Frage: Bradykardien

Guten Abend, Mein Sohn, (beginnende Infektion nach Blasensprung in 28+1, geboren in 32+1), ist jetzt fast 4 Wochen (35+6) alt. Er wog 1860g. Benötigte kein Sauerstoff, nur ein paar Tage Atemhilfe, Coffein wurde schon bei 33+6 abgesetzt. Seit er exakt 3 Wochen alt ist, hat er diese Bradykardien. Er hatte keine großen Startschwierigkeiten, so dass wir eigentlich schon lange nach Hause dürften. Aber genau in dem Moment 35+1, als der Monitor ausgemacht werden sollte, tauchte die erste Bradykardie (unter 60) auf ohne Sättigungsabfall. Ab da ging es los. Erst eine am Tag dann 2 heute schon alle paar Stunden. Warum geschieht das jetzt erst? Wie lange dauert das an? Bzw, wann hören die Bradykardien wieder auf? Die Ärzte entlassen ihn nicht, bis er mindestens 48 Stunden keine ne hat. Es ist zermürbend. Er war doch schon fertig Warum passiert das? Liebe Grüße

von Nileve am 30.07.2020, 21:10



Antwort auf: Bradykardien

Guten Abend, die Situation, welche Sie beschreiben, ist für sehr kleine Frühgeborene typisch: zirka 90% aller Kinder, die unter 29 Schwangerschaftswochen geboren wurden, haben aufgrund einer Unreife der Atemregulation Atempausen (Apnoen), Herzfrequenzabfälle (Bradykardien), Sauerstoffabfälle (Hypoxämien). In den ersten Wochen treten meist alle drei genannten Probleme gleichzeitig auf, und wir sprechen dann vom Apnoe-Bradykardie-Hypoxämie-Syndrom. Mit zunehmender Reife verliert sich dieses Problem, jedoch ist der individuelle Zeitpunkt, wann die Regulation auch in tiefen Schlafphasen stabil ist, von Kind zu Kind unterschiedlich. Bei manchen kleinen Patienten tritt die Stabilisierung schon etwa nach korrigierten 33-34 Schwangerschaftswochen auf, bei anderen erst nach korrigierten 40-44 Schwangerschaftswochen. Die Behandlung mit Koffeinzitrat, welche in der Neonatologie seit zirka 13-14 Jahren gut etabliert ist, stellt eine nach jetzigem Wissen sehr gute und sichere Therapie dar. Es gibt bisher allerdings keine klaren Empfehlungen, wann die Behandlung mit Koffein beendet werden kann, da die individuelle Reifung sehr variabel ist. Es wäre aber durchaus gerechtfertigt, den erneuten Beginn der Koffeintherapie bei der von Ihnen beschriebenen Situation zu prüfen und im Einzelfall auch einen kleinen Patienten mit dieser Behandlung und einem Überwachungsmonitor für die längeren Schlafphasen nach Hause zu entlassen. Abhängig von der Stabilität steigert man dann entweder die Dosis trotz zunehmenden Körpergewicht nicht mehr ("ausschleichende" Behandlung) oder vereinbart nach einigen Wochen einen Termin mit Überwachung und / oder Schlaflaboruntersuchung, vor dem die Behandlung geplant abgesetzt wird ("Auslassversuch"). Die Prognose des Apnoe-Bradykardie-Hypoxämie-Syndroms ist gut, da es sich mit zunehmender Entwicklung des Nervensystems verliert. Wichtig ist, den Zeitraum bis dahin sicher zu überbrücken. Sprechen Sie die behandelnden Ärzte Ihres Kindes einfach nochmal darauf an. Alles Gute!

von PD Dr. med. Axel Hübler am 30.07.2020