Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Anämie in der SS

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Anämie in der SS

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Guten Tag Bei meinem letzten Blutbild kam raus, dass die Werte für Hämoglobin und Hämatokrit leicht erniedrigt sind. Ist das in der SS bis zu einem gewissen Grad normal und was könnte ich tun? (Eisentabletten...) Danke Edith (27. ssw)


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, in der Schwangerschaft steht durch Ernährungsdefizite eine Eisenmangelanämie im Vordergrund, die sich nach der Geburt durch größere Blutverluste und auch fehlende Prävention und Therapie dieser Blutverluste bei Geburt verstärken kann. Die WHO definiert eine Anämie beim Vorliegen eines Hämoglobinwertes unter 11 g/dl in der Schwangerschaft und unter 10 g/dl in der Wochenbett-Periode. Niedrige Hämoglobinwerte in der Schwangerschaft und im Wochenbett - insbesondere Werte unter 9 g/dl –können negative Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die kindliche Entwicklung haben. Als negative Auswirkungen einer ausgeprägten Anämie stehen bei der Mutter gehäufte Infektionen und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund. Beim Ungeborenen stehen die Wachstumsminderung mit Mangelentwicklung und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund. Als Prophylaxe ist zunächst der Genuss eisenreicher Nahrung zu empfehlen: Der größte Eisenlieferant ist Fleisch, vor allem Rindfleisch. Das tierische Eisen ist für unseren Organismus besser zu verarbeiten als das pflanzliche. Darüber sollten reichlich Vollkornprodukte und dunkles Gemüse verzehrt werden. Kaffee und Tee hemmen die Eisenaufnahme; Vitamin C erleichtert sie. Wer also zum Essen Orangensaft trinkt oder in die Salatsoße etwas Zitronensaft gibt, verbessert damit seine Eisenbilanz. Bei Vorliegen einer Anämie ist in jedem Fall die Verabreichung eines Eisenpräparates zu empfehlen. Eine Cochrane-Analyse fand jedoch keine klare Evidenz für einen Nutzen einer generellen Eisenprophylaxe, ohne, dass eine Anämie nachgewiesen wurde. Das Eisenpräparat kann bei Nebenwirkungen ausnahmsweise auch mal nicht auf nüchternen Magen und vielleicht am Abend eingenommen werden, da dann die Nebenwirkungen überschlafen werden. Ansonsten sollte es eben besser auf nüchternen Magen und morgens eingenommen werden. Die intravenöse Gabe wird heute wegen möglicher Nebenwirkungen und Risiken nur mit besonders strenger Indikationsstellung durchgeführt und für die Schwangerschaft wird gar davon abgeraten (siehe Quelle Rote-Hand-Brief) Bitte sprechen Sie sich aus diesem Grund zum weiteren Vorgehen mit Ihrer behandelnden Frauenärztin/Frauenarzt ab. VB Quellen: Casanueva, E., Viteri, FE., Mares-Galindo, M., Meza-Camacho, C., Loria, A., Schnaas, L., Valdes-Ramos, R. (2006) Weekly iron as a safe alternative to daily supplementation for nonanemic pregnant women. Archives of Medical Research 2006 Jul;37(5):674-682 Mahomed K. Iron supplementation in pregnancy. Cochrane Database Syst Rev 2003;2:CD000117 Pena-Rosas, JP., Viteri, FE. (2006) Effects of routine oral iron supplementation with or without folic acid for women during pregnancy. COCHRANE DATABASE SYST REV 2006;3():CD004736. Szajewska, H., Ruszczynski, M. & Chmielewska, A. (2010) Effects of iron supplementation in nonanemic pregnant women, infants, and young children on the mental performance and psychomotor development of children: a systematic review of randomized controlled trials. American Journal of Clinical Nutrition. 91(6): 1684-90. Epub 2010 Apr 21. US Preventive Services Task Force. Routine iron supplementation during pregnancy. Review article. JAMA 1993;270:2848 –54 US Preventive Services Task Force. Routine iron supplementation during pregnancy. Policy statement. US Preventive Services Task Force. JAMA 1993;270:2846–8 Ziaei S, Norrozi M, Faghihzadeh S, et al. A randomised placebo-controlled trial to determine the effect of iron supplementation on pregnancy outcome in pregnant women with haemoglobin greater or = 13.2 g/dl. BJOG. 2007 Jun;114(6):684-8. http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2013/20131021.pdf (Rote-Hand-Brief der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft 2013:"VERSCHÄRFTE EMPFEHLUNGEN BEZÜGLICH DES RISIKOS SCHWERER ÜBEREMPFINDLICHKEITSREAKTIONEN AUF EISEN-PRÄPARATE ZUR INTRAVENÖSEN APPLIKATION", letzter Abruf: 16.05.2018)


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