher noch nicht passiert ist, wird garantiert, dass dies im Laufe des Tages noch mindestens 6-8 Mal passiert (Hoffentlich ist ein Waschbecken oder ein Klo in der Nähe). Und dann brennt die Speiseröhre bis zum Ins-Bett-Gehen unaufhörlich. Den ganzen Tag lang. Zum Glück gibt es Rennie®. Ein Hoch auf dieses Produkt! Es wird wie ein kleiner Snack immer mal zwischendurch gegessen. Wenn man es rechtzeitig isst, hat man vielleicht Glück und das saure Aufstoßen kann auf 5 Mal reduziert werden. Weniger geht nicht. Das Brennen bleibt natürlich trotzdem! Man bekommt allerdings etwas Ablenkung, denn der Darmtrakt funktioniert durch die Hormone auch nur noch sehr träge. Mal sind es Verstopfungen, mal Durchfall. Normal, so wie man es gewohnt ist, gibt’s nicht. Die Blähungen sind unangenehm, peinlich und tragen ihr Übriges dazu bei. Nimmt man sie mit Humor, geht es besser. Glück hat der, der einen leichten Schwangerschaftsschnupfen hat. Dann muss er sich selbst nicht riechen. Oder eh eine Frühlingsallergie. Dann hat man Dauerschnupfen. Dazu aber auch brennende Augen und juckende Gehörgänge und Gaumen… Naja, zumindest muss man seine Pupse nicht mehr riechen. Hat ja auch was für sich. Bis dahin ist ja schon mal alles ganz schön. So startet man also in den Tag. Mindestens hundert Mal rennt man auf die Toilette, ob man dann tatsächlich muss, sei mal dahin gestellt. Das Gefühl ist ständig da. Die Blase drückt. Mal mehr, mal weniger. Aber ständig. Dazu die immer brennende Speiseröhre. Im Laufe des Tages kommen dann Rückenschmerzen hinzu, die so stark sind, wie Du sie noch nie erlebt hast. Sie zwingen Dich in die Knie. Aber man bringt das Kind trotzdem noch zum Tanzen. Und wäscht Wäsche. Und hängt sie auf. Nimmt sie ab und legt sie zusammen. Räumt den Geschirrspüler aus, saugt, geht einkaufen, kocht und macht Abendbrot – man braucht nicht zu erwähnen, dass man vorher natürlich noch mindestens 8 Stunden arbeiten gegangen ist, mit allem, was das Arbeitsleben eben so zu bieten hat - …. Freunde treffen ist kaum mehr möglich. Auch wenn man geistig Lust dazu hätte, um allen zu erzählen, wie schön doch die Schwangerschaft ist… Man ist müde und will nur noch schlafen. Nichts mehr sagen. Nichts mehr machen. Aber dann ist da ja noch die Nacht. Und alles fängt wieder von vorne an… Merke: Die aufgezählten Zustände sammeln sich. Sie gehen nicht weg. Sie sind immer da! Den ganzen Tag. Die ganze Nacht. Und wenn mich jetzt jemand fragt, wieso ich mal nicht passend reagiere, hoffe ich auf sein Mitverständnis und mich nicht weiter rechtfertigen, geschweige denn entschuldigen zu müssen. Und ich hoffe, dass mein Gegenüber es nicht als Angriff oder Beleidigung seiner Person sieht (denn das ist es nicht!) und einfach mal der Stärkere sein und darüber hinwegsehen kann, ohne beleidigt zu sein und sich weiter Gedanken zu machen, in der Zeit, in der es mir so gut geht.
von Phenomena am 19.03.2015, 10:40