Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

erster brei?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: erster brei?

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Hallo Biggi, meine Tochter ist jetzt genau 6 Monate und wird noch voll gestillt. Wir waren jetzt im Krankenhaus, dabei wurde auch geprüft ob ich genug Milch habe - sie bekommt noch genug. Die Ärzte meinten aber, ich solle jetzt mit Brei beginnen weil die Milch nach einem halben Jahr nicht mehr genug Nährstoffe hat. Sie hat auch einen Eisenmangel, weswegen wir jetzt Tropfen bekommen haben. Ich bin nun total verunsichert. Sie guckt schon immer ganz gierig wenn wir essen und Nachts wird sie sehr häufig munter. Tagsüber stille ich sie auch alle 2 - 3 Stunden. Ich würde dann gern selber kochen und mit Kartoffeln + Olivenöl anfangen und nach jeder Woche eine Gemüsesorte dazu. Geb ich den am besten Mittags oder Abends? Und wie mach ich das dann mit Stillen? Davor oder danach? Muss sie dann Wasser oder Tee trinken? Wüsste gar nicht wie - Flasche nimmt sie nicht und möchte ich jetzt auch nicht mehr anfangen ;-) Braucht sie dann unbedingt Fleisch im ersten Jahr? Ich hoffe, Du kannst mir weiterhelfen. Sorry für die Länge... Vielen Dank und liebe Grüße Carina + Jamie


Biggi Welter

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Liebe Carina, Du kannst dein Kind solange ausschließlich stillen, bis es zu erkennen gibt, dass es zusätzliche Nahrung als Beikost will. Die Initiative sollte vom Kind ausgehen, denn die Kinder wissen in der Regel selbst am besten, wann sie für die Beikost bereit sind. Eine Ausnahme können dabei Frühgeborene sein, doch ein voll ausgetragenes, gesundes Kind wird durch die folgenden Anzeichen zu erkennen geben, dass es jetzt Beikost als Ergänzung zur Muttermilch will und braucht: o es ist in der Lage aufrecht zu sitzen, o der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, o es zeigt Bereitschaft zum Kauen, o es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, o es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen lässt. Dies ist meist etwa mit sechs Monaten der Fall, bei wenigen Kindern früher, bei gar nicht so wenigen später. Ehe diese Zeichen nicht zu erkennen sind, sollte noch keine Beikost eingeführt werden. So lange ein Baby zusätzlich zur Beikost weiterhin nach Bedarf gestillt wird, genügt Muttermilch zur Flüssigkeitsaufnahme. Wird nicht mehr nach Bedarf gestillt, braucht das Kind zusätzliche Flüssigkeit, am besten Wasser, denn Wasser ist für Kinder wie Erwachsene das optimale Getränk. Saft ist nicht erforderlich und Tee muss überhaupt nicht sein. Die in Deutschland (gerade auch für Babys) so verbreiteten Kräutertees haben alle nicht nur eine Heilwirkung, sondern auch Nebenwirkungen. Es muss nicht jeder Mensch, der viel Kräutertee trinkt, gleich krank werden, doch auf Dauer sind Kräutertees vor allem in größeren Mengen nicht das optimale Getränk. Alle Heilkräuter können auch allergische Reaktionen hervorrufen. Am einfachsten ist es, dem Kind parallel zur Beikosteinführung auch den Becher mit Wasser anzubieten, es wird dann allmählich lernen, wozu der Becher da ist und auch wie es darauf trinkt. Mit zunehmendem Alter wird es auch mehr trinken. Der Begriff BEI Kost sollte wörtlich verstanden werden, es ist ergänzende Kost, die die Muttermilch nicht ersetzen, sondern ergänzen soll. Sollte die Muttermilch durch die Beikost ersetzt werden, würde es Anstatt Kost heißen. Wird in Zusammenhang mit der Beikostmahlzeit gestillt, kann das Kind außerdem einige Nährstoffe aus der Beikost besser aufnehmen und verwerten. Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Es ist möglich ein Kind deutlich länger als sechs Monate ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Bei der LLL Europakonferenz in Nottingham hat ein spanischer Kinderarzt einen sehr interessanten Vortrag zum Thema "Essen" gehalten. Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Das wertvollste Fett ist kaltgepresstes Pflanzenöl. Trotzdem sollte bis zum Ende des achten Monats nicht kaltgepresstes Öl verwendet werden, da empfindliche Babys auf die (ansonsten wünschenswerte) Reste der Ölsaat reagieren können. Deshalb sollte anfangs Soja , Raps oder Maiskeimöl, später dann auch kaltgepresstes Sonnenblumenöl verwendet werden. Butter ist ebenfalls möglich. Pro 200 g Gemüse Kartoffel (Fleisch) Brei sollten 10 g Fett zugegeben werden. Diese Fettmenge wird in Gläschen nicht immer erreicht, so dass dann nach lesen des Etiketts eventuell noch zusätzliches Fett zugegeben werden sollte, wenn Gläschen verwendet werden. Ob ein Baby/Kleinkind Fleisch braucht oder nicht, hängt davon ab, wie es ernährt wird. Fleisch wird wegen seines hohen Eisen und Proteingehaltes gegeben. Es kann jedoch durch andere Nahrungsmittel ersetzt werden, vorausgesetzt das Baby wird weiterhin gestillt. Die Verfügbarkeit und damit die Aufnahme des Eisens in den Körper wird entscheidend verbessert durch Vitamin C. Durch die Gegenwart von Vitamin C wird die Eisenaufnahme aus allen Lebensmitteln bis um das dreifache gesteigert, Da Vitamin C das zweiwertige Eisen vor der Umwandlung in nicht resorbierbares dreiwertiges schützt und zur Umwandlung von vorhandenem dreiwertigen in resorbierbares zweiwertiges Eisen beiträgt. Zu jeder Mahlzeit gehört ein Vitamin C haltiger Bestandteil. Wenn unter Beachtung dieser Regel konsequent Vollgetreide verwendet wird, braucht die Beikost kein Fleisch zu enthalten. Eine Vollwertkost mit Vollkorngetreide, reichlich Gemüse und Obst, gemahlenen Nüssen, Milch und wenig Ei macht auch im zweiten Lebensjahr Fleisch nicht unbedingt erforderlich. Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte. Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Bei der Vorgehensweise, dass langsam als ergänzende Nahrung Beikost angeboten wird, hat die Brust Zeit, sich an die Veränderung zu gewöhnen, das Kind hat ebenfalls mehr Zeit für die Umstellung und die Nährstoffe aus der Beikost können in Zusammenhang mit bei der gleichen Mahlzeit angebotener Muttermilch besser verwertet werden. Das sind eine Menge Vorteile. Falls Du aus welchen Gründen auch immer Mahlzeiten unbedingt rasch vollständig ersetzen magst, sollte immer ein Abstand von etwa vier Wochen zwischen jeweils zwei Mahlzeiten liegen. Wenn Du auf künstliche Säuglingsnahrung verzichten willst, ist es der einfachste Weg, dein Kind so lange zu stillen, bis sie alt genug ist, dass nicht mehr auf künstliche Säuglingsnahrung zurückgegriffen werden muss. Für Tipps rund um das Thema Beikost bietet sich das Buch "Babyernährung gesund & richtig - B(r)eikost und Fingerfood" von Gabi Eugster an. Dort finden sich sehr viele Informationen und Tipps zum Thema Ernährung ab dem siebten Monat. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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