Frage: schwieriger Esser

Hallo Frau Neumann! Mein 3jähriger Sohn is(s)t sehr eigen, da er zu Mittag am liebsten immer nur Nudeln ohne alles hätte. Reis isst er zwar auch, aber sonst nur wenige ausgewählte dinge (fischstäb., mais...). mein kia hat gesagt, er muss lernen zu essen, was gekocht wird ohne alternative anzubieten und ohne nachtisch, wenn er nicht isst, wg extrawurst-verhalten - das könnte ich auf andere Verhalten ausweiten (schlafen, soziales...). bislang haben grade oma/opa immer extra für ihn nudeln gemacht. neues probieren tut er selten, und wenn, dann isst er es auch dann nicht, wenn er sagt, es schmeckt. Wenn wir ihm jetzt anderes vorsetzen, dann gibt es natürlich unheimliches theater und er isst oft nur 1-2 bissen mit erpressung (pudding danach) leider. wir essen immer normal, zwar auch rel. viel nudelgerichte, aber er will dann eben nur trockene nudeln. wie kann ich ihm das "andere" essen interessanter machen? so, dass oma/opa es auch können, dort ist er mittags immer, wenn ich arbeiten muss. mitkochen lassen haben wir schon probiert....irgendwie fehlt die neugierde bzw ist er übervorsichtig... Sein Charakter nach ist er auch sehr zurückhaltend und braucht lange, um aufzutauen. Vielleicht haben Sie ja einen tip für mich? vielen dank Katrin

Mitglied inaktiv - 27.01.2010, 17:41



Antwort auf: schwieriger Esser

Hallo Katrin zunächst musst du für dich entscheiden, welche Methode du dich besser ist. Bleibe konsequent dabei. Dein Kind bemerkt sonst auch deine Unsicherheit und nutzt das aus. Du schreibst, dass dein Kind ohnehin eher sensibel und zurückhaltend sei. Das wiederum wirkt sich auf das Essverhalten aus. Neues Muss erst vorsichtig getestet werden. Getestet hinsichtlich des Geschmacks, des Mundgefühls und ganz wichtig: nach der Wirkung. Essen muss dem Körper nutzen und darf nicht schaden. Es muss gut verdaut werden und der Körper unbewusst die Speise als "lohnenswert" abspeichern. Einerseits ist es schon wichtig, dass neue Dinge probiert werden. Aber mit Zwang und Überreden bzw Belohnen und Drohen ist das auf Dauer auch keine gute Methode. Versuche eher herauszufinden, wann dein Kind bereit ist, Neues zu kosten. Ist das bspw am Wochenende mit Papa? Ist es im Urlaub? Koche eher immer wieder die gleichen bewährten Gerichte, die dein Kleiner gerne mag. Sag das auch Oma und Opa. Das wird deinem Kind Sicherheit geben und die Bereitschaft dazu mal was anderes auszuprobieren, langfristig steigern. Mach kein Aufhebens aus seinen Vorlieben und Abneigungen und thematisiere nicht. Freu dich wenn dein Kind isst und sei nicht frustriert, wenn es die angebotenen Speisen ablehnt. Hilfreich kann es sein, Regeln aufzustellen. Vielleicht kann dir Frau Schuster dabei helfen. Neues Essen wird häufig dann akzeptiert, wenn es zu ungewöhnlichen Zeiten an ungewöhnlichen Orten offeriert wird. Dann, wenn du es gar nicht erwartest :-) Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben zuweilen eine sog. Neophobie. Eine Angst vor dem neuen, unbekannten Éssen. Auch hier wieder, evolutionsbiologisch betrachtet, eine gute Schutzfunktion. Gegessen wird nur das, was man kennt. Denn Unbekanntes könnte giftig sein. Besonders bittere Speisen sind oft giftig. Deswegen wird ein bitterer Geschmack von Kindern meistens abgelehnt. Grüne Paprika schmecken gekocht meist bitter. Aber auch alte Möhren können manchmal bitterer sein. Die Verdauung ist individuell verschieden. Was dem einen gut bekommt, kann beim anderen zu Unwohlsein führen. Deswegen mögen viele Kinder Gemüse oft weniger gerne essen. Gemüse hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe aber bringt (im Vergleich zu Obst) keine Sättigung. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sind manchmal schwerer verdaulich. Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde, weil die Zubereitungsweise eine direkte Auswirkung auf die Verdauunng/Verdaulichkeit hat. Mit viel Fett (z.B.Rahmspinat) werden Ballaststoffe verträglicher. Ketchup bspw. hat einen hohen Zuckeranteil. Die Säure wird abgemildert und Kalorien kommen hinzu. Erbsen haben von Natur aus einen leicht süßlichen Geschmack. Pizza ist auch fettreicher wegen dem Käse und Öl. Deswegen akzeptieren Kinder oft mit Gemüse belegte Pizza. Auch Gemüsepuffer zählen hinzu Auch bestimmte Krankheiten/ereignisse können einen Einfluss auf die Speisenauswahl haben. Hat das Kind zum Beispiel etwas gegessen und bekommt bald darauf einen grippalen Infekt o.ä., gar den Magen-Darm-Trakt betreffend, dann wird diese Speise meistens danach gemieden. Das hat biologisch gesehen, einen evolutionsbiologischen Sinn. Die Kinder beurteilen das Essen auch nach der Verträglichkeit. Diese Veträglichkeit ist subjektiv und von Aussenstehenden nicht immer direkt nachvollziehbar. Ernährungsempfehlungen mit Plänen und Rezepten sind Theorie. Sie dienen als Basis und Orientierungshilfe. Ein gutes Gewissen kann daraus resultieren, wenn die Kleinen nach diesem Plan vorbildhaft speisen. Manchmal klappt das auch. Aber manchmal auch nicht. Als Mama ist man schnell irritiert und besorgt, wenn die Kleinen nicht nach Plan essen und trinken wollen. Kinder wissen instinktiv selber ziemlich genau, wieviel sie essen sollten. Das kann tageweise verschieden sein, aber in der Wochenbilanz durchaus stimmig. Vorraussetzung ist natürlich ein reichhaltig gedeckter Tisch mit ausgewogenem Speisenangebot. Was du scheibst, beklagen übrigens nicht wenige Mütter: Das Kind möchte nicht das essen, was Mama serviert. Als Mutter kann man schon daran verzweifeln, wenn die lieben Kleinen nicht so essen wollen, wie man sich das wünscht. Und vor allem wie es in den allgemeinen Ernährungsempfehlungen geschrieben steht. Kinder wissen nichts von Ernährungsempfehlungen und essen einfach dann, wenn es ihnen schmeckt, oder wenn sie hungrig sind. Vorraussetzung ist, das sie natürlich einiges kennen. Vor allem, dass alle Lebensmittelgruppen dabei sind. Einseitiges Essen, das aber trotzdem einigermassen ausgewogen ist und das Kind sättigt - kein Problem. Langsam und unmerklich lässt sich die Palette der Gerichte erweitern. Den Zeitpunkt dafür bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Lass dein Kind aus dem Kochtopf probieren. Bereitet Mahlzeiten gemeinsam zu und lass deine Tochter schon mal vorher probieren. Hilfreich kann sein, den Gerichten phantasievolle Namen zu geben, die zu dein Interessen deines Kindes passen. Welche "Helden" mag dein Kind? Benenne die Gerichte entsprechend. Zutaten bspw als Bild (Gesicht z.B.) auf den Teller legen. Dann können zuerst die Augen von einem "Gesicht" gepickt werden, dann die Nase und die Haare... Sind die Teller schön angerichtet, übersichtlich gehalten, mit kleinen Portionen, dann animiert das meistens eher zum Essen. Statt einem Berg grüner Erbsen lieber mal nur Erbsen als Deko (als Blümchen) auf den Teller tun. Wenn es dem Kind schmeckt, kann nachgelegt werden. Besonders die Väter sind übrigens die Vorbilder in Essensangelegenheiten. In einer Studie wurde herausgefunden, dass Kinder eher ihren Vater in Essensangelegenheiten imitieren als die Mutter. Aber auch dann gilt: Probieren lassen und entscheiden lassen. Grüsse B.Neumann

von Birgit Neumann am 28.01.2010