Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Beikostthematik - gern an alle

Frage: Beikostthematik - gern an alle

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Biggi Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie hier immer so kompetent antworten. Sie haben mir schon oft Mut gemacht und mich mit interessanten Informationen versorgt. Also folgendes: Mein Kleiner ist nun über 8 Monate und verweigert hartnäckig jede Beikost. Ich biete ihm seit gut 2 Monaten immer etwas an, ganz ohne Zwang, einfach anbieten: Fingergerechte Stückchen, Brei jeder Art, Suppe, Kekse...aber er will nichts. Also stille ich ihn noch voll, was ich sehr gerne tue, auch nachts noch gut 2-3 mal. Meine Mutter meinte, dass er durch Muttermilch einfach alles bekommt und satt werde, daher will er keine Beikost. Zudem schmeckt Muttermilch doch einfach besser als Brei usw.... Also nun meine Fragen: 1. Haben Stillkinder wirklich eher Probleme (vielleicht das falsche Wort) bei Beikost, weil die Muttermilch einfach ihnen alles gibt, besser schmeckt und die Empfehlung (6 Monate Beikoststart) zu früh angesetzt ist???? 2. Mein Kleiner ist sehr groß und immer gesund und gut entwickelt. Kann ich davon ausgehen, dass er wirklich alles noch von der Muttermilch bezieht, auch Eisen, was immer wieder als Argument für Beikost angeführt wird (obwohl in den meisten Breis usw. kaum Eisen drin sein dürfte)??? Da mein kleiner so gut gedeiht und ich hier schon viel dazu gelesen habe, was mich bestärkt, mache ich mir nicht wirklich Sorgen. Aber manchmal stören mich die entsetzen Gesichter, wenn ich erzähle, dass ich immer noch vollstille. aber soll ich ihn zwingen?? soll ich meinem Baby einfach "vertrauen", dass es weiss, was es braucht, oder wie lange kann ich noch ohne gedanken vollstillen??? Danke für jeden Beitrag Grüsse Edith plus Samuel (20.11 2004)


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Edith, genau richtig machen Sie es, wenn Sie Ihrem Baby vertrauen. Selbst voll gestillte Einjährige sind nicht die ganz große Seltenheit und es gibt vereinzelte Berichte über Kinder, die sogar noch weit ins zweite Lebensjahr hinein ausschließlich gestillt wurden und dabei gut gediehen sind und sich altersentsprechend entwickelt haben. Ein Kind, das lange jegliche feste Nahrung verweigert, kann aber wohl kaum zum Essen gezwungen werden, denn: was macht ein Mensch, den man mit Gewalt dazu zwingen will, etwas zu tun? Er blockiert oder zerbricht. Beides ist nicht wünschenswert, schon gar nicht in der Eltern Kind Beziehung. Druck und Zwang sind nicht geeignet, um ein Kind zum Essen zu bringen. Im Gegenteil: je mehr Druck, je mehr Kampf es gibt, um so schwieriger wird die Situation und zum Schluss gibt es in diesem Kampf ums Essen nur Verlierer. Es ist nicht die ganz große Seltenheit, wenn ein Baby mit acht Monaten noch so gut wie keine Beikost isst. Bei den meisten Kindern geht das auch in Ordnung und ein Eisenmangel ist eher selten zu erwarten. Muttermilch enthält zwar weniger Eisen als zum Beispiel künstliche Säuglingsnahrung oder Kuhmilch, doch die Verfügbarkeit des Eisens in der Muttermilch ist um ein Vielfaches höher als die des in der künstlichen Säuglingsnahrung enthaltene Eisen und da bei voll gestillten Babys kleine Darmblutungen sehr viel seltener sind als bei mit künstlicher Säuglingsnahrung ernährten Kindern, verlieren Stillkinder auf diese Weise auch kein Blut. Die Eisenreserven, die ein Baby bei der Geburt hat und das leicht zu verwertende Eisen aus der Muttermilch reichen zusammen gewöhnlich aus, um den Hämoglobinwert auch noch ins zweite Lebenshalbjahr des Babys hinein innerhalb des normalen Bereiches (10,2 bis 15 gm/dl) zu halten (McMillan 1976; Siimes 1984; Duncan 1985). Eine Untersuchung an gestillten Babys, die weder Eisenpräparate noch mit Eisen angereicherte Getreideprodukte erhalten hatten, ergab, dass die Babys, die sieben Monate und länger ausschließlich gestillt wurden, im Alter von einem Jahr deutlich höhere Hämoglobinwerte aufwiesen, als diejenigen Babys, die mit weniger als sieben Monaten bereits feste Nahrung bekommen hatten (Pisacane 1995). Die Forscher fanden bei den Babys, die sieben Monate lang voll gestillt worden waren, keinen Fall von Anämie während des ersten Lebensjahres und folgerten daraus, dass ausschließliches Stillen während der ersten sieben Lebensmonate das Risiko einer Anämie senkt. Eine finnische Studie ergab, dass bei neun Monate alten Kindern, die immer noch ausschließlich gestillt werden, ein Eisenmangel in weniger als 25 % der Fälle auftritt. Ohnehin ist der Zeitpunkt, wann ein Baby Beikost erhalten muss recht willkürlich gewählt und hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, ohne dass es einen echten Beweis für die absolute Richtigkeit des jeweiligen Zeitpunktes gibt. Ihr Kind weiß am besten, wann es soweit ist, dass es ergänzend zum Stillen andere Nahrung braucht und will. Lassen Sie sich von ihm leiten. Bei einem gesunden voll ausgetragenen Baby ist in aller Regel auch keine Sorge in Hinblick auf die Versorgung mit Nährstoffen nötig. Zu diesem Thema hänge ich dir die Zusammenfassung eines Vortrages von Dr. Carlos Gonzales, einem spanischen Kinderarztes an. LLLiebe Grüße Biggi Mein Kind will nicht essen Vortrag von Dr. Carlos Gonzales auf der LLL Europa Konferenz 2000 in Nottingham zusammengefasst von Denise Both, IBCLC Dr. Carlos Gonzales ist Kinderarzt in Barcelona. In den letzten zwölf Jahren hat er Vorträge bei zahlreichen La Leche Liga Konferenzen gehalten. Er gründete ACPAM (eine katalanische Stillorganisation), organisiert Stillkurse für medizinisches Fachpersonal in ganz Spanien, übersetzte Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins spanische und ist Mitglied des Medizinischen Beirates von LLLInternational. Dr. Gonzales ist Vater von drei gestillten Kindern. 1999 hat Dr. Gonzales sein Buch "Mi nino no me come" (Mein Kind will nicht essen) veröffentlicht und mit diesem Thema beschäftigte sich auch sein Vortrag in Nottingham. "Mein Kind isst nicht(s)" das ist einer der Sätze, mit denen Kinderärzte fast täglich in ihrer Praxis konfrontiert werden. Besorgte Mütter berichten entsetzt, wie wenig ihre Kinder essen und schildern mit welchen Tricks sie versuchen, Nahrung in ihr Baby oder Kleinkind hineinzuzwingen. Der Kampf ums Essen spielt sich täglich ab und letztlich gibt es nur Verlierer. Dr. Gonzales erklärte in seinem Vortrag, dass er nun nicht ein Patentrezept liefern mag, mit dem erreicht wird, dass das Kind isst, sondern er will erklären, warum das Kind nicht isst. Zunächst einmal gibt es drei Gründe, warum ein Kind nicht isst: es gibt nichts zu essen, das Kind hat keinen Hunger oder das Kind ist krank. Der erste Grund ist in unserer Gesellschaft meist auszuschliessen. Ein gesundes Kind isst in der Regel wenn es hungrig ist, allerdings nicht immer das, was die Mutter möchte und schon gar nicht so viel wie es nach den Vorstellungen der Mutter essen müsste. Verwunderlich ist dabei, dass die Kinder noch nicht verhungert sind, obwohl sie laut Aussage der Mütter "nichts" essen. Gestillte Babys lehnen oft feste Nahrung über einen langen Zeitraum ab, nicht selten bis zum Alter von acht Monaten oder gar einem Jahr. Die Mutter verzweifelt und das Kind leidet, weil ständig versucht wird, es zum Essen zu überreden oder gar zu zwingen. Wie kommt es nun dazu, dass (anscheinend) immer mehr Kinder die Nahrungsaufnahme verweigern? Und ist es notwendig ein Kind zum Essen zu zwingen? Dr. Gonzales vergleicht, wie sich die Empfehlungen, wann das Baby feste Nahrung erhalten beziehungsweise wie lange es ausschliesslich gestillt werden sollte, im Verlaufe der letzten 100 Jahre verändert haben. Dann hat er das "Phänomen" der nicht essenden Kinder sowie die Sorge der Mütter, dass Ihre Kinder nicht essen, anhand der diesbezüglich in Kinderpflegebüchern auftretenden Ratschläge beleuchtet und einen erstaunlichen (oder vielleicht doch nicht erstaunlichen) Zusammenhang gefunden: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in spanischen Büchern zur Säuglingspflege eine Zeit von zwölf Monaten mit ausschliesslicher Muttermilchernährung empfohlen. Gleichzeitig findet sich nirgends ein Hinweis in diesen Büchern, wie mit einem Kind zu verfahren sei, das nicht essen will. Je weiter das Jahrhundert fortschreitet, um so jünger sollen die Kinder laut den Empfehlungen der diesbezüglichen Bücher sein und: um so mehr Ratschlage gibt es, was mit einem Kind zu tun sei, das nicht essen will. Wird zu Beginn der dreissiger Jahre noch nur ganz kurz auf dieses Thema eingegangen, so sind 30 Jahre später schon seitenweise Abhandlungen zu finden, was mit einem die Beikost (im Alter von drei bis sechs Monaten) verweigernden Kind zu tun sei und die Seitenzahlen zu diesem Thema werden von Jahr zu Jahr mehr. Wie viel Nahrung braucht ein Kind? Der Nahrungsbedarf eines Kindes hängt ab von seiner Körpergrösse, seiner Aktivität und vom Wachstum des Kindes. Allerdings ist es nicht so, dass das Kind wächst, wenn es isst, sondern umgekehrt, das Kind isst, wenn es wächst. Der Nahrungsbedarf des Kindes lässt sich daher nicht pauschal bestimmen. Am ehesten gelingt dies, wenn das Kind sich in einer Wachstumsphase befindet, dann lässt sich eine Relation zwischen Gewicht des Kindes und erforderlicher Nahrungsmenge herstellen. Ein Kind im Alter zwischen einem und vier Jahren benötigt etwa 1000 bis 1100 kcal pro Tag (das entspricht etwa 102 kcal pro Tag und kg Körpergewicht). Nun gibt Dr. Gonzales an, was ein "nicht essendes Kind" täglich nebenbei zu sich nimmt: 1/2 l Milch (335 kcal), einen Becher Joghurt mit Früchten (141 kcal), einen Schokoriegel (275 kcal) und 150 ml Apfelsaft (85 kcal). Zusammen ergibt das bereits eine Kalorienaufnahme von 836 kcal. Wie soll das Kind dann noch zwei komplette weitere Mahlzeiten essen können, wenn es seinen Kalorienbedarf bereits zu gut 80 Prozent quasi "nebenbei" gedeckt hat? Wie lange kann ein Baby ausschliesslich mit Muttermilch ernährt werden? Die derzeit verbreiteste Empfehlung lautet, dass ein Baby mit sechs Monaten zusätzliche Beikost ergänzend zur Muttermilch benötigt. Nun gibt es aber bekanntermassen viele gestillte Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Beikost akzeptieren. Dr. Gonzales hat deshalb eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ohnehin sind die Empfehlungen dazu, wie viel ein Baby benötigt meist zu hoch. Die Empfehlungen beruhen beispielsweise darauf, dass untersucht wird, welche Mengen gesunde, reif geborene Babys im Durchschnitt essen. Daraus werden Richtwerte berechnet, die sich immer an den Höchstmengen orientieren und zusätzlich noch Sicherheitszuschläge enthalten. Babys benötigen auch weniger Eisen, als meist angegeben wird. Dabei lässt sich beobachten, dass die meisten Kinder instinktiv das essen, was bei einem Mehrbedarf an Eisen sinnvoll ist. Babys sind Skeptiker, wenn sie neue Lebensmittel essen sollen. Dieses Misstrauen ist ein Schutzmechanismus, der das Kind davor bewahren soll, etwas zu essen, was ihm nicht bekommt. Bevorzugt isst ein Baby das, was auch seine Mutter isst, denn dieser Geschmack ist ihm durch die Muttermilch vertraut. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass ein Baby gekochte Karotten ablehnt, wenn die Mutter nie gekochte Karotten isst. Die meisten Babys mögen kein Gemüse, aber sie essen gerne Bananen, Nudeln und Süssigkeiten. Ein Vergleich der Kaloriendichte ergibt, dass Babys Nahrungsmittel mit einer grösseren Kaloriendichte bevorzugen und Muttermilch liefert mehr Kalorien als Gemüse und die meisten Nahrungsmittel, aus denen Mahlzeiten für Babys hergestellt werden. Um die gleiche Menge an Kalorien, wie sie in 100 ml Muttermilch enthalten sind, durch den Verzehr von Karotten aufzunehmen, müsste das Kind fast 400 g gekochte Karotten essen! Daraus lässt sich ein Zusammenhang zwischen Unterernährung und Nicht Stillen erklären: da der Magen des Babys klein ist, benötigt es hochkalorische Kost. Gemüse kann nicht in so grossen Mengen gegessen werden, wie es notwendig wäre, um das Kind mit genügend Kalorien zu versorgen. Laut Dr. Gonzales weiss das Kind ganz genau, was und wann es essen muss. Deshalb lautete sein Schlusssatz, den er den Zuhörern mit nach Hause gab: Zwingen Sie ein Kind niemals zum Essen. NIEMALS!


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo, Edith! Ich finde es toll, wei Du "Dein Problem" beschreibst und dahinterstehst! Meine Tochter ist 11 Monate alt und zieht die MuMi auch jedem Brei oder Brot vor, trinkt nachts 2-3-stündlich und das einzige was sie wirklich supersuper gern mag sind Möhren gekocht als Scheiben :-) Sie mag sonst auch alles, aber das ist ihr Favorit! genauso wie Mais...Aber gegen MuMi kommt bei ihr halt nix an und meinen Segen hat sie, solange ich noch produzieren kann. Aber auch ich muß mir des öfteren dumme Sprüche oder "Sorgen" anhören, wie "so langsam soll sie mal was Vernünftiges essen" (O-Ton Schwiegervater) oder ähnliches....Aber wir stehen zum Stillen und damit hat es sich! Aber ich bin jedem Beitrag hier dankbar, in dem es sich ums lange Stillen dreht! Auch hier noch ein Danke an Biggi für die tolle "Aufklärungsarbeit"!!! LG, Katja


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Ich habe nach sechs Monaten mit Beikost angefangen. Lily ist jetzt 11 Monate und eine begeisterte Esserin, mittlerweile vom Familientisch. Sie hatte nie Probleme mit Beikost obwohl ich sie auch abends nachts und morgens stille. Geniesse es, ich sehe mit einem weinenden Auge das Abstillen kommen. LG, Holli


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

hallo ! willkommen im club, allerdings kann ich nicht bestätigen, dass gestillte kinder sich grundsätzlich schwerer abstillen. meine jungs wurden ein halbes jahr voll gestillt und danach "schulbuchmässig" mit hippgläschen und bebafläschchen abgestillt, sie nahmen jede art der beikost gerne an ! mein kleines fräulein (7 1/2mon) denkt nicht an beikost und wird immer noch voll gestillt ... ende noch nicht absehbar ;-) jedes kind ist anders ... lieber gruss cosma


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Das tat jetzt richtig gut hier zu lesen. Schön zu wissen, daß es noch mehr von "unserer Sorte" gibt. Unsere Kleine ist (wie bei Kaos74) auch 11 Monate. Und ihre Mahlzeiten bestehen aus Mumi, Mumi und Mumi. *ggg* Auch ich werde noch durchschnittlich 2mal die Nacht geweckt. Sie nascht zwar zwischendurch auch schonmal ein Rosinenbrötchen, Kekse, Zwieback und Co., Wurst, Würstchen - aber die Mahlzeiten ansich bestehen aus Mumi. Ich bin auch ziemlich stolz drauf so gut stillen zu können - manchmal lauf ich sogar noch aus. *g* Nur ab und an wünsche ich mir mal, daß Lilly doch mal eine einzige Mahlzeit ganz ausläßt und dafür richtig Brei oder so ißt. Aber andererseits - es ist doch soooooooooooo schön wenn die Kleinen sich beim Trinken noch schön an einen rankuscheln. *grins* LG und weiterhin FROHES STILLEN Isa + Girliepower


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.