Frage: Sensorische Integration

Hallo, ich habe eine Frage zur sensorischen Integration, bzw wie Sie die Situation einschätzen. Natürlich ist mir klar, dass Sie keine Ferndiagnose stellen können, aber es brennt mir unter den Nägeln. Mein Sohn ist 3,5 Jahre alt. Bei der Wahl des Essens ist mir aufgefallen, dass er bei manchen Konsistenzen wählerisch ist. Nudeln werden teilweise gar nicht gekaut. Das Kuscheln muss von ihm ausgehen. Er mag es nicht, wenn seine Hände schmutzig sind, spielt aber gerne im Sand und mit Knete. Mit einem feuchten Tuch darf man ihm nicht den Mund abputzen. Es muss trocken sein. Er ist ständig in Bewegung und rennt viel. Dabei stolpert er auch öfter mal. Er hat Angst vor lauten Geräuschen, reagiert nicht immer auf Ansprache (kein Hörproblem). Bekommt andererseits aber auch viel mit und merkt sich das. Er reagiert empfindlich auf helles Licht. Er verliert schnell die Geduld wenn er warten muss. Die Frustrationstoleranz ist noch gering. Er mag es nicht, wenn ihm fremde Personen/Kinder zu dicht auf die Pelle rücken. Er war schon immer mehr der Beobachter. Robben mit 8 Monaten, Krabbeln mit 12 Monaten, freies laufen mit 14 Monaten. Er kann gut Laufrad fahren, puzzelt gerne und viel, liebt Bücher. Manchmal hält er sich an Regeln, manchmal auch nicht. Manchmal will er provozieren. Ab und zu ist er noch sehr ungestüm, auch im Umgang mit uns. Er war schon immer sehr anhänglich, wollte viel getragen werden, wurde lange gestillt. Muss ich mir Sorgen machen? Sollte ich das abklären lassen? Sprachlich ist er unauffällig (abgesehen von den Zischlauten). Ich möchte ihm nicht ein Problem anhängen, aber auch nichts verpassen. Er ist insgesamt ein tolles Kind und kann schon sehr viel. Er ist sehr aufmerksam und hat viele Ideen. Liebe Grüße

von Mamam am 03.03.2021, 17:52



Antwort auf: Sensorische Integration

Hallo, ihr Kind ist in einem Altersbereich, in dem sich mit der weiteren Entwicklung noch viel verändern kann (Essenswahl, Reaktion auf Geräusche, Stolpern,...). Ich finde es stets wichtig nach dem Leidensdruck im Alltag zu gehen (sowohl der Kinder als auch der Eltern), um zu entscheiden, ob ein Handlungsbedarf für eine Therapie besteht. Sollte ihr Kind also unter seinen individuellen Besonderheiten leiden oder seine z.B.soziale Entwicklung dadurch eingeschränkt sein, dann würde ich dies dem Kinderarzt/ärztin gegenüber schildern und dann kann eine gezielte Testung der Wahrnehmungsbereiche, Fragebögen, gezielte Beobachtungen usw.sinnvoll sein. So reagieren taktil überempfindliche Kinder teils agressiv auf Nähe, wenn dadurch ein Einfügen in eine soziale Gruppe gefährdet ist, dann besteht ein Handlungsbedarf. Besteht aber kein Leidensdruck und das Kind kommt in seinem Alltag trotzdem gut zurecht, dann würde ich abwarten, wie es sich in der weiteren Entwicklung verändert. Es kann evtl.eine taktile Überempfindlichkeit (Berührungsreize) und auditive Überempfindlichkeit (sensibel auf Geräusche) vorhanden sein, aber ihr Kind kommt u.U.trotzdem gut damit zurecht. Generell gilt in diesen Bereichen: Eigenregulation nutzen, sprich: "selbst aktiv sein" kann ein Kind für den empfindlichen Bereich besser tolerieren, als eine Fremdeinwirkung. So hat es ein auditiv überempfindliches Kind leichter, wenn es selbst laut sein kann oder aktiv auch Geräusche macht, als wenn dies als Fremdeinwirkung (über das Umfeld) geschieht. Ein Kind, welches sensibel auf Berührungsreize reagiert, erträgt diese leichter, wenn es von selbst die Berührung ausführt (oft dann auch gröber, mit mehr Druck, weil dies widerum regulierend für das Kind wirkt, also besser ertragen werden kann), oder eben das Kuscheln selber einleitet. Also vielleicht bei dem Mund abwischen mit feuchten Lappen mal anbieten, dass ihr Kind dies selbst tut! Als taktile Angebote sind spielerisch Materialbäder möglich (z.B.aus Kastanien, Linsen, Erbsen,Reis mit Murmeln darin zum raussuchen), klebrigen Teig beim Backen kneten lassen, Sprühsahne oder Rasierschaum auf Tisch verteilen lassen und mit den Fingern darin malen, Fingermalfarben nutzen, matschen mit Wasser im Sand (klebt mehr),Basteln mit Ton (da muss an den Händen mehr tolriert werden als bei Knete, durch das selbst aktiv sein und drücken wird aber wieder reguliert). Geduld und Frustrationstoleranz sind in diesem Altersbereich natürlich so eine Sache für sich und dann kommt es auch auf das Temperament des Kindes mit an. Hier den Fokus auf Situationen legen, in denen es mal gut geklappt hat und diese dem Kind gegenüber reflektieren und loben (oh toll, du hast ja gerade gut gewartet-da freue ich mich) und das lässt sich im Alltag als Mini-Geduldübung immer gut einbauen: wenn ihr Kind etwas möchte (Keks, Spielzeug, Buch, ...), dann sagen Sie "ja, gleich, du wartest kurz, dann kommt das Buch. Ich hole nur kurz vorher ein Taschentuch..." oder so ähnlich. Dann wird das kurze warten gelobt und dann schrittweise immer etwas verlängert. Alles Gute Kristin Windisch

von Kristin Windisch am 05.03.2021



Antwort auf: Sensorische Integration

Mir ist noch etwas eingefallen. Diese Angst vor lauten Geräuschen wie Staubsauger, Kaffeemaschine und Bohrmaschine kam erst später. Früher hatte er keine Probleme damit, hat es sogar geliebt auf dem Staubsauger zu sitzen oder selbst zu saugen oder die Kaffeemaschine zu drücken. Vielleicht haben wir es zu einem Problem gemacht, weil wir öfter gesagt haben "Achtung, jetzt wird es laut". Er mochte aber schon als Baby nicht zuviel Trubel. Familienfeiern waren immer zuviel. Das hat sich allerdings mit der Zeit gebessert. Ich muss auch dazu sagen, dass ich selbst lärmempfindlich und sehr schreckhaft bin. Außerdem empfinde ich es auch als sehr unangenehm, wenn fremde oder mir unsympathische Menschen zu nahe kommen. Und mein Mann mag es auch überhaupt nicht, wenn er etwas an den Händen hat. Ist es möglich, dass unser Sohn diese Eigenschaften von uns übernommen hat? Liebe Grüße

von Mamam am 03.03.2021, 19:53