Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
Mein Neurologe meinte ich sollte meinem Sohn nach der Tabletteneinnahme am Morgen eine abgepumpte Milch geben. Diese soll ich nachts abpumpen.
Das soll den Spiegel von meinem Sohn verringern.
Ist der Medikamentenspiegel nach der Einnahme am höchsten? Ich war der Meinung, dass dieser im Laufe des Tages steigt und sinkt.
Mit freundlichen Grüßen
N. Lilienthal
von
Oze Lote
am 07.10.2022, 12:14
Antwort auf:
Lamotrigin, abpumpen
Die Halbwertszeit von Lamotrigin im Blut liegt zwischen 14 und 103 Stunden. Daher werden Sie durch Verwerfen der ersten Milch nach der Einnahme von Lamotrigin nicht viel erreichen. Angesichts Ihrer moderaten Tagesdosis sehe ich bei einer alleinigen Behandlung mit Lamotrigin keine besondere Gefahr für den Säugling.
Unter einer mütterlichen Tagesdosis von 200 bis 300 mg gingen über die Muttermilch Dosen von 2 bis 5 mg/d (Milch/Plasma-Verhältnis: 0,56) auf den Säugling über (Rambeck et al 1997). Bei wiederholten Messungen ergaben sich im kindlichen Serum Spiegel von maximal 2,79 µg/ml.
In einem weiteren Fallbericht werden beim Säugling Serumspiegel beschrieben, die einer therapeutischen Dosis vergleichbar sind. Offenbar muss man teilweise mit einer langsameren Metabolisierung des Wirkstoffes beim Säugling rechnen (Tomson et al 1997).
In einer Studie an 10 Säuglingen betrug der Milch/Plasma-Quotient im Mittel 0,61 (0,47 bis 0,77) zwei bis drei Wochen nach Geburt (Ohman et al 2000). Beim Säugling wurden dadurch Plasmakonzentrationen von 30% (23 bis 50%) des mütterlichen Plasmaspiegels erreicht. Bei langsamer Metabolisierung könnten die kindlichen Plasmaspiegel in therapeutische Größenordnungen ansteigen. Komplikationen wurden jedoch bei den Säuglingen nicht beobachtet.
In einer neueren Untersuchung fanden sich bei vier Kindern von Epileptikerinnen unter Lamotrigin-Medikation ebenfalls Serumspiegel in Höhe von ca. 30% der mütterlichen Werte. Diese Befunde wurden 10 Tage nach Geburt erhoben, ließen sich jedoch auch noch nach zwei Monaten bestätigen (Liporace et al 2004).
Das Stillen wäre daher (ggf. unter Spiegelkontrolle beim Säugling) vertretbar. Die Kontrolle könnte der Kinderarzt durchführen.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 07.10.2022