Laupos
Hallo zusammen, ich lese schon länger still mit, brauche aber nun mal Rat. Meine Großmutter ist vor einigen Wochen ins Pflegeheim gekommen, sie ist 98 Jahre alt. Ich hatte in den letzten Jahren wenig Kontakt zu ihr, habe sie auch bisher erst einmal im Heim besucht. Sie ist leicht verwirrt, verwechselt uns dann immer usw. Nun hatte ich mir vorgenommen, sie mehr oder weniger regelmäßig zu besuchen, habe aber festgestellt, dass ich schon am Abend vorher Panikattacken bekomme bis hin zum Ganzkörper-Hautausschlag. Unser Verhältnis war zuletzt nicht besonders gut, außerdem gibt es etwas in der Vergangenheit, das ich ihr bis heute nicht verzeihen kann. Nun bin ich im Gefühls-WirrWarr, auf der einen Seite tut sie mir sehr leid, ich stelle es mir sehr schwer vor, nach fast einem Jahrhundert Selbstbestimmung in einem mittelklassigen Pflegeheim mit einem wildfremden anderen alten Menschen in ein Zimmer gesteckt zu werden. Dort ist nicht mal Platz für einen privaten Schrank. Auf der anderen Seite meine Panik und mein Nicht-Verzeihen. Ich würde es ihr gern leichter machen, aber ich kann nicht aus meiner Haut. Könnt Ihr mir was raten? War schon mal jemand in so einer Situation? Wie verhalte ich mich jetzt am besten? Ich bin ratlos. Danke fürs Lesen und viele Grüße Laura
Wenn Du nicht bald mit ihr Frieden schließt, wirst es eines Tages bereuen, daß Du es nicht getan hast, solange es möglich gewesen wäre...
Du könntest dir zum Thema "Vergebung", das in unserer Kultur sehr ambivalent besetzt ist, beratende Hilfe holen. Ein Blick in Serge King's Healing Relationships könnte helfen. Oder ein Ritual, z.B. Ho'oponopono. Lg Fredda
Verwirrt hin oder her, ich würde sie besuchen und mir alles von der seele reden und damit meine ich wirklich alles. Sich versöhnen, wenn das herz gar nicht bereit ist, das bringt dir nichts. Bin auch nicht dafür, sich zu "vertragen", weil sie schon so alt ist und vielleicht sterben muss, das ist ein ganz fauler kompromiss. Setz dich zu ihr und sag ihr genau das, was du hier geschrieben hast. Das du traurig und unglücklich bist, wie das leben mit euch beiden gelaufen ist, dass du noch immer darunter leidest, was vor jahren passiert ist. Vielleicht geht es ihr ähnlich und wenn ihr verstand es nicht mehr schafft, alles zu verstehen, was du sagst, tut es ihr herz bestimmt!!!!! Ich möchte dir mut machen, dich zu befreien und vielleicht befreist du auch deine großmutter! Franziska
ja, sowas meinte ich mit beratender Hilfe :-)
Hej! Ich halte es auch für wichtig, daß Du immerhin zum Verständnis für die Handlungsweise Deiner Großmutter kommst, wenn nicht zum Verzeihen. Oft ergibt sich das eine aus dem anderen. Du hast nicht dieselbe Geschichte im Rucksack wie sie. Du hättest viuelleicht anders gehandelt, aber wer weiß, was Deine Enkel später mal finden - über Taten von Dir, die Du als richtig empfindest? Erziehung, Charakter, Zeitgeist - alles spielt in Entscheiungen ,Handlungen mit rein. Was der eine leicht tut, fällt dem anderen unendlich schwer. Wo der eine stark ist, bricht der andere zusammen. Wer will da urteilen? Wer bist Du, es zu tun? "... der werfe den ersten Stein". Ich glaube , je älter ich werde, daß ich umso mehr Steine selber abbekomme, je mehr ich werfe /geworfen habe). Jugend tut sich schwer mit verzeihen -aber je älter wir werden, umso besser kennen wir doch die Dinge, die ein Leben bestimmen. Es gibt nichr schwarz und weiß. Aus Deiner Sicht war ihr Handlen grausam (?), aus ihrer logisch und richtig. Und mit zunehmendem Alter verstehen wir zumindest, daß andere manchmal anders gehandelt haben und glaubten, es war richtig so. Weißt Du eigentlich sicher , daß Deine Großmutter es auch so sieht? Daß sie weißt, wie sehr sie Dich verlett hat? Viele Fragen. Sie wegzuschieben, wird Dich auf Dauer unglücklich machen. Und wenn Du wenigstens verstehen kannst, dann gehen Deine Panikatacken - ohne daß ich sowas kleinrede! - vermutlich von selbst. Du mußt mit ihr - und Dir- - so oder so - ins Reine kommen. Das zeigen Dir Deine Panikattacken.- Sei mutig und menschlich! Gruß Ursel, DK
Wenn ich in dem Zusammenhang an die Problematik mit meinem Vater denke, kann ich es mir nicht vorstellen, dass er ein solches Gespräch - wenn es denn wirklich ehrlich (zwar sensibel, aber eben ehrlich!) geführt wird - auch nur überleben würde... Manchmal, wenn ein gewisser Punkt im Leben erreicht ist, kann man nicht mehr rückwirkend mit den Dingen aufräumen. Man kann nur damit abschließen, es akzeptieren.... Ein Glas, das herunterfällt, ist heruntergefallen. Es ist kaputt, aber mein Leben ist deshalb nicht kaputt. Und derjenige, der es hat fallen lassen, KANN es nicht rückgängig machen. Was will ich also? Was brauche ich? Und kann ich genau das überhaupt bekommen??? Was soll die Oma jetzt tun, wenn längst geschehene Dinge wieder zur Sprache gebracht werden? Sie kann sie nicht mehr ändern...... und ich fürchte, sie kann Dir auch nicht bei der Verarbeitung helfen... Also gut....viell. mag das bei Deiner Oma anders sein. Bei meinem Vater merke ich ganz deutlich, dass er nicht (mehr) in der Lage ist, bestimmte Dinge zu verstehen und sich in mich oder meine Mutter hineinzuversetzen. Vielleicht ist es auch zu schmerzlich...? Er ist übrigens nicht viel jünger als Deine Oma. Ich finde es Quatsch, nun aufgrund ihres Zustandes und ihrer Lebensumstände 1."plötzlich" und 2. mit ihrer Hilfe gewisse Dinge aufarbeiten zu wollen. Ich würde sowas mit mir (oder einem Therapeuten) ausmachen und notfalls eine Entscheidung treffen, weil ich eben keine andere Entscheidung treffen KANN............. Und dann ist es eben so, wie es ist! Ich muss damit leben und ich werde damit leben. Genauso wie mein Vater... Genauso wie Deine Oma.... Alles Gute und verlange nicht zuviel von Dir, aber eben auch nicht von Deiner Oma...
aber derjenige, der es kaputtgeschmissen hat, kann vielleicht noch verstehen, wie sehr man an dem einen glas gehangen hat und wie wichtig es war und kann vielleicht wirklich sich entschuldigen wollen, ausgerechnet dieses glas zerstört zu haben...wo vielleicht die drei ollen kaffeebecher weniger schlimm gewesen wären. es geht doch nicht drum, sich jetzt plötzlich heititei wieder zu versöhnen, sondern etwas auszusprechen, was offensichtlich ja über jahre massiv belastend in der seelenschublade vor sich hingammelt.
Hallo Laura, vielleicht ist diese Situation jetzt der Anlass, dich mit dieser Sache aus der Vergangenheit auseinanderzusetzen und zu versuchen, das, worum es geht, zu bewältigen/zu überwinden o.ä.?! Da es sich möglicherweise ja um eine größere Sache handelt (nach deiner massiven körperl. Reaktion darauf), würde ich mir dafür vermutlich professionelle Hilfe, z.B. eine Beratungsstelle, Therapie o.a. suchen. Die Tatsache, dass und wie deine Großmutter in dieses Problem verstrickt ist, wird in einer solchen Therapie sicher zur Sprache gebracht werden und du wirst dort vermutlich Hilfen und Anregungen aufgezeigt bekommen, wie du mit deinen zwiespältigen Gefühlen ihr gegenüber und diesen Ängsten umgehen kannst, ob es wichtig, richtig, sinnvoll ist, sie zu besuchen - oder auch nicht - etc. Mit ihr selbst wirst du das sicher nicht (mehr) bereden können und wollen, aber ein Außenstehender kann da gut tun. Natürlich wird so etwas länger dauern und dir akut evtl. nicht helfen, so dass du dich vielleicht einfach so überwinden wirst sich zu beuschen (ihr zuliebe, trotz der Panik), aber zumindest begleitend zu der jetzigen Situation würde ich das wohl tun. Denn wenn es dir latent wohl nicht so gut geht, wird diese Sache sonst vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt "hochkommen" und sollte/könnte/müsste sowieso geklärt werden für dein Wohlbefinden. Einfach so verzeihen stelle ich mir schwer vor, da im Hintergrund oft ganz viel Wut, Traurigkeit etc. lauert, die vielleicht auch mal ausgesprochen werden muss, bevor man _dann_ evtl. verzeihen und vergeben kann. LG, M.
Hallo! Ich mochte meine eine Oma nicht sehr. Grundsätzlich nicht und wegen einiger Vorfälle. Das waren keine Hammer, aber ich mochte sie einfach nicht sehr. Als sie in der Kurzzeitpflege war, bin ich immer mal hin. Das war nett! Ich hab sie da anders kennengelernt, da sie immer milder wurde mit den Jahren. Bei einem KH-Aufenthalt habe ich mich ein bißchen gekümmert, ich war aber auch nicht die einzige aus der Familie. Als sie Jahre später starb, hab ich einmal kurz geweint, als ich vom Leiden der Oma erzählte. Also irgendwie gerührt hat mich das schon. Ich bin damit jetzt total klar. Ich hab meine Grenzen erspürt, gemacht, was ich konnte und gut. Du kannst mit deiner Oma jetzt nichts mehr klären. Ich finde nicht, dass du sie verstehen musst. Verzeihen finde ich furchtbar, das hat was überhebliches, das keinem zusteht. Vielleicht schreibst du dir das mal alles von der Seele? Oder nimmst mal deine Geschwister, eine Freundin und redest drüber? Einen Brief an die Oma fände ich am besten. Und dann aber abschließen damit. Vielleicht kannst du dann hingehen. Wenn nicht, war das eben so. Wie geht es dir, wenn du dir vorstellst, sie stirbt morgen? Machst du dir Vorwürfe? Oder bist du klar und nüchtern? Danach kannst du handeln, nach dem Gefühl. Und ich weiß, dass du den richtigen Weg für dich findest! Alles Gute, Almut
ohne die anderen Antworten gelesen zu haben, Deine Oma leidet ganz offensichtlich an Demenz, was ja für das Alter eigentlich schon fast normal ist. Dass Du sie sehr liebst, zeigt die Wahrnehmung von Dir - wie Du sie jetzt wahrnimmst, Ihr Zimmer, keine persönliche Habe und kein privater Platz usw. Du hast zwei Möglichkeiten: Du behälst sie in Erinnerung, so wie sie war, reduzierst die Treffen auf das Nötigste oder Du bist, egal wie sie jetzt ist und es wird noch schlimmer werden, einfach für sie da. Du kannst es ignorieren und verstehen, wenn sie Dich nicht erkennt, wenn sie rummotzt oder komische Sachen macht. Im letzten Fall wirst Du Dir, wenn sie irgendwann stirbt, niemals den Vorwurf machen, nicht für sie da gewesen zu sein. Dich nicht verabschiedet zu haben. Sie in dem ganzen Trist allein gelassen zu haben. Ihr noch ein Stück ihres alten Lebens wiedergebracht zu haben, denn es wird auch Momente geben, wo sie Dich erkennt und diese Momente werden für Dich später mal schön und wichtig sein. Auch meine Mutter hatte sich bei ihrer Mutter damals für die letzte Alternative entschieden. Meine Oma hat allerdings nicht mehr lange gelebt oder überlebt, nachdem sie ins Pflegeheim kam. Sie war in ihrer Wohnung eine Gefahr für sich selbst und alle Mieter im Haus, wir hatten damals keine Wahl und hätten den Schritt, sie wirklich ärztlich betreuen zu lassen, schon früher wählen sollen. Auch wenn es für meine Mama damals wirklich eine seelische und körperliche Qual war (meine Oma hatte drei Kinder, zwei davon hatten ein Auto, meine Ma nicht - meine Ma kam JEDEN TAG nach der Arbeit zu ihr nach Haus, später dann ins Heim, die Anderen ließen sich nicht blicken - an die ANDEREN konnte meine Oma sich sehr wohl erinnern und beim Anblick meiner Mutter meinte sie immer "Ich hatte mal drei Kinder, zwei Mädchen und einen Jungen. Die eine war neulich hier, der Junge war neulich hier - aber WER BISTN DU?????") Wir reden selten darüber, aber ich weiß, dass meine Mutter für SICH selbst das Richtige getan hat. Sie wollte für meine Oma da sein und wollte ihr bis zum Schluss die Hand reichen, egal, wie schlimm es damals für sie war. Ich denke, in der Beziehung, wie ich zu meiner eigenen Mutter stehe, würde ich ebenfalls Variante 2 wählen, wenn es jemals so weit kommt. Alles Gute und viel Kraft!
Ganz lieben Dank für Eure Antworten. Die Sache, die ich ihr nicht verzeihen kann, passierte vor ca. 30 Jahren. Ich war 12, wohnte noch in meinem Heimatdorf. Ein Freund der Familie, der meiner Oma im und nach dem Krieg sehr geholfen hat, hat mich missbraucht. Es ging nicht bis zum Letzten, weil ich weglaufen konnte, aber keiner - meine Mutter und auch meine Oma nicht - hat mir geglaubt. Ich wurde eher noch zurecht gewiesen. Meine Mutter hat mir ein bisschen später erklärt, dass dieser Mann wohl früher in meine Großmutter verliebt gewesen sei und ihm, weil ich ihr so ähnlich sehen würde, wohl die Pferde durchgegangen wären. Sie haben mich nicht beschützt. Meine Oma hat es nicht einmal in Erwägung gezogen, dass es wirklich passiert sein könnte. Ich bin in dieser Zeit aus meinem Körper ausgestiegen und einige Zeit später magersüchtig und bulimisch geworden. Vor einem bestimmten Typ Mann habe ich bis heute Angst und bis heute habe ich Phasen, in denen mich keiner anfassen darf. Ich habe mehrere Therapien hinter mir. Bis heute ist mir mein Körper fremd. Damit lebe ich nicht schlecht. Mein Mann ist sehr verständnisvoll, ich habe zwei Kinder, viel Arbeit und rege Sozialkontakte. Diese ganze Sache ist der Stachel in meinem Fleisch. Bevor ich den Mut hatte, mit meiner Mutter etwas aufzuarbeiten - die mir ja immerhin geglaubt hat, wenn sie auch nichts getan hat, um mich zu schützen -, ist sie gestorben. Ganz plötzlich, vor über 20 Jahren. Und jetzt eine so alte verwirrte Frau damit konfrontieren? Ich weiß nicht mal, ob ich richtig traurig wäre, wenn sie eines Tages tot ist. Das muss unglaublich hart klingen. Ich kann ihre Reaktion sogar ein bisschen verstehen: kleines Dorf, Dankbarkeit, guter Ruf und all das. Seit ich selbst Kinder habe, geht mir dieses Verständnis jedoch nach und nach verloren. So dankbar kann ich gar niemandem sein, dass der ungestraft mein Kind anfasst. Ich danke Euch sehr, werde mich in den nächsten Tagen mehr mit der Thematik auseinandersetzen und sehen, wie es weiter geht. Gute Nacht, und liebe Grüße Laura
mir fehlen gerade die Worte und es tut mir sehr leid. Nur - ich denke, DAS ist ein Thema, was Du JETZT mit ihr tatsächlich nicht mehr aufarbeiten brauchst. Wahrscheinlich kann sie sich nicht mal mehr daran erinnern. Vielleicht KANN sie sich auch daran erinnern und das schlechte Gewissen frisst sie selbst von innen auf...
da würde ich aber auch psychosomatisch reagieren und zeitgeist/konventionen hin oder her, nein, das könnte ich auch nicht "verzeihen". kannst du einen deiner "alten" therapeuten anrufen und mal nach tips fragen, mit der jetzigen situation umzugehen?
Liebe Laura, ich glaube nicht, dass du diese Geschichte jetzt noch mit deiner Oma aufarbeiten und zu einem "guten Ende" bringen kannst. Ich denke, du solltest dir diese ständigen Besuche auch nicht antun, weil sie für dich nicht gut sind. Vielleicht könntest du jemand anderes damit beauftragen, die Oma regelmäßig zu besuchen, dann hast du etwas für sie getan, ohne direkt mit ihr in Kontakt zu kommen. Alles Gute! sophieno
Liebe Laura, Dein Körper sendet Dir die richtigen Impulse! Du erkennst klar und deutlich, wie sehr Du noch unter diesem Trauma leidest - ich persönlich würde keine Aussprache mit Deiner Oma suchen. Sie wird wohl genauso wie damals reagieren, vielleicht ist sie auch so wirr, dass sie gar nicht versteht, WAS Du überhaupt ansprechen möchtest. Ich bin ein absolut emotionaler Mensch, diese Reaktionen würden mir beweisen, Abstand zu nehmen. Aber ich kann nur für mich sprechen, nicht für Dich. Es tut mir sehr leid, wie Dein Leben als Teenager und danach verlaufen ist. Bewundernswert fand ich Deine Anmerkung, dass Du als jetzige Mutter es nicht nachvollziehen kannst, dass weder Oma noch Deine Mutter damals etwas unternommen haben. Genauso sehe ich das auch! Diese Verhaltensweisen von damals sind inakzeptabel. Ich wünsche Dir viel Kraft! Berichte doch bitte einmal, wie Du Dich entschieden hast - wenn Du magst....