Mitglied inaktiv
Sehr geehrter Dr. Bluni, sollte in der Schwangerschaft eine vaginale Untersuchung stattfinden? Ich lebe in Irland und laut meinem FA wird waehrend der gesamten Schwangerschaft nicht durchgefuehrt... Vielen Dank, S.
hallo S., es besteht sicher ein erheblicher Unterschied zwischen den praktischen Abläufen in der Schwangerenvorsorge hier und anderen Ländern Europas. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Vorsorge in anderen LÄndern schlechter sei. In Deutschland ist gemäß der Mutterschaftsrichtlinien eine gynäkologische Untersuchung bei Beginn der Schwangerschaft mit einem Chlamydienabstrich vorgesehen. Gegebenenfalls kann der Frauenarzt oder Frauenärztin dann noch nach Bakterien & Pilzen schauen und den ph-Wert bestimmen. Auch sollte ein aktueller Krebsabstrich vorliegen. Ist der weitere Verlauf unauffällig und liegt kein Risiko vor (z.B. Zustand nach Frühgeburt oder sehr frühem Blasensprung) und es gibt keine vorzeitigen Wehen, sind weitere gynäkologische Tastuntersuchungen nicht vorgesehen, auch wenn dieses schon lange in Deutschland tägliche Praxis ist. Einen medizinisch nachgewiesenen Sinn („evidence based“) machen häufige, gynäkologische Tastuntersuchungen in einer normal verlaufenden Schwangerschaft ohne Risiken jedenfalls nicht. Bezüglich all der im deutschen Mutterpass aufgelisteten Untersuchungen gibt es mittlerweile auch in der Fachwelt eine Diskussion, inwiefern all diese dort aufgeführten Dinge inklusive der regelmäßigen vaginalen Tastuntersuchung bei jedem Besuch, selbst wenn die Frau beschwerdefrei ist, wirklich noch das bewirken, was damit beabsichtigt war, nämlich unter anderem die Rate an Frühgeburten zu reduzieren. Erwiesenermaßen können sie das jedenfalls nicht. Das Vorgehen, wie bei uns in Deutschland während der Schwangerschaft gibt es, wie erwähnt, in vielen anderen technisch hoch entwickelten Ländern, wie Österreich, Schweiz, USA und andere Länder, die keine höheren Zahlen an Frühgeburten oder Müttersterblichkeit aufweisen, so nicht. Wenn ein behandelnder Arzt hier auf diese regelmäßigen Tastuntersuchungen verzichtet, ist eher zu unterstellen, dass der Frauenarzt oder Frauenärztin sich daran orientiert, dass er/sie eben bei unauffälligem Verlauf nicht jedes Mal vaginal untersucht. Bei Unsicherheit mit dem Vorgehen ist es sicher ratsam, offen über das individuell sinnvollste Vorgehen und die Möglichkeiten der zusätzlichen Diagnostik mit der Arzt oder Ärztin zu sprechen, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen. Beste Grüße nach Irland. VB