Sehr geehrte Frau Simon, am 15.04.2020 habe ich in der 35 ssw zwillinge bekommen. Die sind 4 Wochen in der neonatologie geblieben und seit 12.05 bei uns zu Hause. Mein Mann hat 2 Monate Elternzeit genommen damit er mit den Babys helfen kann. Ab 16.06 wird er wieder bei der Arbeit und ich werde alleine mit der Zwillinge zu Hause bleiben. Ich habe schon Angst davor. Wie soll ich mich verhalten wenn beide weinen? Soll ich beide zusammen versuchen zu trösten oder einen nach dem anderen?Ich habe 2 Wippen und ich überlege mir sie so zu füttern damit die beide gleichzeitig gefüttert werden können. Haben Sie paar Tipps für mich?Angst macht mir auch dass die Babys gleichzeitig weinen.Nach dem Essen wollen beide in den Arm genommen werden, sonst weinen die.Auch wenn ich beide jeweils in den Arm nehme, weinen sie weil die beide Arme haben wollen. Das heißt dass ich nur ein Kind bedienen kann. Wie soll ich damit umgehen? Ich bin total verzweifelt. Ich bedanke mich im voraus für Ihre Antwort.
von
Nurse1985
am 09.06.2020, 18:35
Antwort auf:
Allein mit Zwillinge zu Hause
Liebe Nurse
Ich möchte Ihnen zunächst sagen, dass ich es toll finde, dass Sie Ihre Sorgen, Bedenken und Ängste so klar wahrnehmen und ehrlich mit sich sind :).
Hier im RUB finden Sie ein Forum für Zwillings- bzw. Mehrlingseltern, wo sich Mehrlingseltern unter sich austauschen und sich Tipps geben. Vielleicht mögen Sie auch da einmal hineinschauen? Desweiteren gibt es einige Organisationen und Zwillingsgruppen im Netz, wo großartige Alltagsideen getauscht werden. Denn ich denke, dass nichts hilfreicher ist, sich mit geübten Zwillingseltern auszutauschen. Vllt. hat sogar Ihre Hebamme eine Möglichkeit einen Kontakt vor Ort herzustellen? Wäre das eine Idee für Sie?
Aber nun zu Ihren Fragen:
Sie haben nun schon die ersten Erfahrungen mit Ihren beiden Kleinen daheim gemacht und ganz sicher ganz wertvolle Beobachtungen gewonnen :). Schauen Sie doch einmal, welche Stärken jedes Ihres Babys zeigt und vor allem- welche Stärken haben die beiden zusammen? Ihre Süßen sind so lange Zeit gemeinsam im Bauch gewachsen und kennen sich sehr! gut :). Die beiden haben zusammen ganz bestimmte Fähigkeiten entwickelt. Das können hilfreiche sein und natürlich auch die, die anstrengend für Sie als Mutter sind oder werden können. Versuchen Sie dem einmal auf die Spur zu kommen und diese zu nutzen. Evt.kann an der Tagesstruktur etwas verändert werden oder eine räumliche Gegebenheit angepasst oder hier und da auch eine personelle Unterstützung z.B. bei einem Kinderarztbesuch o.ä. eingebunden werden.
Versuchen Sie im Umgang und im Leben mit Ihren Kindern, zunächst ganz pragmatisch und mit Ihrer mütterlichen Liebe zu denken. Fernab von Ratschlägen, Empfehlungen aus Literatur oder Medien, die das ideale Miteinander darstellen.
Geben Sie sich keine Ziele vor- das nimmt Druck raus! Leben Sie mit Ihren Kindern...
Wie kann sich das Leben mit den Kleinen gestalten? z.B.
- wenn Sie bei der Körperpflege, Wickeln usw. den Eindruck haben, dass die Kinder zusammen viel ruhiger sind, es genießen sich anzuschauen, zu berühren usw. oder Sie feststellen, dass Sie selbst unruhig werden, wenn Sie sich nur um ein Kind intensiv kümmern können und das andere Sie u.U. weinend einfordert- gehen Sie auf den Boden zum Wickeln, Anziehen, Waschen etc.. So haben Sie sicher! beide Kinder im Blick- Blickkontakt, und können trotzdem die Körperpflege durchführen
- so auch die Essensituation :). Sie haben eine weit verbreitete Idee bereits ausgesprochen. Beide Kinder liegen in der Wippe und werden parallel/ abwechselnd von Ihnen gefüttert. Sie werden auch keinen Löffelwechsel mehr durchführen ;)... Das erübrigt sich meist sowieso, da die Kinder irgendwann beginnen ihre Schnuller zu tauschen oder ihre Knabberein...
- Beginnen Sie mit einer Tätigkeit immer früh genug oder aber entscheiden, dass Sie es einfach sein lassen... oder kündigen eine Verspätung an. Hier kann ein großes Stresspensum herausgenommen werden. Anspannung und Stress überträgt sich leider schnell auf die Kinder.
- arbeiten Sie mit Tragehilfen oder Tüchern. So können Sie ein Kind am Körper sichern und tragen, während Sie das andere Kind seitlich nehmen... eine Trageberatung kann hier eine sehr gute Hilfe sein.
- ein großer Zwillingslaufstall kann als ausreichend große Fläche zur Sicherung der Kinder sein, insbesondere wenn die beiden sich gerne eher höher, als auf dem Boden liegend, befinden. Ersatzweise kann dieser Laufstall auch als Schlafalternative dienen- später als große Spielfläche
- und ja, liebe Nurse, es wird Situationen u.U. regelmässig geben, dass ein Kind weint und warten muss. Aber hier steckt eine große Fähigkeit verborgen, die gelernt werden darf- WARTEN! Diese Fähigkeit lernen manche Kinder erst mit der Geburt eines Geschwisterkindes im Abstand von mehreren Jahren- Ihre beiden bereits von Anfang an :). D.h. Sie als Mutter begleiten unmittelbar sofort auch ganz typische Geschwisterentwicklungen...Sie geben Ihren Kindern ganz bestimmt ausreichend Aufmerksamkeit und Zuwendung. Nicht die Zeitquantität zählt, sondern die Qualität!
- wenn Ihr Mann abends wieder daheim ist, können Sie z.B. Ihrem Bedürfnis nach alleiniger Aufmerksamkeit für ein Kind nachgehen... Jedes Kind wird dann jeweils z.b. in Ruhe gefüttert oder darf mal mit Mama /Papa in die Badwanne gehen o.ä.
- Und- Ihre Kinder haben sich zu zweit!!! Sie beobachten sicher jetzt bereits, dass die beiden sich gerne miteinander beschäftigen?
- desweiteren: holen Sie alle möglichen Alltagsarbeiten zu den Kindern, statt diese mitzunehmen. Es gibt viele Dinge, die auch im Beisein der Kleinen erledigt werden können.
- und- vielleicht können Sie sich entlasten, indem bestimmte Haushaltsaufgaben abgegeben werden können oder Einkäufe geschickt usw..
Schauen Sie einmal, ob Sie die Ideen für sich umsetzen können oder bereits schon tun?! Ich bin mir ganz sicher, dass es so ist :).
Schreiben Sie gerne, wie es Ihnen geht...
Ich schicke liebe Grüße, Katrin !
von
Katrin Simon
am 11.06.2020
