Nutzerin-2022
Sehr geehrter Herr Dr. Paulus! Ich wende mich mit einer Frage betreffend eine zurückliegende Schwangerschaft (deren Medikation ich somit nicht mehr ändern kann, die mich aber sehr beschäftigt) an Sie: Wegen niedrigem AMH und damit einhergehendem Zeitdruck hatte ich mich nach zwei biochemischen Schwangerschaften an einen Reproduktionsmediziner gewandt, der mir - ohne Indikation, aber weil er damit in seiner Praxis bei anderen Frauen gute Erfahrungen gemacht hatte - ASS100, 10mg Prednisolon, Omegaven und Arefam (200mg je Kapsel) verschrieben hat. Arefam sollte ich ab drei Tagen nach Eisprung (welcher am Tag des LH-Anstiegs noch zusätzlich mit 5.000 IE hcg ausgelöst wurde) vaginal nehmen, zwei Kapseln abends, also 400mg insgesamt. Als knapp zwei Wochen später zwei hcg-Befunde im Abstand von 48 Stunden eine intakte Schwangerschaft angezeigt hatten, wurde die Dosis von Arefam - wieder ohne Indikation, denn außer hcg wurde nichts bestimmt - auf zwei Kapseln morgens und zwei abends, also 800mg gesamt, erhöht. Mein Gynäkologe meinte, dass dies eine sehr hohe Dosis sei, die sonst nur in künstlichen Zyklen ohne Gelbkörper zum Einsatz käme, aber auf diesbezügliche Nachfrage von mir antwortete der Reproduktionsmediziner, dass man Progesteron nicht überdosieren könne, weil es ein körpereigenes Hormon sei, und es nur positive Effekte habe, aber jedenfalls nicht schade. Laut dem Reproduktionsmediziner sollte ich Ende der sechsten Woche mit dem Ausschleichen von Arefam beginnen, aber mein Gynäkologe meinte, dass dies viel zu früh sei und er es anders kenne und ich es, da ich es schon nehme, besser länger nehmen solle. So kam es, dass ich die ersten sechs Schwangerschaftswochen lang je 800mg Progesteron täglich, dann bis Ende der zehnten Woche 700mg Progesteron täglich, bis Ende der zwölften Woche 600mg und dann kontinuierlich weniger Progesteron genommen habe, bis es Ende der sechzehnten Woche ganz ausgeschlichen war. Insgesamt habe ich also sehr viel Progesteron vaginal genommen, obwohl ich ziemlich sicher keine Gelbkörperschwäche hatte (da meine Lutealphase zuvor 13-14 Tage gedauert hatte und ich bei einem Blutbefund einige Monate zuvor am vierten oder fünften Tag nach Eisprung einen Progesteronwert von 19,7ng/ml hatte). Die Schwangerschaft hat zu einem Sohn geführt, der gesund (d.h. ohne Fehlbildungen oder erkennbare Krankheiten) zur Welt gekommen ist. Nun habe ich einige tierexperimentelle Studien gesehen, wonach eine mit der menschlichen Dosis vergleichbare Progesterongabe (allerdings meist mit synthetischem, aber teils auch natürlichem Progesteron, das injiziert wurde) die Fruchtbarkeit der männlichen Nachkommen stark eingeschränkt hat. Es wurden verkleinerte Hoden, stark erniedrigte Testosteronwerte, stark erhöhte LH- und FSH-Werte und ein stark eingeschränktes Spermiogramm, also viel geringere Konzentration mit viel höherem Prozentsatz an fehlgebildeten und nicht motilen Samenzellen, beobachtet. Je höher die Progesterondosis, desto stärker die Effekte. 1) Ich frage mich nun, ob diese Effekte auch beim Menschen zu erwarten sind, insbesondere bei der extrem hohen Progesterondosis, welcher ich meinen Sohn in utero ausgesetzt habe? 2) Mir ist bekannt, dass durch die vaginale Gabe der Progesteronwert im Serum nicht so stark ansteigt wie bei oraler oder injizierter Zufuhr, aber die Konzentration im Endometrium etwa zehnmal so hoch ist. Bedeutet das, dass auch weniger Progesteron beim Embryo ankommt? Oder gelangt das durch die vaginale Gabe direkt im Endometrium angereicherte Progesteron (welches aber nicht im mütterlichen Blut landet) auf andere Weise zum Embryo, sodass dessen Spiegel sehr wohl stärker ansteigt? 3) Wie ist das in Arefam enthaltene Titandioxid bei vaginaler Zufuhr zu bewerten? Vielen Dank für das Lesen meiner ausführlichen Frage, ich schätze Ihre Arbeit sehr!
Im ersten Schwangerschaftsdrittel liegt der Progesteronwert üblicherweise zwischen 10 und 50 ng/ml. Niedrige Werte sind oft ein Hinweis auf eine nicht intakte Schwangerschaft. Zunächst kann man sich die Frage stellen, ob Sie unter einem Progesteronmangel gelitten haben und das Präparat überhaupt benötigten. Der mütterliche Organismus produziert in der Schwangerschaft selbst Progesteron, zunächst im Eierstock, dann zunehmend in der Plazenta. Die zusätzliche Gabe von Progesteron macht bei einem Mangel an Eigenproduktion Sinn, sonst ist es aber nicht wirklich nötig. Wenn es nur um den Ausgleich eines Mangels an Progesteron geht, muss man sich keine Gedanken um die Geschlechtsdifferenzierung machen. Sonst wären ja alle Kinder von Müttern mit einem normalen Progesteronwert durch Eigenproduktion der Mutter gefährdet. In der Schwangerschaft ist die Plazenta die hauptsächliche Produktionsstätte von Progesteron. Die zusätzliche Einnahme unterstützt im Prinzip die Plazentafunktion. Bei künstlicher Befruchtung setzen Kinderwunschzentren die von Ihnen beschriebenen Progesteron-Dosen häufig ein. Mir sind keine größeren Studien bekannt, die im Rahmen dieser Behandlung bei den männlichen Nachkommen einen Zusammenhang mit Störungen der Geschlechtsentwicklung gezeigt hätten. Beim Ungeborenen kommt Progesteron über die Blutbahn an. Die Konzentration im Endometrium ist hier nicht relevant. Titandioxid war als weißer Farbstoff in Lebensmitteln, Kosmetika, Zahnpasta und sogar Medikamenten zugelassen. Das Einatmen von Titandioxid stufte der Risikoausschuss der Europäischen Chemikalienagentur als vermutlich krebserregend ein. Die französische Gesundheitsbehörde entschloss sich 2019 aufgrund der mangelnden Datenlage Titandioxid als Zusatzstoff in Lebensmitteln nicht länger als "unbedenklich" einzustufen. Seit Mai 2021 gilt der Verzehr von Lebensmitteln mit Titandioxid laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auch in Deutschland als "unsicher". Der Verdacht auf eine erbgutschädigende Wirkung konnte durch aktuelle Studienergebnisse nicht entkräftet werden. Auf einen Vorschlag der Europäischen Kommission ist die Verwendung von Titandioxid in Lebensmitteln in Deutschland seit Februar 2022 verboten. Wie Sie den obigen Ausführungen entnehmen können, ist die Bewertung von Titandioxid noch bei weitem nicht abgeschlossen. In Deutschland war Titandioxid durch die Farbstoff-Verordnung seit 1959 als Lebensmittelfarbstoff für die Verwendung in Lebensmitteln bis 2022 zugelassen. Hinweise auf fruchtschädigende Effekte liegen bislang nicht vor. In vielen Kosmetika (z. B. auch Sonnencremes) und Medikamenten ist Titandioxid weiterhin enthalten.
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