Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

schweinegrippe

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: schweinegrippe

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lieber dr paulus , was halten sie von dem neuen impfstoff gegen die schweinegrippe. was ist zu beachten bei kleinkindern? kann man daran sterben? hab sorge wegen meinem kleinen. danke


Dr. Wolfgang Paulus

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Die üblichen saisonalen Influenzaimpfstoffe enthalten inaktivierte Viren. Berichte über mehr als 4.000 Impfungen kurz vor oder während der Schwangerschaft lassen keinen Zusammenhang mit kindlichen Komplikationen erkennen (Heinonen et al 1973, Deinard & Ogburn 1981, Sumaya & Gibbs 1979, Munoz et al 2005, Sheffield et al 2004). 1998 stuften die amerikanischen Centers for Disease Control den Impfstoff als sicher für Schwangere ein, deren gesundheitliche Verfassung sich bei einer Influenzainfektion bedrohlich verschlechtern könnte. 2004 wurde die Empfehlung zur Impfung grundsätzlich auf Schwangere – unabhängig vom Schwangerschaftsalter – ausgeweitet (Centers for Disease Control 2004). Auch das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG 2004) unterstützt die Influenzaimpfung in Schwangerschaft und Stillzeit. In den USA wurden Schwangere von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) am 28.08.09 als eine von fünf Risikogruppen definiert, die umgehend bei Verfügbarkeit des Impfstoffes gegen die neue H1N1-Influenza geimpft werden sollen. Dort wird ein monovalenter Impfstoff ohne Wirkverstärker (Adjuvantien) eingesetzt, der auf den üblichen saisonalen Grippeimpfstoffen basiert. Solche Impfstoffe sind bereits seit Jahren in den USA bei Schwangeren und Stillenden ohne besondere Komplikationen eingesetzt worden. In Deutschland wird nach den bisherigen Informationen ein mit Adjuvantien versehener Impfstoff eingesetzt, der an Schwangeren und Stillenden nicht in größerem Maßstab erprobt ist. Sollte sich in den kommenden Herbst- und Wintermonaten die H1N1-Influenza rapide ausbreiten, ist jedoch auf dem Hintergrund der Erfahrungen mit früheren Pandemien der Nutzen der Impfung sicher höher einzustufen als das Risiko. Die aktuellen Daten aus den USA lassen eine erhöhtes Wahrscheinlichkeit für Erkrankung und Todesfälle in der Schwangerschaft durch Infektionen mit dem neuen Influenzatyp H1N1 vermuten (Jamieson 2009). Unter 266 Todesfällen, die den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA detailliert gemeldet wurden, finden sich 15 Schwangere (6%). Dies übertrifft die durchschnittliche Rate an Schwangeren in der Gesamtbevölkerung in den USA erheblich (1%). Veränderungen der Immunreaktion führen wohl zu häufigerer und schwererer Influenzainfektion in der Schwangerschaft. Außer Schwangeren sind auch Kinder im Alter bis zu 6 Monaten durch die saisonale Influenza stärker gefährdet (Bhat et al 2005). Die mütterlicher Impfung kann auch der Prävention einer Infektion des Neugeborenen dienen: Serologisch nachgewiesene Influenzainfektionen konnten bei den Säuglingen um 63% gesenkt werden (Zaman et al 2008). Im Rückblick auf frühere Influenzapandemien sollten die derzeit relativ milden Verlaufsformen des neuen Influenzatyps nicht zu voreiliger Entwarnung veranlassen (Philippe 2009). Die Spanische Grippe 1918 mit weltweit 50 bis 100 Millionen Todesfällen begann mit einer ersten relativ moderaten Erkrankungswelle im Frühjahr. Die ungleich heftigere zweite Welle im Herbst forderte allein in den USA 600.000 Todesopfer in den Monaten September und Oktober. Betroffen waren in erster Linie gesunde Menschen im Alter von 18 bis 45 Jahren. Darunter befanden sich auch viele Schwangere – vor allem im zweiten und dritten Trimenon, die je nach Klinikstatistik zu 27 bis 53% verstarben (Morens et al 2007).


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