Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

5 SS und erneute epileptische Anfälle 2x

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: 5 SS und erneute epileptische Anfälle 2x

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Ich hoffe sie können mir weiterhelfen... Ich bin mit unseren 5 Kind schwanger und hatte das zweite Mal einen epileptischen Anfall ( beide vorm TV). Mein Vater und meine Tante haben Epilepsie, wobei mein Vater ganz schlimm betroffen ist und ein Pflegefall ist. In meiner Jugendzeit hatte ich ein paar Anfälle, immer vorm PC oder TV. Habe auch eine Zeit lang medikamente genommen und war anfallsfrei, deswegen wurden die Medikamente abgesetzt und ich bin seit 10 Jahren ohne Medis anfallsfrei. Habe auch unter Depressionen gelitten. Damals wurde mir gesagt das ich empfindlich auf photostimulation (Tv/ PC) reagiere und das es sein kann das ich es im Erwachsenenalter nicht mehr habe. Aber da es jetzt schon das zweite Mal ist innerhalb kurzer Zeit bin ich ziemlich geschockt. Zumal mir mein Mann auch verständlich gemacht hat das er keinen Bock auf eine kranke Frau hat. Bin jetzt in der 22 SW. Kann die SS Grund für erneute Anfälle sein und was ist jetzt zu tun. verzweifelte grüsse


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, 1. solche Anfälle haben gerade in der Schwangerschaft eine enorme Bedeutung und da sie sich auch auf das Kind negativ auswirken können, ist es besonders wichtig, dass Sie sich umgehend an einen Neurologen wenden, der sie mit Medikamenten entsprechend einstellt Gleichzeitig sollten Sie die Auslösemechanismen in jedem Fall meiden. Die Schwangerschaft ist eher weniger ein so genannter "Trigger" solcher Anfälle. 2. gleichzeitig sollte Ihre Frauenärztin/Frauenarzt informiert werden und mit Ihnen abstimmen, ob es bei Ihnen andere, schwangerschaftsbedingte Gründe für solche Anfälle gibt. 3. allgemein kann man sagen, dass bei einer Epilepsie in der Schwangerschaft in einem Drittel der Fälle der Krankheitsverlauf besser, in einem Drittel schlechter und bei dem restlichen Drittel unverändert ist. Unter der entsprechenden, medikamentösen Einstellung und engmaschigen Betreuung durch einen Frauenarzt/ Frauenärztin und auch Neurologen, kann der Verlauf und auch die Geburt ganz normal verlaufen. Eine Verschlechterung des Verlaufes der Epilepsie lässt sich folgendermaßen erklären: Eine Zunahme des Körpergewichtes führt zu Veränderungen der Volumenverteilung durch Einbeziehung des plazentaren und fetalen Verteilungsraumes und einer veränderten Aktivität der kindlichen und mütterlichen Leber. Dies kann zur relativen Unterdosierung der eingenommenen Medikamente führen. Deshalb ist eine engmaschige gemeinsame Betreuung der Patientin durch Frauenarzt/ärztin und Neurologen zu empfehlen, bei der auch die Serumspiegel der Medikamente regelmäßig kontrolliert werden, um Unterdosierungen und damit Anfallshäufungen als auch unnötig hohe Medikamentendosen zu vermeiden. Der Status epilepticus in der Schwangerschaft ist sehr selten, stellt dann aber eine lebensbedrohliche Gefährdung dar. Deshalb sollte eine krampfhemmende Therapie auf jeden Fall weitergeführt werden. Alle krampfhemmenden Mittel passieren die Placenta (Mutterkuchen), gehen auf das Kind über und haben in aller Regel teratogene Effekte (fördern ganz bestimmte Missbildungen). Das Risiko von Anomalien bei Kindern, die krampfhemmenden Medikamenten ausgesetzt sind ist dreimal höher als in der Restbevölkerung. Das fetale Hydantoin-Syndrom (in Verbindung mit Phenytoin) betrifft ca. 3-5% der dem Medikament ausgesetzten Kinder. Es geht einher mit mentaler Retardierung, Wachstumsretardierung, Anomalien des Gesichtsschädels und der Extremitäten. Eine milder ausgeprägte Form kann in 8-15% d. Fälle vorkommen, wird jedoch bei den Kindern nur durch eine sorgfältige neurologische Untersuchung entdeckt. Spätestens in der 20. Schwangerschaftswoche sollte bei der werdenden Mutter eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden, um das Risiko einer möglichen Fehlbildung auszuschließen. Auf diese Weise können u.a. Geburtsmodalitäten (z.B. Kaiserschnitt) frühzeitig geplant werden. Wichtig: Zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten sollten alle Frauen mit einem solchen Risiko (z.B. Patientin mit Epilepsiemedikamenten, Kindern mit einer Spina bifida oder ähnlicher Fehlbildung) täglich 5 mg Folsäure einnehmen. Die Schwangere sollte vor Beginn einer Schwangerschaft über diese Probleme der Medikamenteneinstellung und der erhöhten Rate von Missbildungen unter der Medikation ausführlich mit dem Frauenarzt und Neurologen sprechen. Die Kinder von Frauen die mit der Gabe enzyminduzierender Antiepileptika behandelt werden ( Carbamazepin, Phenytoin, Primidon, Phenobarbital ) haben ein erhöhtes Risiko von Blutungen durch einen Mangel an Vitamin- K- abhängigen Gerinnungsfaktoren. Frauen die diese Medikamente nehmen, sollten nach Ansicht einiger Experten prophylaktisch ab etwa der 36. SSW mit Vitamin K (Konakion) 20mg oral vor der Geburt behandelt werden. Für Interessierte gibt es bei der Firma Novartis (tel. 0911-273-0) eine sehr informative Broschüre zu Epilepsie und Schwangerschaft . Auch über die Firma GlaxoSmithKline in München (Tel. 089-360440) gibt es eine sehr interessante Broschüre für Frauen mit Epilepsie und deren Bedeutung für Sexualität, Verhütung, Schwangerschaft und Wochenbett. VB


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