Elternforum Aktuell

Vater Staat und seine Kinder

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Das Ex-Geburtstagskind mit seiner Einstellung zum Thema Staat und Individuum fällt mir in diesem Zusammenhang ein. Fasse ich ihre Ansicht richtig zusammen mit den Worten: so viel Staat wie überhaupt nötig, so wenig Staat wie irgend möglich?! Und genau das ist das Problem mit dieser Debatte um Betreuungsangebote und ähnlichen staatlichen Dienstleistungen. So wenig ich den Liberalen in vielen Bereichen zustimmen mag, so bin ich in diesem Punkte einer Meinung. Seit K. Adenauer durch das Versprechen jedem Deutschen die Rente zu gewähren in den 50er Jahren die Basis für die staatliche Versorgung des Bürgers gelegt hat, hat es jede Regierung geschafft das Dienstleistungsmonstrum Staat um noch ein weiteres aufzupumpen. Nur, um Irrtümern vorweigzugreifen, angesichts der wirtschaftlichen Anforderungen verteufele ich die Betreuung von Kindern nicht - zwar hege ich Bedenken gegen ein zu frühes abgeben, aber das ist mein privates Problem. Ich denke aber, dass es wichtig ist, dass Menschen, die ansonsten für sich Selbständigkeit, freien Willen, Eigenständigkeit, Individualismus und Kapitalismus proklamieren und ganz fuchsteufelswild werden, wenn man ihnen das alles abspricht, dass diese Menschen sich vergegenwärtigen, in welches Abhängigkeitsverhältnis sie sich da bringen. Die Diskussion von gestern um die Stasi, die DDR und die Lebensumstände dort haben mich auch den Vergleich ziehen lassen zwischen dem Erziehungsauftrag dort und hier. Da, wo der Staat in unser Privatestes eingreifen kann, nämlich in die Erziehung, dort sind wir alle manipulierbar. Seltsam, wir regen uns alle tierisch über Einmischungen seitens Schwiegermütter, Freunden oder sonstigen greifbaren Personen auf, aber wenn es darum geht, dass institutionalisierte Erziehungsmenschen das tun, dann höre ich nur das Schweigen im Walde (generell, von Euch kann ich das noch nicht behaupten ;) Ich fühle mich nicht als Kind dieses Staates, sondern als Kind IN diesem Staate. Und wenn mir jemand erzählt, in Frankreich sei frühe Fremdbetreuung ja Gang und Gäbe, dem möchte ich entgegenhalten: die haben ja auch ein grundsätzlich anderes Verhältnis zum Staat, eine viel staatsbürgerlichere Einstellung als wir. LG, AyLe und Entschuldigung für Länge und Sonstiges ;)))


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Ayle, nur kurz 2 punkte: 1. ausreichend betreuung hat doch nichts damit zu tun, dass ich quasi dem staat mein kind ausliefere. betreuungskonzepte können ganz unterschiedlich sein, aber man muss nicht immer wieder das rad neu erfinden - wie die vielen viel zu aufwändig privat gegründeten elterninitiativen und krabbelgruppen etc. zeigen, auf deren qualität ja auch kai sau schaut und wo sich die eltern gegenseitig die köpfe einschlagen und mobben. mein beispiel bez. rad neu erfinden: ich habe in der schule eine mittagsbetreuung mit inittiert und zu zweit jahrelang betreut (bis auf zur verfügung gstellten raum von der schule haben wir alles selber gemacht, buchhaltung, catering etc., personalsuche). heh, das war ein aufwand und teilweise ärger, da hätt ich währenddessen zwei zusätzliche kunden beruflich betreut und dem staat mächtig mehr steuern gebracht (obwohl es mir riesenspaß mit der gruppe gemacht hat, wie ich betone). während mir eine bekannte sagt, dass in ihrem bundesland die betreuung nach der schule automatisch geregelt ist, bis halb fünf, und umsonst. ich habe zur arbeit zusätzlich monatlich inkl. essen über 120 euro gezahlt, bloß weil bayern auf katholisch macht bezüglich kinderbetreuung. 2. es wachsen leider, leider immer mehr kinder so auf, dass es besser für ihre entwicklung ist, wenn sie zusätzlich außerhäusig anregungen bekommen. das ist mittlerweile nachgewiesen. wenn man diese kinder erst in der schule "zu fassen" kriegt, ist es definitiv zu spät. diese kinder sind praktisch darauf angewiesen, dass sie echte anregungen bekommen. wenn sie später problemfälle sind, kommen sie den staat teurer, aaaber v.a.: sie sind unglückliche menschen. weisst du, Ayle, nicht jeder kümmert sich so um seine Kinder wie du oder die meisten leute, die hier posten, aus welchen gründen auch immer. ähm, findest du echt, dass franzosen eine staatsbürgerlichere einstellung haben? ist jetzt echte frage. ich finde zwar, dass die wirtschaft "staatsgebundener" ist, weil ich das selber beruflich immer wieder sehe/erfahre, aber die franzosen staatsbürgerlicher? könnt ich jetzt nicht sagen. naja, vielleicht sind sie stolzer auf ihren staat, und sie lieben ihre wunderbare sprache mehr. aber sie haben ja auch ein klitzekleines bisschen eine andere geschichte als die deutschen. viele grüße von old mama


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... dass ich zwar schrieb; "nur kurz", aber dann viel schrieb...aber wenn man mal ins reden kommt....


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Also, ich denke schon, dass Dir Franzosen ihre Bürgerrechte viel ernster nehmen und so eine andere Einstellung haben als wir Deutschen. Erinnere Dich doch nur an die Demonstrationen im Zusammenhang mit den Studiengebühren (wenn ich mich meinerseits richtig erinnere;) Natürlich sollen wir das Rad nicht neu erfinden, aber andererseits auch nicht vergessen, welchen Vertrag wir da schließen. Ich leben persönlich nach dem Motto "Wenn ich schon Scheiße baue, dann aber bitte mit Bewusstsein" ;)) In diesem Sinne, LG, AyLe


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abgebrochen. Wir merken gar nicht mehr wie wir zum funktionalen Menschen mutieren. Der Staat macht schon. Gut lehnen wir uns noch weiter zurück, dann macht er noch mehr. Wollen wir sowenig Individuum sein -eigentlich kann ich es nicht glauben. Aber es ist wohl die eigene Faulheit die uns dazu macht zu funktionieren, möglichst wenig Eigenverantwortung zu tragen und Papa Staat machts scho´. Ich hasse jede Art von Reglementierung und Einmischung seitens des Staates (wenn´s nicht gerade um Mord und Totschlag geht), aber wir sind drauf und dran uns in eine Anhängigkeit zu begeben, die ich zum Bsp nicht will und meine Konsequenzen ziehen werde. Vielleicht bin auch persönlich zu wenig anpassungsfähig und hab deshalb so große Probleme damit und Obrigkeiten haben mir schon damals in der Klinik das Genick gebrochen, weil ich rebelliert habe und nicht einfach mit den Wölfen heulte. Die Entindividualisierung des Menschen schreitet so stetig voran, dass wir es gar nicht mehr merken. Ich für meinen Teil spiele dieses Spielchen nicht mehr lange mit. liebe Grüße johanna


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Wir sind wirklich alle ein Heer von Individualisten, nicht wahr? Wo schreitet denn die "Ent-Individualisierung" voran? Wo kann man denn in der heutigen Gesellschaft nicht individuell sein? Meine Eltern sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der es eine Provokation war, Jeans zu tragen. Bill Haley (!) war ein Rebell! Heute schafft nicht mal mehr Marilyn Manson es, breitflächig zu schocken. Als ich 18 war, war es nahezu ausgeschlossen, dass ein Mädchen eine Schreinerlehre machte. Und das lag damals nicht daran, dass es zu wenig Lehrstellen gab. Klar muss man (besonders in unserem Land) wachsam sein, gegenüber Totalitarismus und seine frühen Anzeichen. Irgendwie werde ich das Gefühl aber nicht los, dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Es glaubt ja wohl niemand, dass "Der Staat" hier Betreuungseinrichtungen zur "Gleichschaltung" von Kindern missbraucht. Aus dieser Befürchtung heraus die Betreuungssituation klein zu halten ist, als würde man aufhören Straßen zu bauen, weil ja auch Panzer drauf fahren könnten. Gruß Susanne