Sonne2828
Liebes Stillberatungsteam, ich soll eine Wurzelspitzenresektion bekommen (Zahn-OP bei der mit Spritzen die Gegend um den Zahn betäubt wird um den Kiefer zu öffnen). Kann man diese lokale Betäubung in der Stillzeit machen, oder sollte man besser nach der Stillzeit die OP durchführen lassen? Vielen Dank, Sonne2828
Liebe Sonne2828, eine Zahnarztbehandlung und auch das Ausbohren einer Amalgamfüllung oder auch die Behandlung oder Entfernung eines (Weiheits)zahnes oder Wurzelbehandlung erfordern KEINE Stillpause und auch kein Abpumpen und Verwerfen von Milch. Ich zitiere hierzu aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, 7. Auflage 2006: "Lokalanästhetika: Erfahrungen. Lidocain (z.B. Xylocain®) geht selbst bei intravenöser Behandlung von Herzrhythmusstörungen nur in geringer Menge in die Muttermilch über (siehe Kapitel 4.6). Bei insgesamt 27 Patientinnen, die zur Sectio eine Epiduralanästhesie mit durchschnittlich 183 mg Limain und 82 mg Bupivacain erhalten hatten, wurden nach 2, 6 und 12 Stunden Lokalanästhetika und deren Metabolite im Serum und in der Milch nachgewiesen. Im Mittel fanden sich 860 µg/l Lidocain und 90 µg/l Bupivacain in der Milch sowie 140 µg/l des Metaboliten Pipecolylxylidid (PPX) (Ortega 1999). Die M/P-Quotienten betrugen 0,9, 0,4 und 1,3. Es sind nicht mehr als 1 bis höchstens 4 % der per os ohnehin kaum verfügbaren Wirkstoffe als relative Dosis für ein gestilltes Kind zu erwarten. Die beobachteten Kinder zeigten keine Auffälligkeiten. Bei der Applikation von 3,6 - 7,2 ml Lidocain 2 % ohne Adrenalinzusatz im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Therapie fanden sich für Lidocain und seinen Metaboliten Monoethylglycerinxylidid durchschnittlich nur 73,4 µg/l bzw. 66,1 µg/l in der Milch, toxische Wirkungen beim gestillten Kind wurden für unrealistisch gehalten (Giuliani 2001). Eine interpleurale Dauerinfusion von Bupivacain (z.B. Carbostesin®), 25 mg/Stunde, führte zu maximal 0,45 µg/ml in der Muttermilch. Im Serum des Säuglings war die Substanz nicht nachweisbar (Nachweisgrenze < 0,1 µg/ml). Toxische Symptome wurden nicht beobachtet (Übersicht in Spigset 1994). Zu Levobupivacain (Chirocain®), Mepivacain (z.B. Scandicain®), Procain und Ropivacain (Naropin®) liegen keine Daten zur Stillzeit vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Substanzen und vor allem solche mit kurzer Halbwertszeit und hoher Plasmaeiweißbindung wie Articain (z.B. Ultracain®) nur sehr geringe Konzentrationen in der Milch erreichen. Der bei Lokalanästhesie übliche Adrenalinzusatz wirkt ohnehin einem Übergang in die Muttermilch entgegen. Prilocain (Xylonest®) wirkt in stärkerem Maße als die anderen Lokalanästhetika als Methämoglobinbildner. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Stillzeit fehlen auch für die ausschließlich zur Lokaltherapie eingesetzten Substanzen Benzocain (z.B. Anaesthesin® Creme), Chlorethan (z.B. WariActiv® Aerosol), Oxybuprocain (z. B. Thilorbin® Augentropfen) und Tetracain (z.B. Acoin® Lösung), wobei hier nicht mit einer systemischen Resorption größerer Mengen zu rechnen ist. Empfehlung für die Praxis: Bei üblicher Anwendung (im Rahmen einer Zahnbehandlung oder anderer Eingriffe) können Lokalanästhetika in der Stillzeit verwendet werden; dies gilt auch für Kombinationen mit Adrenalin. Prilocain sollte gemieden werden, nach dennoch erfolgter Applikation ist jedoch keine Stillpause erforderlich." Bei Bedarf gibt es auch Schmerzmittel, die mit dem Stillen zu vereinbaren sind. Ebenso gibt es stillverträgliche Antibiotika. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass eine Wurzelspitzenresektion nicht zwingend starke Schmerzmittel erfordert, falls aber Paracetamol tatsächlich nicht ausreichen sollte, dann gibt es auch noch andere Schmerzmittel, die in der Stillzeit verwendet werden können. Doch ich kann und darf dir keine Medikamente empfehlen, denn ich bin keine Ärztin. Dein Zahnarzt kann sich aber in der Fachliteratur (dazu gehört in Bezug auf die Stillverträglichkeit nicht die Rote Liste, sondern damit sind Nachschlagewerke wie „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Spielmann und Schaefer gemeint) schlau machen oder aber in Berlin bei der Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie Tel.: 030-30308111 erkundigen. Die Embryonaltoxikologie bietet einen speziellen Beratungsservice für ÄrztInnen an. Es ist üblicherweise nicht so gedacht, dass dort Mütter anfragen. Es hat außerdem oft auch wenig Sinn, dass die Frau selbst dort anruft, denn in vielen Fällen ist einiges an Hintergrundinformation notwendig, die der „Normalmensch" oft nicht geben kann. Alles Gute für die Zahn-Op. LLLiebe Grüße Biggi