Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Beschäftigungsverbot gerechtfertigt?

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Beschäftigungsverbot gerechtfertigt?

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Hallo Dr. Bluni, ich war gestern bei der Hebamme und wir haben über ein Beschäftigungsverbot gesprochen. Ich arbeite in einem call Center und stehe unter so starkem psychischem Druck und momentan auch extremes Mobbing, das es für mich unmöglich ist zu arbeiten aus Sorge um mein ungeborenes Kind. Ich hatte bereits eine Fehlgeburt 06 und 99 eine normale Geburt allerdings ist mein Kind mit einer Gallengangsathresie zur Welt gekommen. Nun meinte die Hebamme das ein Beschäftigungsverbot immer gut gerechtfertigt sein muss. Ist es das in meinem Fall? Ist eine Psychische Belastung ein Grund?


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Liebe Anett, 1.1. für alle berufstätigen Schwangeren gelten für die Schwangerschaft praktisch ähnliche Empfehlungen und Vorschriften. Allgemein sind sie im Mutterschutzgesetz niedergeschrieben: http://bundesrecht.juris.de/muschg/index.html (letzter Abruf: 1.2.2011) Regelungen zum Schutz werdender und stillender Mütter sind darüber hinaus in der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz - MuSchRiV http://www.verdi-bub.de/fileadmin/Dokumente/Gesetze/muschriv.pdf (letzter Abruf: 1.2.2011) getroffen. Prinzipiell gelten diese Regelungen für alle werdenden und stillenden Mütter. 2. ein Beschäftigungsverbot kann sowohl vom Arbeitgeber, oder als individuelles Beschäftigungsverbot auch von Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt ausgestellt werden. Nähere Informationen erhalten Sie dazu beim Kompetenznetz NRW des Ministeriums für Arbeit und Soziales unter der Internetadresse http://komnet.nrw.de/ (letzter Abruf:2.12.2010) Wenn von den Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz eine Gefahr für die Mutter oder das Kind ausginge, dann kann ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. ("Ergeben sich während einer ohne Beschwerden mit Krankheitswert verlaufenden Schwangerschaft Umstände, die am Arbeitsplatz zu einer Gefahr für Mutter oder Kind führen, besteht Anspruch auf ein ärztliches Zeugnis nach §3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz.") Hierbei darf aber nach geltender Rechtssprechung zu diesem Zeitpunkt keine Erkrankung seitens der Schwangerschaft vorliegen. Würde dieses aber ungerechtfertigter Weise ausgestellt, könnte der Arbeitgeber das Ganze juristisch anfechten, da ihm hierdurch deutlich höhere Kosten entstünden. Wichtig ist noch: Der Arbeitgeber muss die Schwangerschaft nach § 5 Mutterschutzgesetz beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt (GAA) bzw. Amt für Arbeitsschutz (Bezeichnung ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich) melden. Und der Arbeitsplatz muss entsprechend der Arbeitsstättenverordnung gestaltet sein. 2. zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz im Hinblick auf die Schwangere kann man folgendes anmerken: Nach der aktuellen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes, ist es möglich, für eine Schwangere ein Beschäftigungsverbot auszusprechen, wenn es am Arbeitsplatz Mobbing gibt. Ich habe Ihnen dazu den Artikel aus der Ärztezeitung kopiert. Das weitere sollte Ihre Frauenärztin/Frauenarzt vor Ort ggf. in Zusammenarbeit mit einem Juristen klären: "Mobbing: Verbot der Beschäftigung für Schwangere ERFURT (mwo). Immer dann, wenn Ärzte durch die Situation am Arbeitsplatz die Gesundheit einer Schwangeren oder ihres Kindes gefährdet sehen, können sie ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz aussprechen. Wie gestern das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in einem Urteil entschied, gilt dies auch bei einer subjektiven Stressbelastung wegen vermeintlichen Mobbings am Arbeitsplatz. Im konkreten Fall hatten die Ärzte einer Sachbearbeiterin einer Spedition im Rheinland ein unbefristetes Beschäftigungsverbot verhängt, nachdem sie über Mobbing am Arbeitsplatz geklagt hatte. Bildungsurlaub sei ihr ebenso verweigert worden, wie Freizeit für die Vorsorgeuntersuchungen, klagte die Frau. Sie müsse um ihren Job fürchten. Die Ärzte bescheinigten, die Schwangere wirke aufgelöst und gestresst. Der Arbeitgeber hielt dies für vorgespiegelt und verweigerte der Frau das Gehalt. Das Landesarbeitsgericht gab zunächst dem Arbeitgeber Recht. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte für Mobbing. Der Stress habe nach ärztlichem Bekunden keinen Krankheitswert. In oberster Instanz hob nun das Bundesarbeitsgericht dieses Urteil auf und verwies den Streit an die Vorinstanz zurück. Auch bei fehlendem Krankheitswert könne die subjektive Belastung am Arbeitsplatz einen Gefährdungswert für das Kind haben. Es sei daher auch die "subjektive Stresssituation der Klägerin" zu prüfen, wenn diese zu realen Belastungen führe, führten die Richter weiter aus. Voraussetzung für ein Beschäftigungsverbot sei aber auch dann, dass der Stress im Zusammenhang mit der Arbeit stehe. Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Aktenzeichen: 5 AZR 352/99 " VB


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