Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Christian Karle:

Corona-Impfung und Kiwu/Schwangerschaft

Dr. med. Christian Karle

Dr. med. Christian Karle
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Corona-Impfung und Kiwu/Schwangerschaft

shla

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Sehr geehrter Herr Dr. Karle, mein Mann und ich hätten gerne noch ein Kind und haben gerade den dritten ÜZ (leider erfolglos) hinter uns. Bezüglich des Corona-Impfstoffs, der für medizinisches Personal (betrifft mich) womöglich schon im Januar verfügbar ist, gibt es keine Testungen an Schwangeren und ich bin unsicher, ob wir deshalb mit dem Kinderwunsch pausieren sollten bis ich geimpft bin (und dann evtl noch 8 Wo oder länger warten?) oder ob die Impfung wie jeder andere Totimpfstoff wahrscheinlich völlig unbedenklich ist? Wir möchten nicht allzu viel Zeit verlieren, da ich schon 35 bin und die Geschwister nicht allzu weit auseinander sein sollen. Danke für Ihren Rat.


Dr. med. Christian Karle

Dr. med. Christian Karle

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Guten Morgen, Sie haben da eine sehr interessante Frage gestellt, die ich leider nicht datenbasiert beantworten kann. Sicher ist, dass der Impfstoff neu ist und man noch sehr wenig darüber weiß. Ein klassischer Totimpfstoff ist das nicht. Es ist ein mRNA (d.h. genetischer) Impfstoff und somit sein ersten seiner Art. Die ersten Impfungen sind, wenn Sie es so wollen, ein Teil der Phase 3 der Zulassung. Auf politischen Druck in Pandemiezeiten wurde der Impfstoff aber schon früher als üblich zugelassen. Entscheiden Sie selbst, ob Sie eine der ersten sein möchten, die geimpft werden. Fakt ist, dass sich Ihr Leben nach der Impfung erstmal nicht ändern sollte. Maske, Abstand, Hygiene etc.... Ich persönlich würde die Familienplanung nicht von dem Impfstoff abhängig machen. V.a. dann nicht, wenn ihre persönliche innere Uhr etwas lauter tickt;-) Wäre der Corona-Impfstoff ein klassischer Totimpfstoff, hätte ich da sicherlich keine Bedenken. Es gibt Firmen, die den Impfstoff klassisch herstellen, nur den hat die Bundesregierung meines Wissens nicht bestellt. Vielleicht kann man Anfang 2021 nach den ersten Impfungen mehr sagen.... Alles Gute wünscht Ihnen. Dr. Christian Karle


Sonne09

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Liebe Kollegin, die Antworten von Dr. Karle schätze ich sehr und er hat Recht, auch nach der Impfung sind AHA+A+L für uns im privaten und professionellen Umfeld weiter das Allerwichtigste. Ich war in der ersten Welle schwanger und auf einer COVID-ICU ärztlich tätig, musste sehr um ein betriebliches BV kämpfen. Wahrscheinlich habe ich jede Veröffentlichung zum Thema Schwangerschaft, Wochenbett und Stillzeit und COVID-19 sowie Vakzine gegen COVID-19 gelesen, die man bei Pubmed finden kann. Einen Totimpfstoff für so viele Milliarden Menschen herzustellen ist sicherheitstechnisch was die Labore angeht und die Geschwindigkeit anbelangt, nicht zu leisten. Die chinesischen Anbieter haben bisher keine Absicht geäußert diese auf dem europäischen Markt zur Zulassung anzumelden. Die Gruppengrößen der Phase-3-Studien bezüglich der mRNA-Vakzine von Moderna und Pfizer/BioNTech sind wesentlich größer als in bisherigen Zulassungsstudien für Impfstoffe und bereits abgeschlossen zum Zeitpunkt der Zulassung durch die EMA in der zweiten Dezemberhälfte. Es ist wichtig, dass darüber hinaus Pharmakovigilanz betrieben wird, um die Sicherheit zu dokumentieren und die Dauer des Impfschutzes herauszufinden. Moderna hat Daten vorlegt, dass die neutr. Antikörper über 4 Monate ab Zeitpunkt der 2. Impfung plus 14 Tage sehr stabil sind. BioNTech misst Antikörper und T-Zellantwort von den Probanden seit Mai. Weder in den USA noch in Europa hat man sich vom politischen Druck zu einer Zulassung drängen lassen, vielmehr gab es hier und dort Wissenschaftler, die sich klar gegen diesen Druck positioniert haben und auch erfolgreich polemische politische Forderungen zurückgedrängt haben. Diese Impfstoffe haben reguläre Prüfpunkte absolviert, eingespart wurde Wartezeit für Gelder und Probandenakquise und Behördenphlegma. Auch andere Impfstoffe, egal welcher Klasse, wurden nach absolvierten Phase 3 Studien zugelassen (meist bei viel kleineren Probandenzahlen) und anschließend auf seltenste Nebenwirkungen und Impfschutzdauer untersucht. Sonst würde ja jede Zulassung nach der Studiendauer noch ein Mal 10 Jahre dauern, wenn man erst den Beobachtungszeitraum ablaufen lässt. Dann würde eine Vakzine nach gut 20 Jahren zugelassen, da überwiegen die Infektionsnachteile eindeutig die seltenen Nebenwirkungen. Kurzum: Deine Frage ist hervorragend und ich freue mich, dass sie sich jemand stellt. Falls du und deine Familie mit einem Alter von 35 Jahren keine gravierenden Gründe gegen ein Abwarten um weitere 2 Monate haben, würde ich mich impfen lassen und danach versuchen schwanger zu werden. Die Wahrscheinlichkeit als Schwangere intensivmedizinische Betreuung zu benötigen oder zu versterben ist nur leicht erhöht bei COVID-19 (IFR 0,1% vs. 0,03% bei 35-Jährigen). Die Impfungen werden laut STIKO-Vorsitzendem (Interview heute, nach Eingang der Daten am Donnerstag um 10 Uhr in Früh) für Stillende zugelassen, nicht aber für Schwangere. Warum also nicht kurz warten und eine viel sorgenfreiere Schwangerschaft verleben? AHA+A+L hat jeder, der im med. Bereich arbeitet jetzt tief verinnerlicht. Viele Grüße und alles Gute!


Sarysamy

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Hallo. Du bist wirklich gut informiert. Mittlerweile sind wir ja zeitlich ein Stück weiter. Mein Mann und ich (36) arbeiten am Nachwuchs und nun kommt das Thema Impfen auf. Was für eine Meinung hast Du zu Astra Zeneca?


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.