Mitglied inaktiv
Obdachlos – Heimatlos Bei Max Frisch heißt es in „Ich bin nicht Stiller“, eine Affäre sei eine obdachlose Liebe. Eine Liebe der Straße – ein Road-Movie sozusagen, ohne dauerhafte Bleibe. Simone Weil beschreibt die Entwurzelung als die schlimmste aller Krankheiten, denn, wer entwurzelt, verwurzelt nicht mehr. Fiammetta und saulute haben viel gemeinsam – letztlich auch mit mir und ich mit ihnen. Wir leiden alle an Obdachlosigkeit und Heimatlosigkeit in weiterem Sinne. Fiammetta hat einen Glauben ohne Haus. Sie hat das Haus verlassen, weil sie entwurzelt ist. Es bot ihr keinen Schutz mehr, sie konnte sich dort nicht fallen lassen. Das würde mich als Hüter des Hauses und Gastgeber stutzig und traurig machen, mich zur Tat veranlassen. Fiammetta hat das Haus in jungen Jahren verlassen und ist seither Außenposten, denn wer einmal von einer Zufluchtstätte verraten wurde, wird dorthin schwerlich leichten Herzens zurückkehren wollen. Wo, wenn nicht in der Kirche, bei Gott und denen Gottes, kann ein Mensch sich fallen lassen, gehen lassen und doch darauf hoffen, aufgefangen, nicht gefangen, gehalten und doch nicht aufgehalten zu werden? Sie wurde m.E. betrogen um dieses Urvertrauen. Stellt Euch ein Kind vor, dass von seinen Eltern, von seinen Bezugspersonen, Menschen des ersten Vertrauens so derart betrogen wird. Ich möchte nicht erahnen, wie schwer es diesem Menschen fallen muss, je wieder ein Urvertrauen zu fassen. Natürlich ist fiammetta alt genug, das Geschehene zu verarbeiten, neu zu verorten. Doch sie ist meiner Meinung nach entwurzelt. Und es ist sehr schwer sich unbefangen neu zu verwurzeln. Nun zu saulute. Saulute ist heimatlos. Sie lebt zwischen den Welten, aber nicht in ihnen. Sie reist der Illusion, dem Wunsch von „Zuhause“ hinterher. Bevor sie ankommt ist sie schon dort, der Ort ist die Realisation ihrer Wünsche, ihrer Sehnsucht nach „Ankommen und Bleiben“. Sie kann nicht ankommen, denn den Ort gibt es nicht. Eine Heimat hat man nur einmal oder nie. Auch saulute ist entwurzelt. Sie sucht m.E. nach einer Beständigkeit, nach einer Endgültigkeit, nach einem Bleiben. Für Menschen wie saulute ist es unglaublich schwer sich zufrieden zu geben. Nicht, weil die Umgebung vergiftet ist, sondern weil das Herz und die Seele nicht zur Ruhe kommen. Ist sie in Litauen (war doch so, oder?), verlangt es nach England, denn auch dort ist sie zum Teil. Ist sie in Dt. vermisst sie Litauen, denn dort ist noch ein Teil ihrer Seele und ist sie in England, dann kann sie auch dort nicht bleiben, denn die Suche nach Heimat treibt sie um. Sie sieht den Mangel, denn daran sieht sie, dass sie nicht zu Hause ist, dass etwas fehlt. Ich kann mir vorstellen, wie das alles für „Eingeborene“ klingen muss. Diese Menschen sind in einer sehr, sehr beneidenswerten Situation. Sie kennen nichts anderes als das Selbstverständliche, das Eindeutige, das Endgültige. Auf die Frage: Wer bist Du – kann ein(e) Dt. zumindest die Antwort: Deutsch geben. Er weiß, wo er hingehört im Zweifelsfall. Er ist kulturell verortet, verwurzelt. Einem verwurzelten Menschen zu beschreiben, wie es ist, entwurzelt zu sein und nach Wurzeln zu suchen und daran zu verzweifeln, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Gerade, wenn man denkt, zu Hause zu sein, angekommen zu sein, reißt die Realität wunden auf. In der Türkei vermisse ich schmerzhaft dt. Tugenden und kehre ich von dort zurück, fehlen mir genauso schmerzhaft jene der Türken. Es gibt keine Synergie. Es gibt kein „man nimmt aus jeder Kultur das Beste“. Mein Resümée aus meinen Reisen zwischen Welten und Religionen ist, dass der Wanderer erschöpft ist und sich erschöpft, wenn er nicht nach Hause zurückkehren kann. Ich weiß nicht, wie es fiammetta oder saulute ergeht oder ergehen wird. Ob sie jemals ihr Obdach für ihre Religion oder ihre Heimat finden werden oder wollen oder überhaupt suchen. Mag sein, ich schließe zu sehr von mir auf die beiden, aber für meine Person kann ich sagen, dass die Zerrissenheit durch die Seele geht. Ich habe fertig ;) AyLe
ayle, ich schätze alle deine beiträge sehr. diesen nicht. es gibt die grausamsten dinge auf der welt, aber manche menschen haben das problem, dass sie eigentlich keins haben. wer ist schon zu 100% zufrieden und glücklich mit dem was er hat, oder wo er lebt? niemand. man kann sich aber immer und übrall einfügen und das beste aus der situation machen. klappt das nie, dann liegt es nicht an den mitmenschen, sondern an einem selbst. gut, was anderes hast du jetzt auch nicht geschrieben, aber ich finde deine bemühungen völlig verschwendete energie.
Hi, EM. Es ist etwas anderes, ob man sich Mühe gibt und sich einfügt und das Beste aus der Situation macht oder ob man zu Hause ist. Ersteres ist eine Verhaltenssache, letzteres eine Sache der Seele. Es geht auch nicht um die Zufriedenheit, sondern um .... ach, ich sollte das lassen. Du hast Recht, es war wirklich verschwendete Energie, es erklären zu wollen. Für mich selbst allerdings war es das wert :) Ich wünsche einen molko-fantastischen Abend *gg* AyLe
ich seh keinen molko..*guckt* zu hause? wann ist man denn zu hause? ehrlich gesagt hab ich mich das auch schon oft gefragt. ich kenn die antwort nicht, daher ist mein zu hause nicht ortsgebunden. ich könnte jeder zeit hier weg. da ich umzugserfahren bin (naja gut, nicht was fremde länder betrifft) verlässt man doch jeden ort mit einem lachenden und einem weinenden auge. das ist wie mit der vergangeheit. damals fand man alles blöd, jetzt trauert man hinter her.
Wenn ich Dich nun frage, wo ist deine Heimat, was wäre deine Antwort? Ehrlich gesagt, ich kann es Dir nicht sagen. Das mit dem Zuhause war eher so gemeint. Heimat halt. Daher ja auch Verwurzelung und Entwurzelung. Ich dachte, molko ist immer und überall?! *hihi* AyLe
hmmm. wenn du so frägst, ich habe keine heimat.
ehrlich nicht.
oder sagen wir so, heimat ist für mich JETZT da, wo meine kinder sind.
ganz ehrlich fühle ich mich in münchen heimisch, obwohl ich dort nie gewohnt habe (hat nun auch nur sehr bedingt was mit vallie zu tun )
aber ist bei "normalen" menschen nicht die heimnat dort, wo sie geboren und aufgewachsen sind?
dort ist meine heimat nämlich nicht.
molko ist nur in meinem kopf
und zu pfingsten HEIMATnah, aber ich hab keine karten und kein geld.
Ich sehe es doch an meinem Mann, sah es auch an meinem letzten Freund..... Würde mein Mann Deinen Text lesen, Ayle, würde er wohl schlucken müssen! Denn irgendwie ist auch die ursprüngliche/eigentliche Heimat "verloren", wenn man sich mal woanders wider des inneren Gefühls "große Mühe gibt, sich einfügt und das Beste aus der Situation macht"......! Soviel dazu! Nicht, weil ich Energie verschwenden möchte, aber weil ich nicht mehr viel habe heute..... Aber eines noch, ayle: wie kommt es, dass auch ICH mich nicht zu Hause fühle in Deutschland. Ich bin Deutsche, in der ddr (Ost-Berlin) groß geworden, lebe jetzt in Bayern..... Irgendwie plagt mich aber immer das Fernweh, irgend eine Sehnsucht. Woran liegts? Am türkischen Ehemann doch sicher nicht! LG
nee, den meisten menschen plagt das fernweh. mich immer. manchmal ist es wie bei einer phobie, die igentlicheursache ist was ganz anderes. heute psychologisch
Hmmm, EM, ich glaube, ich kann das nicht vermitteln. Es ist nicht Fernweh. Es ist .. ah, warte... das eindeutige Gefühl DAZUZUGEHÖREN, ja, genau: ein vollwertiges Mitglied zu sein. Wenn ich das so beschreibe, vllt. kannst Du es dann besser verstehen?? LG, AyLe
kann ich. aber auch DA, man kann nicht immer und überall dazu gehören. ich sag jetzt mal christliches dorf zum beispiel. hab ich auch nie dazu gehört. meist war ich das kind mit dem man nicht spielen sollte, da nie im bibelkreis sichtbar. oder hausfrauenvereinigung im dorf, auch nie dazugehört, auch wenn ich mich bemüht habe. oder mitmütter im bekanntenkreis, auch immer ausgeschlossen worden, weil keine gluckenhaften ansichten. wenn man aber nie und nirgends dazugehört, dann ist es wieder wie oben erwähnt, dann liegt es an einem selbst.
Hallo, EM, "wenn man aber nie und nirgends dazugehört, dann ist es wieder wie oben erwähnt, dann liegt es an einem selbst." Das ist m.E. zu stark vereinfacht. Ich bin Dt.-Türkin, wenn ich auftauche, sieht man das. Ich bin in Person die Erinnerung an das "andere". Hast Du schon einmal fundamental gesehen, wie Menschen werden, wenn sie auf das "andere" stoßen. Ich meine nicht schwule - heteros oder Hausfrauen - berufstätige oder ähnliches. Ich meine eine Eigenschaft, die separiert. Also, Nationalität oder Religion. In unserer Gesellschaft möchten wir die teilende Wirkung gerne wegreden. Es gäbe keine UNterschiede............aber............ das ist das ABER. Die Tochter einer Nachbarin (wir sind ja umgezogen) brachte das so schön nach dem Spiel Türkei - weiß ich nicht (Fußball gucken ist nicht mein Fall) auf den Punkt: wir spielten Fußball, ich dabei (ich habe früher in einem Verein gespielt) und kann es noch ganz gut. Sie sagte in ihrem kindlichen Eifer: Stimmt doch, AyLe, Du kannst so gut Fußball ,weil Du Türkin bist................... BIN? LG, AyLe
Ich kann AyLes Beitrag nachvollziehen und verstehen. Und ich finde auch, daß ich - zumindest von außen - etwas von fiametta und saulute darin finden kann. Ich habe ja auch schon an vielen Orten der Welt gelebt - innerhalb und außerhalb Deutschlands - und sehe mich durchaus als Kosmopolit. Ich könnte auch stehenden Fußes meine Taschen packen und nach Hamburg oder Singapur umziehen, das wäre für mich kein Problem. Aber: Ich kann das auch deswegen, weil ich diese Wurzeln, die AyLe beschreibt, habe. Ich bin katholisch, und ich bin deutsch. Ich bin auf beides nicht immer "stolz" (unpassendes Wort, aber es fällt mir kein besseres ein derzeit). Aber beides ist doch etwas, was zu mir gehört und was ich nicht aufgeben will. Ich finde tausend Kritikpunkte an der katholischen Kirche. Ich kann fast alle Kirchenkritik nachvollziehen und viele sogar unterschreiben. Trotzdem bin und bleibe ich katholischl, und das hat überhaupt nichts kopflastiges oder intellektuelles, es ist ein Bauchgefühl, ein Hängen an (teilweise unsinnigen) Ritualen, an Kindheitserinnerungen (die bei mir - was die Kirche betrifft - fast durchgehend positiv sind) und einem wohligen Gefühl. Ähnlich geht es mir mit meinem Deutsch-Sein. Ich bin deutsch und kann mir auch nicht wirklich vorstellen, meinen deutschen Paß für irgendeinen anderen abzugeben. Was nicht heißt, daß ich andere Nationalitäten doof finde oder gar minderwertig. Aber ICH bin halt deutsch - feddich. Auch hier: Ich habe viele Kritikpunkte, ich bin mit vielem nicht einverstanden, aber es paßt im Großen und Ganzen, es gibt nichts, was ich komplett blöd oder ablehnenswert finde, ich kenne in meinem Umfeld reichlich deutsche Menschen, die auf meiner Wellenlänge sind. In Singapur, in Amerika, in Nigeria - egal, wo ich war, es gab den ungefähr gleichen Anteil an Menschen, mit denen ich klarkam. Aber mit den Deutschen verbindet mich eine gemeinsame Vergangenheit, gemeinsame Rituale und - ja, auch - eine gemeinsame Sprache. Es klingt vielleicht doof, aber was ich am meisten in meiner Ehe mit einem Ausländer vermißt habe, war die gemeinsame Vergangenheit - und zwar nicht auf einer individuellen Ebene, sondern auf einer ganz banalen gemeinschaftlichen. Auf einer Ebene, auf der man nur "Raider heißt jetzt Twix" sagen muß, um gemeinsam auf dem Boden zu liegen vor lachen. Auf der Ebene, auf der man einen "Atomkraft - Nein Danke"-Aufkleber schon aus 50 Meter Entfernung erkennt. Auf der Ebene, auf der eine Name wie Uschi Obermaier oder Günter Jauch keiner Erklärung bedarf. Ich kann selbstverständlich einen engen emotionalen und intellektuellen Kontakt haben zu Menschen, mit denen ich auf dieser Ebene keine Gemeinsamkeiten finde. Aber das gemeinsame Lachen über "Raider" und "Twix" - das hat etwas Heimeliges und "Basis-Emotionales" - das ist einfach etwas ganz anders. Noch ein Beispiel: Ich spreche fließend Englisch und kenne viele englische Kinderlieder und Kinderbücher, die ich sehr liebe und mag. Aber keines kann bei mir ähnlich tiefempfundene Emotionen auslösen wie ein Kinderlied wie "Wer hat die schönsten Schäfchen" oder ein Buch wie "Onkel Tobi". Diese Dinge sprechen mich in meinen tiefsten Inneren an. Auf der Ebene, wo Mama noch der Mensch war, den man nienienie verlassen wollte. Ich bin Kosmopolit - aber mein Deutsch-Sein und mein Katholisch-Sein ist die Basis dafür. Beides gibt mir die Wurzeln, die ich brauche, um mich weit in andere Länder und Kulturen hineinzudenken. Jede andere Kultur und jede andere Religion, mit der ich mich beschäftige, steht in Relation zu MEINER Religion und MEINER Kultur. Nicht in Konkurrenz, aber in Relation. Ich habe Angst, daß meine Kinder Entwurzelte im AyLe'schen Sinne werden. Denn sie haben hier kein Zu Hause. Fumi hat das schon formuliert, sie ist halt meine Verkopfte. Mir macht das Sorgen. Gruß, Elisabeth.
Hallo, Elisabeth, ich fühle mich verstanden. Das gibt ein Gefühl von Geborgenheit, danke. Wenn es gut läuft, dann ist der Unterschied ein Adelszeichen, ansonsten ein Kains-Mal. ggLG, AyLe
Hallo Ayle, ich kann dir nicht zustimmen. Ein bißchen von dem was auf fiammetta, saulute und dich zutrifft trifft auch auf mich zu. Als Kind hatte ich kein besonders schönes Zuhause, bin mein Leben lang immer hin und hergereist und hatte nie eine Heimat; bin ein Kind verschiedener "Kulturen" und Religionen. Ich hatte sogar das Glück neben einem Vater, der schon nicht-deutsch und nicht-christlich war auch noch einen Stiefvater zu haben, der nochmal was anderes war. Mein Vater ist leider viel zu früh gestorben, mein Stiefvater war/ist ein Choleriker der mir und meinen (Halb-)schwestern das Leben zur Hölle gemacht hat. Ich bin in Luxemburg, USA, verschiedenen Orten in D aufgewachsen und habe nie länger als 2 Jahre ein und dieselbe Schule besucht. In deinen Texten schreibst du immer ziemlich viele Behauptungen, was mir oft missfällt. Zum Beispiel schreibst du "Es gibt kein „man nimmt aus jeder Kultur das Beste“" und lässt diese Behauptung einfach so stehen. Doch, das gibt es, liebe Ayle. Es ist sowieso jeder Mensch anders, insbesondere in Deutschland gibt es soviele verschiedene (deutsche) Kulturen, Religionen/Konfessionen, sogar Sprachen. In deinem Nachbarhaus herrscht wieder eine andere Kultur als deine eigene und deine Eltern haben auch eine andere. Das haben mich meine Reisen gelehrt. Daher bin ich ein Mensch, der genau wie du ein Kind verschiedener Kulturen ist, in verschiedenen Ländern aufgewachsen ist, auch kein schönes Zuhause hatte und trotzdem überall meine Heimat finden kann. Ich finde auch immer Freunde (ist mit zunehmendem Alter aber auch nicht mehr sooo leicht), überall habe ich noch jemanden, dem ich manchmal schreibe und wenn es die Umstände erlauben, die ich auch manchmal sehe. Für mich ist die ganze Welt, die ganze Erde mein Zuhause. Du schreibst auch "Wo, wenn nicht in der Kirche, bei Gott und denen Gottes, kann ein Mensch sich fallen lassen, gehen lassen und doch darauf hoffen, aufgefangen, nicht gefangen, gehalten und doch nicht aufgehalten zu werden?". Na, ganz einfach: bei einer liebevollen Familie z.B. oder bei Freunden (ich meine die echten Freunde), vielleicht sogar in Sportvereinen, etc. Man muss halt offen sein für andere Menschen, dann öffnen die sich auch. Ich glaube überhauptnicht an kirchliche Institutionen. Noch eine Frage habe ich an dich: warum fehlen dir die Tugenden der jeweils anderen "Heimat", wenn du nicht dort bist? Sie sind doch bei dir, sind ein Teil von dir :) Unterrichte doch deine Mitmenschen in den Dingen, die du gut findest. Ich erzähle meinen Freunden z.B. oft kleine Geschichten, die ich selbst erlebt habe, um damit zu verdeutlichen wie bestimmte Situationen in anderen Kreisen verarbeitet werden, wie mit den Dingen woanders anders umgegangen wird. Die Menschen, die das nicht wissen, sind ja nicht von vornherein unempfänglich dafür. Meist öffnen sie sich dann sogar für das andere, ohne jemals weg gewesen zu sein und übernehmen sogar die ein oder andere Sichtweise. Ich weiss nicht, ob dir das weiterhilft, aber ich wollte es dir einfach mal dazu schreiben. Liebe Grüße, Mandana
Hallo, Mandana, vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Dein Lebensweg war/ ist ja tatsächlich eine Reise. Ich schließe aus meinen eigenen Erfahrungen und stelle für mich geltende Behauptungen auf. Der Fehler ist, dass ich sie nicht als nur für mich geltende Aussagen kenntlich mache. Da im Text jedoch immer wieder m.E. und meine Meinung zum Ausdruck kommen, habe ich da wohl geschlurt. Hmmm, es ist eine persönliche Angelegenheit, wie wir mit der Situation fertig werden. Ich habe es leider nicht geschafft, beheimatet zu sein. Ich fühle mich oft halb oder außen vor. Das ist mit Sicherheit zum Teil hausgemacht und liegt in meiner Persönlichkeit begründet. Dennoch sehe ich bei zahlreichen Wanderern diese Zerrissenheit und fühle mich dort "zu Hause". Ich kann das Gefühl nicht in meine Umgebung exportieren. Es fehlt die Einheit und das kann ich auch nicht dadurch erreichen, dass meine Freunde oder Nachbarn Teile übernehmen. Es ist "anders". Für mich ist das wie mit einer Sprache - wenn ich im Land der Sprache bin, dann ist es einfacher sich in sie fallen zu lassen, sie zu lernen, zu sprechen. Spreche ich sie aber in der linguistischen Enklave, dann bleibe ich an der Oberfläche. Dennoch ist ein Teil von mir hier zu Hause und glücklich ohne wenn und aber. Aber ein anderer Teil ist traurig. Gilt nicht für alle, für alles, aber ich dachte, das verstünde sich von selbst. Danke für das Aufmerksammachen AyLe
"Dennoch ist ein Teil von mir hier zu Hause und glücklich ohne wenn und aber. Aber ein anderer Teil ist traurig." Genauso ist es bei mir. Nur dass ich nicht nur ein Teil habe, das traurig ist, obwohl ich mich momentan hier in Deutschland am wohlsten fühle, weil ich mit 18 mein Elternhaus verlassen habe und dort in Litauen nie ein Erwachsenenleben geführ habe, auch wenn an der Grenze zum Erwachsenwerden, und erst hier erwachsen wurde und dieses Land hat mich sehr stark geprägt und gleichzeitig eine Ablehnung hervorgerufen. Eine Hassliebe, sozusagen.
Hm, ich find es zwar sehr schön und beeindruckend geschrieben, aber mit dem Inhalt kann ich mich nicht anfreunden. Ein Mensch hat viel mehr Wurzeln als Herkunft und Religion! Wurzeln sind Freunde, Bekannte, Familie und ganz vorne weg Erlebnisse, Schicksale, Gelerntes. Daran baut man sich auf, daran hält man sich fest, und fast jeder Mensch mußt die ein oder andere Wurzel schon kappen oder sie wurde gekappt und dennoch sind sie gegenüber anderen verständnisvoller. Die dickste Lebenswurzel ist meiner Meinung nach die eigenen Erfahrungen, und wie wer damit umgeht liegt an einem selbst, aus fast allem kann man etwas positives ziehen, ob es nun ein hin und her durch die Länder ist, oder eine neg. erfahrung in der Kirche, pos. wäre in dem Falle, dieser dann konsequent den Rücken zu drehen und mit einem Lächeln diesen "Haufen der Korruption" nicht mehr zu beachten. LG Nina
Hi, Nina, danke für deine Antwort. Ja, sicher sind Wurzeln viel weiter zu definieren, je länger wir leben. Aber ich suche nach der Zugehörigkeit. Danach sagen zu können: DAS bin ich. Und nicht: das, aber auch noch das... Es ist eine Bereicherung, aber auch eine Last. Nämlich, weil man die Welten in sich trägt, die unterschiedlichen Prägungen zusammenbringen muss und das kostet Kraft. Das erzeugt innere Spannung und Zerrissenheit. Und Du hast Recht: es liegt auch an uns. LG, AyLe
Aber die Erkenntnis habe ich noch nicht lange. Bin jedoch froh, sie nun zu haben. Wir haben auch einen "Heimatlosen" in der Familie und ich fange erst jetzt, nach fast 20 Jahren, an, diese Seite an ihm zu verstehen. Und das beginnende Verständnis habe ich erst, seit ich ihn in seiner eigentlichen "Heimat" erlebt habe. Es ist wirklich für Schon-immer-Deutsche/Insider sehr schwer nachzuvollziehen. Aber wie so oft ... sehr schön von dir herausgearbeitet, Ayle. Bravo ! Und gerade heute bin ich sehr froh, von dir daran erinnert worden zu sein.
... wer er ist. Innere Zerrissenheit muß nicht unbedingt was damit zu tun haben dass man nicht weiß wo man herkommt, das muß nicht unbedingt heimatbezogen sein. Kommt auch schon mal daher dass man nicht weiß wo man hingehört, und das kann auch Leute treffen, die hier eine Heimat haben und die in ihrem Elternhaus, ihrer Familie ein profundes back-up haben LG
keiner. Hi, LW, aber auf die reduzierte Frage: UNd... wann soll es zurück gehen in die Heimat - antwortest Du mit.................???? Ich finde natürlich, dass die Frage nach dem "wo gehöre ich hin" Zerrissenheit erzeugt, aber aus der Situation einer gefestigten emotionalen Zugehörigkeit in punkto gesellschaftl. bzw. rechtl. Nationalität. LG, AyLe
weißt Du Ayle, ich glaube heimat ist oftmals genau das, was man verloren hat. Als ich als Kind vom Bauernhof in die Großstadt zog, fühlte ich mich mies und fand es schrecklich, als ich dann von der Großstadt auf platte Land zog, habe ich die Stadt vermißt. Aber das lag nicht am Ort oder am Haus, sondern an den Menschen und einfach daran, daß man sich "neu" fühlt. Manche menschen fühlen sich überall zu Hause, die haben keinen echten dauerhaften Bezug für einen Ort, Kultur, Religion, die können dem NEUEM schnell etwas abgewinnen und lernen schnell neue Leute kennen, andere können das nicht, die werden sich nie irgendwo zu Hause fühlen. LG Nina
danke für deinen Beitrag, ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen, als ich deine Zeilen las, als ob du die ganze Zeit meine Seele und deren Suche beobachtet hast. Du hast sehr gute Beobachtungsgabe in diesen erschwerlichen Bedingungen einer virtuellen Plattform, wo man nur Bruchteile einer spontanen Bekenntnis zusammenflicken kann und auch als Betroffene eine unglaubliche Empathie. Ich kann nicht zur Ruhe kommen und werde es wahrscheinlich nie mehr können, weil wie du schriebst, die Entwurzelung eine schwere Krankheit ist, zumindest für mich, die für mich mit zarten 18 Jahren stattgefunden hat. Egal wo ich bin, ich sehne mich schon wieder nach etwas anderem, fast immer nach der Vergangenheit, nicht weil sie besser war oder ich sie idealisieren würde, sondenr weil einzig die Vergangenheit imstande ist, mir die Verborgenheit zu geben, der ich mein lebenlang hinterher laufe. Es schrecklich einsam, in der Vergangenheit leben zu müssen, als in meinem wahren Zuhause. Der krasse Wandel, innerhalb von 3 Jahren 4 Länder gewechselt zu haben, hat in mir eine Sucht ausgelöst, weiter zu wandern, bis ich ankomme und gleichzeitig eine schreckliche und grauenhafte Entdeckung beschert, dass es nie mehr mit mir passieren wird. Mit dieser endgültigen Erkenntnis zu leben, wünsche ich keinem Feind. Ich lebe wirklich zwischen den Welten, wie du schriebst, da in jeder Welt ich mich wie ein Protagonist fühle, der eine lächerliche Nebenrolle spielt, platt ausgedrückt, ich lebe ständig wie in einem falschen Film. Selbst meine Tochter hat es mehr oder weniger übernommen. Sie lebt in allen drei Sprachen, die sie alle gleichwertig beherrscht (was nicht unbedingt normal ist, denn eine Sprache dominiert immer), wie in 3 verschiedenen Welten, mit verschiedenen kulturellen Kontexten, Liedern und Vorlieben. Irgendwie tut mir mein Kind leid... Das schlimme ist, dass ich zu meinem Volk genauso distanziert bin, wie zu jedem anderen und nicht wirklich daraus irgendeine beheimatete Kraft schöpfen kann. Ich kann es genauso nur von außen empfinden und die gleiche objektive Kritik ausüben, wie bei anderen auch. Ich danke dir für diesen Impuls, das hier nochmal alles für mich zu ordnen und niederzuschreiben. nachdenkliche Loretta
Hi, sagenhaft, eine treffendere Beschreibung ist nicht machbar! Ich bin inzwischen ziemlich müde, so dass ich nicht länger darauf antworten kann, aber: klasse und bis ins Detail treffsicher. Ich teile Deine Ansichten absolut. Ich danke Dir, denn so hätte ich selbst es nicht formulieren können. Herzliche Grüße Fiammetta
danke dir fuer diese zeilen es geht mir leider nicht anders.. bin weder hier in portugal noch in wien zu hause.. lebe auch zwischen 2 welten, sehr verschiedenen und fuehle mich weder hier noch dort dazugehoerend. und das eigentlich schon so lange ich denken kann. man sehnt sich immer nach was, und weiss oft gar nicht nach was. Cristina
Hey, interessantes Thema!! Schön gesagt von AyLe... ich stimme nicht in allen Punkten damit überein, aber doch in vielen... ich kenne viele Menschen, deren Seele rastlos ist und nicht in der Lage ist, den vielen physischen Ortswechseln der Person zeitnah zu folgen. Mein Mann ist einer dieser Menschen, und die Entfernung ist nicht nur räumlich, sondern auch auf andere Entwicklungen bezogen. Er braucht ab und an auch mal 3 Jahre um Veränderungen in seinem Umfeld voll und ganz seelisch zu verarbeiten und seinen inneren Frieden damit zu finden. Ich kenne auch viele Leute, die sich entwurzelt fühlen. Ich selbst kann es nicht gut nachvollziehen, denn ich fühle mich eigentlich überall irgendwie wohl - ich bin wirklich eine derer, die versuchen aus jeder Veränderung das Positive mitzunehmen, und damit geht's mir echt gut. Ich habe eine Heimat, und ich bin nach langer Reise in diese Heimat zurückgekehrt um festzustellen, dass ich mich zu sehr verändert habe, als dass mir dieses Umfeld für meine Wurzeln noch genügend Halt geben könnte. Ich habe mit meinem Mann und mit Kevin-Justin jetzt an einem anderen Ort, der sowohl für meinen Mann als auch mich fremd war, neuen Mutterboden gefunden... eine tolle Erfahrung. Die Leute hier sind als bodenständig und eher kontaktscheu verschrieen, und man wundert sich, dass wir uns so schnell in die Gesellschaft haben einfügen können. Ich seh das so: es ist eine Frage der Einstellung! Warum Entschuldigungen dafür finden, dass man sich nicht wohlfühlt... man kann es einfach akzeptieren und das Beste draus machen! Man kann nicht beeinflussen, in was für ein Leben man hineingeboren wird, aber man kann schon in gewisser Weise sein Leben in die Richtung lenken, die einem liegt. Ich denke, dass es OK ist, wenn man auf der Suche danach ein paar Sackgassen ansteuert, aber wer dann nach 30 Jahren an einem neuen Ort noch immer mosert, die Leute seien einem so fremd, der hat mein Mitleid nicht. :-( Gerade die Kirche hat mir übrigens sehr viel Halt gegeben - auch im Ausland. Aber auch da muss man eben die Augen aufhalten und ne Weile suchen, bis man die richtige Gruppe von Menschen findet, die einen nach vorne bringen. Ich wünsche all denen, die noch auf der Suche sind, dass ihnen die Augen bald aufgehen mögen und sie wissen, wohin sie gehören!
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