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Für mich aktuell: Sterbebegleitung

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Für mich aktuell: Sterbebegleitung

SelinaMama

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Hallo, ist für euch zwar kein aktuelles Thema, aber eines das mich seit gestern abend schwer beschäftigt und ich mir von der Seele schreiben muss. Ich arbeite seit 1 Jahr als ungelernte Pflegekraft (werde ab Mai eine Ausbildung machen) in einem Pflegeheim für Demente (in Dänemark). Seit 1 Jahr habe ich eine alte Frau begleitet, die seit 2 Jahren bettlägrig war, kaum mehr was geredet hat, gefüttert werden musste....... Seit einigen Wochen ging es ihr schlechter und seit Montag war klar, dass sie Terminalpatient ist. Hat seit Dienstag nichts mehr gegessen und getrunken. Es wurde nur noch Mundpflege gemacht, gewaschen, gepflegt.... Hatte jetzt am Wochenden zwei 12-Stunden-Schichten, somit stündlich von 7-19 bei ihr zum Wenden und Pflegen. Samstag konnte man schon sehen, dass es dem Ende zugeht. Gestern über den Tag ging es stündlich schlechter, wobei sie gar nicht mehr wach wurde, aber es waren keine Widerstände mehr da. Bin dann kurz vor Feierabend um 19 Uhr rein um mich von ihr zu verabschieden und um ihr eine gute Reise zu wünschen. Beine, Hände und Wangen war schon kälter, die Augen halb geöffnet und schwere Atmung. Sie ist dann gestern um 21.30 gestorben. Für mich war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich jemanden sterben sah und es wühlt mich doch sehr auf. Meine Mama starb vor 15 Jahren an Krebs, ihr Tod kam dennoch überraschend und obwohl ich sie gleich 15 min nach ihrem Tod sah, konnte ich sie nicht mehr berühren. Ich hatte bisher große Berührungsängste damit. Dennoch dachte ich mir gestern beim Heimfahren, ich hätte dort bleiben sollen und ihr die Hand halten sollen. Denn ihre Kinder wollten nicht mehr kommen, sie waren der Meinung, sie würde das eh nicht mitbekommen. Das ging uns sehr nahe. Für sie war/ist es das Beste, das steht außer Frage und ich gönne ihr den Frieden und den Tod. Es werden noch viele solche Momente für mich kommen und jetzt weiß ich, dass ich jemanden in den Tod begleiten kann. Und ich glaube nicht, dass man jemals so professionel wird, dass es einen nicht mehr berührt. Danke fürs Zuhören SelinaMama


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

kann nichts schreiben, nur:


Sakra

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ich erlebe auch grade gedanklich das sterben meiner beiden omas, welches ja noch recht frisch ist. die sterbenden bekommen sehr wohl mit, wer in der schwersten stunde bei ihnen ist. meine oma hat während ihrem letzten atemzug noch einmal die hand meiner mutter gedrückt. und die oma die vor 3 wochen starb, ist wirklich einfach eingeschlafen, das ging innerhalb von 2 min. meine mutter wollte auch diesmal dabei sein, weil es den sterbenden unheimlich beruhigt, wenn sie sich nicht allein wissen. ich bewundere jeden der diese kraft aufbringt, diesen letzten dienst für einen menschen. mittlerweile denke ich auch anders über dieses thema und ich könnte mir sehr gut vorstellen, auf einer palliativstation zu arbeiten und diesen menschen noch ein paar *schöne *letzte wochen zu bescheren.


nonna

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Antwort auf Beitrag von Sakra

...aberleider ist es nicht jedem Menschen gegönnt, oder nicht möglich. Bei meinem Vater vor einem halben Jahr habe ich 4 Tage 24 Std durch an seinem Bett gesessen, ihn berührt gestreichelt geredet.(Wir holten ihn zum Sterben nach Haus) Meine Geschwister konnten das nicht. Sie sahen ihn, und mussten den Raum verlassen. Dabei war ich diejenige von uns 3en, der am meisten davor grauste.Es lag einfach daran, dass ich ihn jede Minute lang bei mir haben wollte (ich weiss, egoistisch), aber auch, dass ich ihm zeigen und beweisen wollte, dass ich ihn liebte, egal in welchem Zusatnd er war (und es war weiss gott kein schöner Anblick). Woher ich die Kraft nahm weiss ich nicht. Aber ich weiss, dass es ihm gut tat, auch wenn er nicht mehr sprechen konnte. Er hat meine Hand gedrückt, und auch wenn ich ihn umarmt hab, raunte er leise auf.Er starb dann mit einem Lächeln. Meine Geschwister und auch meine Mama waren nicht in der Lage, ihn so intensiv zu begleiten. War ich bei ihm, gings auch mir gut, verliess ich den Raum, musste ich weinen. Seitdem denke und sehe ich den Sterbeprozess anders. Bewusster, mit weniger Angst, obwohl ich mitansah wie schwer er leiden musste.. Welcher Mensch möchte allein sein, wenn er geht? Welcher Mensch hat so wenig Respekt verdient? Wo ist die Liebe und Fürsorge, die auch er vorher gab, und ihm nun genauso gebührt? Ich habe Hochachtung vor den Menschen, die sich dafür engagieren, und mit Leib und Seele für sterbende Menschen da sind. Es ist ein bisschen was für unsere Seele, wenn wir was geben können. Und der Dank dafür ist ein reines Gewissen, den Menschen friedlich und weniger ängstlich vielleicht und auch vielleicht freier in einen anderen Raum gehen zu lassen.Und da schliesst sich der Kreis. lg nonna (die sich heut mal gespart hat, alle anderen Postings dazu zu lesen)


Zzina

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

schön (wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt das Wort schön benutzen kann) das Du für die alte Dame so da warst und ihr mit Gefühl und Würde soviel Zuvertrauen gegeben hast. gut das es solche Pflegekräfte und Betreuer gibt....


kikipt

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

so wie du bei deiner mama angst hattest sie zu beruehren geht es auch anderen man kann anders damit umgehen wenn es einen nicht "selber betrifft" auch wenn das gerade sehr bloed klingt. ich denke gewoehnen wird man sich nie daran. und es wird immer ein stueck von dir mit dem menschen gehen den du begleitet hast. es kann auch nicht jeder mit dem thema tod umgehen. es ist nicht rational begreifbar. dieses endgueltige, dieses aus macht es fuer viele um vieles schwerer. mein vater ist auch an krevs verstorben vor bald 17 jahren. und es wird nicht einfacher. im gegenteil. ich denke mehr als da sein kannst du nicht und das ist zu den heutigen zeiten sehr sehr viel Cristina


SelinaMama

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Antwort auf Beitrag von kikipt

Zum Thema Würde: ich habe es ja zum ersten Mal gesehen, wie so etwas auch aus Personalsicht vor sich geht. Das Zimmer war die ganze Zeit nicht mehr taghell erleuchtet, es wurde eine CD eingelegt mit schöner ruhiger klassischer Musik. Die ganze Pflege, das stündliche Wenden ging in aller Stille und Ruhe ab, keine schnellen Bewegungen, keine lauten Worte. Sie wurde immer wieder gecremt, die Haare nach jedem Wenden gekämmt. Es wurde leise mit ihr gesprochen. Es war eine sehr angenehme Atmosphäre. Zum Thema Angehörige: es lag nicht an Berühungsängsten, die Töchter waren die letzten Tage schon immer wieder da, konnten aber nichts damit anfangen, dass sie keine Reaktion mehr von sich gab. Sie wurden dann um 17 Uhr angerufen, dass es bald soweit wäre, da meinten sie dann, sie würden nicht kommen, weil sie ja nichts mitbekommen würde. Das fanden wir sehr sehr traurig. Meine Kolleginnen (auch eine Krankenschwester) haben dann übernommen und sich 10minütlich zu ihr um in der letzten Minute bei ihr zu sein. Lg.


Minimonster

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Das erinnert mich so sehr an das Sterben meines Vaters, drei Jahre ist es nun schon fast her. Wir saßen bei ihm in den letzten Tagen, meine Schwestern, meine Mutter und ich. Es fiel ihm schwer loszulassen, er trug noch manche Last mit sich, und auch wenn er die letzten Tage/Stunden nicht mehr geredet hat und fast nur mit geschlossenen Augen da lag, weiß ich, dass er uns gespürt hat. Ganz zum Schluss hat er nochmal die Augen geöffnet und - ich saß gerade am Bett - meine Hand gedrückt. Irgendwie merkte ich da, dass es jetzt der endgültige Abschied war und rief meine Familie. Wir haben ihn alle im Arm und an der Hand gehalten, als er starb. Nicht um ihn "festzuhalten" bei uns, sondern um ihm unsere Liebe zu zeigen. Ich vermisse ihn ziemlich, auch wenn unsere Beziehung zu Lebzeiten nie wirklich innig war. Und jetzt wird meine Mutter zusehends alt und ihre Kräfte lassen nach... das ruft wieder alles so wach


SelinaMama

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Antwort auf Beitrag von Minimonster

...ich vermisse meine Mama auch...


Reni+Lena

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

ich finde es toll von dir, dass du das gemacht hast und unmöglich dass man es dir zugemutet hat. Du bist ungelernte pflegekraft und das hätte für dich psychisch komplett anders ausgehen können. eigentlich gibt es dafür speziell ausgebildete Sterbebegleiter, sei es ein geistlicher oder auch jemand von einer sozialen Einrichtung die sowas "lernen". Doch..man kann so professionell werden dass es einem nichts mehr ausmacht, das geht aber nur, wenn man den Tod als teil des lebens akzeptieren kann und eine gewisse Distanz zwischen beruf und privatleben hat lg reni


SelinaMama

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Antwort auf Beitrag von Reni+Lena

Ich musste es nicht tun ! Ich wurde auch einige Male gefragt ob es okay für mich wäre und ich habe wider Erwarten war ich bereit dafür !


oma

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Antwort auf Beitrag von Reni+Lena

Wir alle verlieren Angehörige und Freunde und wir alle müssen selbst einmal sterben. Ich habe meinen Vater, der im delirium tremens starb, zum letzten Mal 2 oder 3 Tage vor seinem Tod gesehen. Okay, ich wusste nicht, dass er sterben wird, er war gerade erst 43 und ich 19. Aber die Schuldgefühle, dass er so allein gestorben ist, waren schlimmer als die Hölle, die er mir die 19 Jahre davor bereitet hat. Meiner Schwiegermutter hatte ich mal versprochen, dass sie nicht allein sterben muss. Und als sie dann völlig unerwartet einen Schlaganfall hatte, habe ich sofort alle Kinder und Schwiegerkinder mobisiliert, damit wir abwechselnd rund um die Uhr, also auch in der Nacht, bis zu ihrem Tod an ihrem Bett saßen. Es war sehr schwer, meinen Mann und seine Brüder davon zu überzeugen, dass es gut und richtig ist für ihre Mutter und für sie selbst, aber am Ende waren alle dankbar dafür, dass wir sie so liebevoll in den Tod begleitet haben. Und genauso haben wir es bei meinem Schwiegervater gehandhabt, der 9 Monate später starb. Ich finde es furchtbar, dass die Töchter ihre Mutter so allein gelassen haben, und ich finde es wunderbar, wie deiner Schilderung nach die Kranke wenigstens von Fremden in Würde verabschiedet wurde. Wir leben in einer merkwürdigen Welt...


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von oma

ich habe meine eltern nicht begleitet, weil beide im koma lagen, bevor sie starben. rund um die uhr wäre nicht möglich gewesen und ich habe deswegen kein schlechtes gewissen. ich möchte das auch nicht von meinen kindern verlangen. wenn es geht, ja, aber nicht um jeden preis.


Reni+Lena

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Antwort auf Beitrag von oma

Es ist aber ein Unterschied ob man jemanden fremden begleitet oder die eigenen familienangehörigen. Lg reni


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Reni+Lena

ja klar. wahrscheinlich ist es leichter, fremde zu begleiten, als familie. deswegen würde ich es nicht erwarten von meiner familie und hochachtung vor dem beruf. ich könnts nicht. vll noch bei der familie, wenn es die umstände ermöglichen. bei schwiegers sicher nicht.


Reni+Lena

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leichter bei Fremden..naja... Es ist bei fremden vermutlich leichter, weil man emotional nicht betroffen sit wie bei der eigenen Familie, aber es ist schwerer das richtige zu tun..sich in den Sterbenden reinzuversetzen, zu spüren was er braucht, die Angehörigen mit zu betreuen usw. Sterben ist nicht immer friedlich..wirklich nicht....und was beim eigenen Angehörigen als ok empfunden wird, kann beim fremden als abstoßend, ekelig empfunden werden. ich kanns dir nicht genau sagen, habe noch keinen Angehörigen verloren.. lg Reni


Claudia36

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

schön das du dir die Zeit genommen hast um die alte Dame nicht allein sterben zu lassen. Leider ist das nicht immer so. Bei uns ( ich arbeite auf Intensiv) steben die Patienten sehr oft alleine. Erst letzte Woche starb eine Frau, wo wir noch die Kinder angerufen haben ob sie nicht kommen wollten , sie war erst frisch operiert und hat es aber nicht geschafft....und die Kinder sagten nein wir kommen nicht. Leider haben wir als Pflegepersonal nicht die Zeit uns ans Bett zusetzen, leider haben wir nicht die Möglichkeit leise Musik zu spielen und Ruhe auszustrahlen ....leider müssen wir auch wenn jemand im Sterben liegt unsere Arbeit weiter machen, leider liegen diese Patienten fast nie in einem Einzelzimmer ( sondern teilweise auch im 4 Bett Zimmer) Ich finde es ganz toll, das du so nett darüber berichtet hast und die Frau wirklich in Ruhe gehen konnte.


SelinaMama

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Antwort auf Beitrag von Claudia36

Wir haben Gott sei Dank die Zeit, wir haben derzeit 16 Bewohner (jetzt 15) und sind an der Tagscht 6 Personen und Abendschicht 4 (bis 19 Uhr 5 Personen). Weiß nicht wie das in Dtl. ist in einem Pflegeheim, aber wie gesagt unseres ist auch spezialisiert für Demenzkranke und Psychischkranke.


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

Als meine Mama starb, waren mein Onkel, meine Oma, mein Bruder und ich an ihrem Bett und hielten ihre Hand. Wir hatten da eine 24 Stunden Betreuung. Also, auch mein Vater und meine Schwester waren immer an ihrem Bett (wir wechselten uns alle immer wieer ab) In dem Moment, als mein Vater 3 Monate später starb, war er ganz alleine. Er hatte einen Unfall und lag danach noch 2 Wochen in Erlangen in der Uniklink. Wir fuhren zwar so oft wie es ging dorthin (ca 250 km), und auch da wechselten wir uns alle ab, mein Schwager war gerade auf dem Weg zu ihm, als er völlig überraschend starb (wir hatten schon einen Rehaplatz für ihn etc). Er lag seit dem Unfall im Koma und wachte auch nicht mehr auf. Auch meien Mutter lag die letzte Woche nur noch im Koma. Aber trotzdem hatte ich bei beiden das Gefühl, nein die Gewissheit, dass sie wussten, dass wir da waren. bei ihnen. dass sie nicht alleine gehen mussten. Und bei meinem vater bin ich mir ganz sicher, dass meien Mutter ihn zu sichgerufen hatte. Sie waren beide noch so jung (61+64) und waren seit 44 Jahren verheiratet gewesen...


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von SelinaMama

als mein Papa gestorben ist, war er nicht allein.........seine Enkelin (meine Tochter Nadine, damals 2 Jahre alt) war als einzigste bei ihm.......:-( er und Nadine waren im Wohnzimmer (meine Mama und ich waren in der Küche) und mein Papa ist einfach umgefallen und war tot.... Nadinchen hat mir letztens noch erzählt, das der Opa zu ihr gesagt hat, er muss sich hinsetzen (aufs Sofa) und das er einfach vom Sofa "gefallen" wäre.....(mein Papa lag zwischen Sofa und Couchtisch) Er wollte nur Schokolade für Nadinchen im Wohnzimmerschrank holen........:-( lg, Andrea ps. ICH finde es sehr toll, das du diese ältere Dame........nicht allein gelassen hast!!!!