Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Aspirin 100

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Aspirin 100

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Hallo, möchte Ihnen kurz meine Vorgeschichte schildern: 28 Jahre, kerngesund, normale Statur, 2006 Abort 9.SSW, 2007 Geburt unserer Tochter, Dez 2008 Abort 9.SSW. Bei allen SS kam es zu einer verzögerten Entwicklung, effektive Embryo-Größe (lt. US) gegenüber rechnerischem Alter seit letzter Periode bis zu 2 Wochen Unterschied, auch bei der SS mit unserer Tochter, die diesen Unterschied etwa in der 11.SSW aufgeholt hatte, ab da eine völlig normale SS und Geburt. Meine Fachärztin empfahl mir vorerst keine weiteren Abklärungen machen zu lassen und bei einer erneuten SS lediglich wieder Folsäure zu mir zu nehmen. Nun habe ich mehrere Artikel gelesen, die Aspirin 100 für Frauen mit Gerinnungsstörungen, aber auch für Frauen mit wiederholten Fehlgeburten empfehlen. Im Fall einer neuen SS würde ich es nun gerne einnehmen, wenn es keine Nachteile für das Baby hat. Habe auch schon gelesen, dass der Nutzen wohl noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt ist, aber ich denke, wenn es nicht nutzt, habe ich es wenigstens versucht, solange es eben nicht schaden kann. Wie ist Ihre Meinung hierzu? Die Einnahme würde ich dann schon vor Eintreten der SS beginnen (wie ich gelesen habe), aber bis etwa wann? Vielen Dank im Voraus auf meine doch lang gewordene Frage.


Dr. Wolfgang Paulus

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Acetylsalicylsäure wird in niedriger Dosierung (50-150 mg pro Tag) zur Hemmung der Thrombozytenaggregation und damit Verbesserung der Durchblutung verwendet. In mehreren Studien konnte die Häufigkeit einer schwangerschaftsinduzierten Hypertonie bei Patientinnen mit einem hohen Risiko für eine Präeklampsie durch niedrig dosiertes ASS (Tagesdosis: 60 bis 100 mg) signifikant gesenkt werden. Einige dieser Studien zeigten einen signifikanten Anstieg des Geburtsgewichtes nach ASS-Prophylaxe bei normalem Blutdruck unter Schwangeren mit erhöhtem Präeklampsierisiko. Bei Schwangeren mit mäßiger Hypertonie und pathologischem Dopplerbefund ließ sich unter niedrig dosierter ASS-Therapie eine Zunahme von Geburtsgewicht, Kopfumfang und Plazentagewicht erreichen. Bei ausgeprägter Hypertonie verbesserte ASS den Schwangerschaftsausgang nicht signifikant. Eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie konnte eine Abnahme der Häufigkeit von Wachstumsretardierung, intrauterinem Fruchttod und Plazentalösungen unter ASS-Prophylaxe bei Schwangeren nachweisen, die in ihrer Vorgeschichte entsprechende Komplikationen erlitten hatten. Besondere Störungen der Neugeborenen nach intrauteriner ASS-Exposition ließen sich nicht erkennen. Um die Mängel vieler kleinerer Studien zur ASS-Therapie in der Schwangerschaft auszuschalten, wurde die internationale Collaborative Low-dose Aspirin Study in Pregnancy (CLASP) mit über 9.000 Schwangeren durchgeführt (CLASP 1994). In dieser Studie ergab sich unter einer Tagesdosis von 60 mg ASS kein Nutzen für Frauen mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie oder intrauteriner Wachstumsretardierung. Allerdings senkte niedrig dosiertes ASS die kindliche Erkrankungshäufigkeit in einer Untergruppe von Schwangeren mit sehr früh beginnender Präeklampsie. Bei diesen Patientinnen lagen typischerweise chronische arterielle Hypertonie, Nierenerkrankungen oder eine Präeklampsie vor der 32.SSW in einer früheren Schwangerschaft vor. Die ASS-Anwendung führte nicht zu Nebenwirkungen bei Mutter, Fet oder Neugeborenem (CLASP 1997). Eine Nachuntersuchung von intrauterin exponierten Kindern im Alter von 12 und 18 Monaten ließ keine Entwicklungsstörungen erkennen (CLASP 1995). Allerdings wurde in der CLASP-Studie die Aspirin-Therapie bei 38% der Schwangeren erst nach der 20.SSW begonnen. Analysiert man das Kollektiv von Patientinnen, die vor der 20.SSW mit der ASS-Einnahme begonnen haben, lässt sich eine Abnahme der Präeklampsie erkennen. Um Gerinnungsstörungen unter der Geburt zu vermeiden, wird ASS 100 meist zwischen der 34. und 36.SSW abgesetzt. Ich prophylaktische Gabe von ASS 100 erscheint nur sinnvoll, wenn sich auffällige Befunde bei der Abklärung entsprechender Risikofaktoren (Gerinnung, Autoimmun-AK etc.) ergeben sollten. Etwa 15 bis 20% aller Schwangerschaften enden aus unterschiedlichsten Gründen mit einem Abort im ersten Schwangerschaftsdrittel. Aus gynäkologischer Sicht betrachtet man die Situation erst ab drei Aborten in Folge als bedenklich und abklärungsbedürftig.


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