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Wenn irgend möglich - Muttermilch, langer Text von 1955

Wenn irgend möglich - Muttermilch, langer Text von 1955

Mitglied inaktiv

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Habe zur Geburt meiner Tochter einen Babyratgeber in Buchform von 1955 geschenkt bekommen. Heute war ich sehr erstaunt als ich die Einstellung zum Stillen der 50er Jahre gelesen habe. Wenn irgend möglich - Muttermilch! Die meisten Mütter sind imstande, ihr Kind zu stillen, und ein mit Muttermilch aufgezogener Säugling hat einem künstlich ernährten gegenüber eine Reihe von Vorteilen. Schließlich ist die Muttermilch für das Menschenkind bestimmt und es ist nicht einzusehen, warum sie dann nicht die beste sein sollte. Mit Muttermilch gesäugte Kinder haben im allgemeinen weniger Magenbeschwerden, keine Verstopfung, weniger Infektionen der Luftwege und selten einen Hautausschlag. Die Säuglingssterblichkeit ist unter Brustkindern erheblich geringer. Ein älteres Brustkind hat eine bedeutend festere Haut und eine bessere Muskelentwicklung als ein Flaschenkind. Das Stillen ist aber auch am bequemsten, viele Stunden für Flaschenwaschen, Sterilisieren und Zubereiten der künstlichen Nahrung entfallen. Man braucht nicht einkühlen, nicht aufzuwärmen, hat keine Transportsorgen und keine Unsicherheit bezüglich des richtigen Verhältnisses der Gewichtsanteile bei der Zubereitung der künstlichen Nahrung, um mit der Entwicklung des Kindes Schritt zu halten. Das alles besorgt die Natur für Sie. Ein weiteres Vorteil des Stillens besteht darin, dass es auch Ihnen zuträglich ist. Die Rückbildung der Gebärmutter und anderer Geburtsorgane erfolgt bei einer stillenden Mutter viel schneller als bei einer Mutter die nicht stillt. Mütter, die ihre Kinder an die Brust nehmen, fühlen sich auch gesundheitlich wohler. Vielleicht noch bedeutsamer als die rein körperlichen Vorteile sind die psychologischen Werte des Stillens. Es gibt keinen Weg, durch den Sie und Ihr Baby rascher zueinanderfinden können, und für Ihren kleinen Neuankömmling gibt es wohl auch nicht Beruhigenderes als die weiche Wärme Ihrer Brüste und die Geborgenheit in Ihrer Umarmung, wobei er seinen physischen Hunger ebenso befriedigt wie seinen Urtrieb zu saugen, schnüffeln und die Nahrung zu suchen. Die Mütter von heute wollen ihre Kinder stillen. Aber sie bedürfen der Hilfe; ältere Leute können dadurch helfen, dass sie ihre Ansichten bei sich behalten. Die Ärzte können helfen, indem sie der werdenden Mutter erklären, auf welche Art sie sich auf das Stillen vorbereiten soll. Am meisten können sie aber dadurch helfen, dass sie die werdende Mutter davon überzeugen, dass es keinen Grund gibt, weshalb sie ihr Kind nicht stillen könnte. Kliniken, Schwestern und Ärzte können dadurch mithelfen, dass sie der jungen Mutter alle nur erdenkliche Hilfe zuteil werden lassen, damit das Stillen des Säuglings, noch während sie sich in der Klinik befindet, völlig normal vonstatten geht. In der heutigen Zeit werden viele junge Mütter in ihren Bemühungen, ihr Kind selbst zu nähren, dadurch enttäuscht, dass manchmal Kliniken und Ärzte im frühesten Stadium des Stillens nur zu rasch bereit sind, künstliche Ernährung an Stelle der Muttermilch vorzuschlagen. (Zeit und Raummangel in Entbindungsanstalten) Wenn Sie mit Ihrem Kind nach Hause kommen, kann auch Ihr Gatte bei der Fortsetzung Ihrer Absicht, das Baby zu stillen, sehr behilfreich sein. Und zwar dadurch, dass er besonders rücksichtsvoll ist, dass er sich von Ihrer Absicht, zu stillen, begeister zeigt; dass er bei der Hausarbeit und Babypflege mithilft, dass er über einen nicht völlig makellos, geführten Haushalt hinwegsieht. Die größte Hilfe aber wird er sein, wenn er dafür sorgt, dass Sie ruhig, heiter und sorglos sind. Sie brauchen nichts anderes als die Überzeugung, dass Sie dazu imstande sind, dass es für das Kind am besten ist, und dass es Sie eher schöner als häßlicher machen wird. Und dann müssen Sie unermüdlich weiter versuchen, auch dann, wenn es Wochen dauern sollte, ehe sich der Erfolg einstellt. Langer Text aber gute Einstellung für die Zeit oder? LG Martina


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Schöner Text, nur schade, dass sich wohl trotzdem die wenigsten daran gehalten haben. Bzw. dass halt die Krankenhäuser etc. ziemlich stillunfreundlich waren. Ich bin 67 geboren, ist zwar ein Jahrzehnt später, aber da wurden wohl kaum Kinder gestillt. Wie auch, wenn den Müttern die Kinder in der Klinik nur alle 4 Stunden "zum Füttern" gebracht wurden! Mir wird heute noch erzählt, dass ich ständig das ganze Krankenhaus zusammengebrüllt hätte. Kein Wunder, wenn's nix gab! Meine Mutter hat dann auch bald aufgegeben und Fläschchen gegeben. Schade, wenn ich gestillt worden wäre, wäre mir sicher einiges an Allergien etc. erspart geblieben. Trotzdem schön, dass es auch 1955 diese positive Einstellung zum Stillen in Ratgebern gab! LG Anja


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ist ja ein ding ;-) ich dachte immer, zu der zeit war stillen völlig out - oder kam das erst ende der 50ger, anfang der 60ger? hätte noch ein paar fragen an dich dazu, martina. würdest du mich bitte mal unter kulturtasche@gmx.de anmailen? lg e.


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"ältere Leute können dadurch helfen, dass sie ihre Ansichten bei sich behalten" Hehe, dass zeig ich mal Schwiegis *g* Erstaunlicher Text.. wie heisst denn das Buch/Autor? LG Berit


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Das Buch heißt Frick´s Baby- und Tagebuch. Die amerikanische Originalausgabe erschien 1953 unter dem Titel "Better Homes and Gardens Baby Book" einen Autor hab ich keinen gefunden aber wird wohl in Zusammenarbeit von Dr. med. Philip C. Jeans und Dr. med. Adelheid Wawerka geschrieben worden sein.


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Tja, so "modern" waren unsere Vorfahren.... Die Stillfeindlichkeit kam erst in den 60ern, als die Milchfirmen ihre große Chance witterten und hat sich bis heute gar nicht so wesentlich verändert. Leider glauben immer noch viele Frauen das gehirnwäschenartige Geschwätz: "So gut wie Muttermilch!"-"Der Muttermilch angepaßt"-"Viel bequemer" "Nach 4 Monaten ist die MM wertlos"-" Jedes Kind braucht irgendwann die Flasche" usw. usw., Ihr kennt das ja. Wenn`s, wirklich nicht anders geht, okay, aber ohne Not dem Kind die beste Nahrung vorenthalten? Neeeee.....


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Zu dem Thema fällt mir auch gerade wieder etwas ein, unsere Nachbarin erzählt mir öfters ihre "Stillgeschichten" und da ging es darum, das sie nach 2 1/2 Jahren!!! dann ihr Kind doch mal abstillen wollte....und das sie pro Tag 1 DM Stillgeld erhalten hat. Und das müsste auch so in den 50gern gewesen sein.... Gruss Claudia