Katinka die Erste
Hallo, mein Freund und ich haben Ende September unseren Erstgeborenen verloren. Er hatte Trisomie 13 und ist nach eingeleiteter Geburt in der 22. Woche auf die Welt gekommen und kurz darauf gestorben. Da wir es als unerträglich empfinden würden Weihnachten zu feiern, werden wir am Samstag in den Urlaub fliegen, und zwar in ein Nicht-Christliches Land, in dem Weihnachten nicht gefeiert wird. Habe zunächst mit der Entscheidung gehadert, denn es ist das erste Weihnachten nicht bei der Familie. Und natürlich hat meine Mutter mir auch schon Vorwürfe gemacht. Sie ließ sich dann schließlich mit einem Vorweihnachtlichen Kaffeetrinken zusammen mit der Familie letztes Wochenende besänftigen: Den Weihnachtsbaum hatte sie extra schon geschmückt (normalerweise erst an Heiligabend) und so weiter. Was mich jedoch massiv gestört hat war: Die ganze Zeit liefen Weihnachtslieder und mir kamen bei Textstellen wie “Christ ist geboren” oder “Ihr Kinderlein kommet” dauernd die Tränen. Die Musik wurde trotzdem nicht ausgemacht und auch kein Wort über meine Tränen. Am allerschlimmsten fand ich, dass ich 2-3 Mal unseren Sohn, ihren Enkel, angesprochen habe, und niemand ist darauf eingegangen. Das hat mich sehr verletzt. Genauso verletzend empfinde ich es, dass meine Mutter nie fragt, wie es mir geht. Sie tut fast so, als hätte ich nicht mein Kind verloren sondern als hätte ich eine Grippe gehabt und jetzt ist ja alles wieder gut. Ich habe sie auch darauf angesprochen, warum sie nie fragt, wie es mir geht. Sie hat alles weit von sich gewiesen, bzw gesagt, ich würde mich ja schon melden bzw was sagen, wenn es mir schlecht geht. Eigentlich war es letztendlich doch wie Weihnachten feiern am Wochenende bei meinen Eltern. Obwohl ich ihr gesagt hatte, dass ich das nicht will. Wieso ist meine Mutter nur so grausam? Nach ca. einer Stunde musste meine Oma nach Hause, wir haben die Gelegenheit genutzt und haben Oma Heim gefahren und sind dann selbst nach Hause. Ich habe versucht es meiner Mutter nochmal freundlich am Telefon zu erklären. Da kam kein wirkliches Verständnis. Ich habe ihr gesagt, dass uns nicht nach Weihnachten feiern zu Mute ist und wir deshalb auch über die Feiertage wegfahren, dass ich Weihnachten dieses Jahr ausfallen lassen möchte. Sie sagt, sie wolle, dass das Leben wie vorher weiter geht und sie deshalb Weihnachten brauche. Das muss ich akzeptieren, sie hat schließlich auch einen Verlust erlitten, ihren Enkel verloren, und muss schauen, damit klar zu kommen. Sie darf nur nicht erwarten, dass mein Leben bzw. das meines Freundes das gleiche wie vorher ist. Das wird nie so sein. Und deshalb hätte ich es schön und als respektvoll jedem von uns gegenüber empfunden, wenn wir einen nicht allzu weihnachtlichen Kompromiss gefunden hätten. Das war leider nicht möglich.... Deshalb bin ich froh, dieses Jahr Weihnachten ausfallen zu lassen. Wie geht es Euch mit Weihnachten? Wollt ihr es auch ausfallen lassen? Könnt es aber nicht, weil ihr vielleicht noch andere Kinder habt (wir haben sonst keine)? Oder braucht ihr jetzt erst recht Weihnachten mit der Familie? Liebe Grüße, Katinka
Es tut mir sehr leid, dass du dein Baby gehen lassen musstest und dass sich deine Mutter nicht in dich hineinversetzen kann und dir dahingehend keine Unterstützung ist. Wenn man trauert, macht man oft Sachen, die für andere Menschen nicht verständlich sind. Und jeder geht vor allem anders mit der Trauer um. Für manche ist es eine Hilfe, schnell in den gewohnten Alltag zu finden und weiter zu machen, sozusagen eine gewisse Sicherheit und Stabilität zu haben. Für andere geht das aber überhaupt nicht. Deine Mutter und du, ihr seid da somit total anders und es wird für euch beide schwer sein, sich in den anderen hinein zu versetzen. Aber du musst ja auch gar nicht den Wünschen deiner Mutter folge leisten. Sicher hat sie auch ihr Enkelkind verloren, aber es ist schon irgendwie doch als Mama anders, schlimmer, wenn ich das so sagen kann. Und normalerweise sollte eine Mutter dann Verständnis haben für ihr Kind in dieser Situation. Ist aber leider eben nicht immer und überall so. Deshalb musst du einen Weg finden, dich da abzugrenzen, dass dich die Reaktion deiner Mutter nicht so kränkt. Natürlich ist das schwer, denn der Verlust deines Babys ist noch ganz frisch, aber leider gibt es in der Realität ganz viele Menschen, die nicht empathisch sein können bzw. die nicht Rücksicht darauf nehmen, wie man sich selber gerade fühlt oder wie verletzend manche Aussagen oder Reaktionen sein können. Wenn es für euch so am besten passt, dass ihr heuer kein Weihnachten feiert, dann ist das in Ordnung und jeder hat das zu akzeptieren. Andere müssen es nicht gutheißen, aber es akzeptieren, dass das eben gerade euer Weg ist damit umzugehen. Das Wichtigste ist, dass man selber erkennt, was einem hilft und was einem in dieser schlimmen Situation gut tut und dass man das dann eben genau so durchzieht, egal was andere davon halten. Ich hatte bei meinem ersten Sternenkind am 20.12.2012 Geburtstermin. Auf die Welt kam er aber bereits am 16.07.2012, in der 18.SSW. Wir haben Weihnachten in diesem Jahr trotzdem ganz normal gefeiert, wenn es auch eine andere Stimmung hatte, da die Gedanken eben immer bei unserem Kind waren, das zu diesem Weihnachten gerade sein Licht der Welt erblickt hätte, wenn alles normal verlaufen wäre. Wir haben auch viel von ihm gesprochen und es war für alle in Ordnung, dass unser verstorbener Sohn auch Teil am Weihnachtsfest hat, dass er Thema ist, dass er Platz in unserer Familie hatte. Es hat uns zusammengeschweißt und es hat gut getan darüber reden und gemeinsam um ihn weinen zu dürfen. Ich wünsche euch alles Gute, eine schöne Reise und ich hoffe, dass du bei anderen Familienmitgliedern auf mehr Verständnis stößt bzw. dass deine Mutter und du euch vielleicht aussprechen könnt und du ihr sagen kannst, wie wichtig es für dich ist, dass sie deine Gefühle so annimmt, wie sie sind und dass sie deine Entscheidungen zukünftig respektiert! Stille Grüße, Dani
Hallo Katinka, als ich vor einigen Jahren eine späte Fehlgeburt Ende der 18. Woche hatte (auch Ende September), stand ich monatelang völlig neben mir, hatte überhaupt keine Lust auf Weihnachten und konnte mich aber auch nicht dazu aufraffen, irgendetwas Nicht-Weihnachtliches zu planen. Letztlich waren mein Mann und ich dann bei der Weihnachtsfeier meiner Großfamilie dabei, das war auch in Ordnung so. Aber meine Familie hätte sich auch niemals so verhalten wie Deine Mutter; wenn ich bestimmte Wünsche geäußert hätte, wären diese bedacht worden. Ich kann Deinen Groll sehr gut nachvollziehen. Generell, muss ich sagen, hat Weihnachten für mich seit diesem Ereignis seinen Zauber verloren, auch wenn wir nun seit zwei Jahren endlich ein quicklebendiges Kindchen haben, das dieses Jahr zum ersten Mal wirklich Weihnachten "erlebt". Er soll ein schönes Weihnachtsfest haben und dementsprechend habe ich auch vorbereitet und organisiert. Für mich selbst bräuchte ich Weihnachten allerdings bis heute nicht mehr. Habt einen schönen Urlaub! Als ich - ein Jahr vor der späten Fehlgeburt - eine Missed Abortion hatte, sind wir sechs Wochen später auch spontan verreist, nach Andalusien, Anfang Dezember. Das hat SOOO gut getan. Hätten wir nach der späten Fehlgeburt vielleicht auch machen sollen, aber wie gesagt, ich habe es nicht gepackt, mich darum zu kümmern.
Es tut mir leid, dass du deinen Sohn gehen lassen musstest. Kein Mensch kann diesen Schmerz, diese Trauer, diesen Verlust nachempfinden, der ihn nicht selbst erlebt hat. Und selbst Mütter, die ähnliches erlebt haben, sind so unterschiedlich, dass keine wirklich gleich fühlt und denkt. Daher ist es wichtig, dass du für dich einen Weg findest, wie du mit dieser Trauer leben kannst. Als ich meine Tochter im März 2018 still auf die Welt bringen musste, brach für mich eine Welt zusammen. Und ich habe einige Menschen erleben müssen, die unsere Kleine totgeschwiegen haben. Andere, die mir ins Gesicht sagten, sie hätte nie gelebt, deshalb brauche ich auch nicht trauern. Viele können nicht mit der Situation einer Trauernden umgehen. Sie wissen nicht was sie sagen können. Daher kommen Sprüche. Oder es wird einfach nicht darüber geredet. Ganz oft ist das nichts anderes als Hilflosigkeit. Und aus der Hilflosigkeit heraus reagieren manche so, dass sie (fast) krampfhaft versuchen am Alltag festzuhalten. So als wäre es nie passiert. Andere halten am Alltag und ganz besonders an Festen und Feierlichkeiten fest, weil sie sonst das Gefühl haben die Trauer und die innere Leere, die Verzweiflung nicht auszuhalten. Es gibt kein Pflichtprogramm Trauer, es gibt kein richtig und falsch. Leider ist Trauer und Trauerverarbeitung für jeden anders. Und jeder braucht anderes. Für dich scheint es gut zu sein kein Weihnachten zu feiern. Für deine Mutter scheint es wichtig zu sein, gerade jetzt Weihnachten zu feiern. Beides gleichzeitig ist nicht möglich. Beide habt ihr in euren Wünschen und Bedürfnissen recht. Für euch alle wird es nie wieder so sein wie vor dem Verlust. Kann es sein, dass deine Mutter sich selbst ablenken wollte und deshalb die Weihnachtslieder laufen hatte? Vielleicht bedenken hatte, wenn es still im Raum ist, dass die Trauer und der Schmerz dadurch nur noch greifbarer und näher ist. Ich wünsche euch allen alles gute.
Ja, jeder geht mit der Trauer wirklich anders um. Der eine verliert in der 8. SW sein Kind, braucht eine Woche, und tröstet sich mit dem Gedanken, dass es von Mutter Natur so gewollt war, und es wahrscheinlich besser fürs Kind ist. Der andere braucht Monate um so einen Schock zu verarbeiten. Und so ist Deine Mutter auch. Sie WILL Dir nicht weh tun, sie WILL nicht darüber sprechen, weil sie weiß, wie sehr es Dich immer noch verletzt. Sie will/ möchte ihre altes normales Leben bei behalten, ohne mit dem Gedanken daran, wie es Dir damit geht. Denn sie liebt Dich... das ist ein Schutz ihrerseits an Dich. So wie Du darüber sprechen möchtest, Du mitteilen möchtest wie es Dir geht, so möchte sie das Thema vermeiden, einfach weil es ihr weh tut, dass das Ereignis Dir weh getan hat. Ich weiß nicht ob ich das jetzt klar rüber gebracht habe. Mir tut es wirklich leid was Dir passiert ist. Und mein Mitgefühl hast Du. Ich hätte wahrscheinlich auch keine Lust auf so ein Fest, wenn mir das widerfahren wäre. ( Ich weiß das, als meine Mutter gestorben ist, hatte ich so gar keine Lust auf Weihnachten) Und das eigene Kind zu verlieren, ist wahrscheinlich so das Schlimmste überhaupt was Eltern passieren kann, wenn es dazu auch schon auf der Welt war. Eine Fehlgeburt kann man vielleicht doch noch leichter verarbeiten ( wenn das überhaupt möglich ist ) aber ein Kind, was schon gelebt hat, zu verlieren... das ist noch eine andere Hausnummer. Mach was Du für richtig hältst. Vielleicht ist der auch der falsche Weg für Dich ( im Nachhinein ) ... aber dieses wirst Du erst beurteilen können, wenn Du weg warst. Vielleicht ist es auch genau das Richtige gewesen ?! Lass Dir kein schlechtes Gewissen machen. Fahrt , erkläre es noch einmal Deiner Mutter. Ich habe für beide Seiten Verständnis. Und ja, es tut bestimmt weh, wenn alle nicht darüber sprechen möchten / wollen. Aber viele können es einfach nicht. Auch das muss man leider akzeptieren. So weh es auch tut. Und bestimmt ist es für Dich noch schlimmer.... es ist ja DEINE Mutter die Dir nicht durch Gespräche helfen kann . Ach Mensch, ich drücke Dich jetzt mal unbekannter Weise. Alles Liebe... sei stark... alles wird gut... glaube immer ganz fest daran. Trotz allem.... ich wünsche Dir Ruhe und Kraft, erhole Dich gut im Urlaub, einen guten Rutsch und alles Liebe und Gute für 2020. L G
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