Lieber Dr. Paulus,
leider war mir nicht bewusst und auch mein Frauenarzt hat diesbezüglich keinen Hinweis gegeben, dass man in Sachen Inhaltsstoffe von Kosmetika in der Schwangerschaft Vorsicht walten lassen muss, so dass ich mir nun große Sorgen mache.
So habe ich u.a. während der ganzen Schwangerschaft (also auch in der Frühschwangerschaft ebenso wie in der Kinderwunschzeit), mehrmals täglich, dick, auch auf rissigen Händen mit offenen Stellen eine Handcreme mit Clorphenesin verwendet und jetzt erst erfahren, dass man diesen Stoff in der Schwangerschaft meiden soll.
Zudem habe ich leider in der Frühschwangerschaft 2x täglich eine Gesichtscreme mit Retinol sowie Salicylaten verwendet.
Nun da ich es weiß, versuche ich auf „gefahrlose“ Kosmetika umzusatteln, aber das ist gar nicht so einfach. So ist nahezu in jeder Creme Aloe Vera, Hyaluron oder Stoffe wie Phenoxyethanol oder Aluminium Starch Octenylsuccinate enthalten, zu denen man im Netz widersprüchliche Infos findet.
Daher meine beiden Fragen …
1) habe ich meinen Baby durch die unbedachte Nutzung der o.g. Produkte mit Chlorphenesin, Retinol und Salicylaten geschadet - v.a. in der Frühschwangerschaft?
2) kann ich alternativ bedenkenlos Produkte mit Aloe Vera (äußerlich), Hyaluron, Phenoxyethanol bzw. Aluminum Starch Octenylsuccinate anwenden?
Ganz lieben Dank vorab und viele Grüße!
von
MiSta2021
am 11.06.2021, 08:16
Antwort auf:
Bedenkliche Kosmetika
Chlorphenesin hat fungizide und antibakterielle Eigenschaften, so dass es auch zur Konservierung von Cremes eingesetzt wird.
Unter hochdosierter oraler Therapie mit Retinoiden (z. B. Isotretinoin) wurden fruchtschädigende Effekte beobachtet. Dies wurde jedoch bislang nur für die orale Anwendung nachgewiesen.
Um auch bei äußerlicher Applikation von Retinoiden Fehlbildungen sicher auszuschließen, wird von einer dermalen Applikation in der Schwangerschaft abgeraten. Allerdings besteht bislang kein Verdacht, dass die von Ihnen beschriebene äußerliche Anwendung von Retinylpalmitat zu einer embryonalen Schädigung führen könnte.
In einer Kohortenstudie mit 212 Schwangeren zeigte sich kein Anstieg der Fehlbildungsrate (Jick et al 1993).
Eine gemeinsame Studie von elf teratologischen Beratungsstellen ergab keinen Anstieg von Fehlgeburten oder Fehlbildungen nach äußerlicher Anwendung von Retinoiden in 235 Schwangerschaften (Panchaud et al 2012).
Wenn Sie die Creme mit Retinol in der Frühschwangerschaft im Gesicht angewandt haben, ist nicht mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko zu rechnen.
Entsprechendes gilt für die lokal begrenzte Anwendung von Salicylsäure in Frühschwangerschaft.
Für viele Inhaltsstoffe von Kosmetika gibt es keine systematischen Untersuchungen in der Schwangerschaft. Deshalb ist grundsätzlich ein zurückhaltender Umgang angebracht.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 13.06.2021