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Geschrieben von saulute am 17.01.2006, 13:17 Uhr

Film Brüder Karamasov

Gestern Abend habe ich mir die amerikanische Version von "brüder Karamasov" bei MDR angesehen. Gott ist mir schlecht, ich könnte kotzen. Wenn Dostojevski diesen Film sehen könnte, würde er sich im Grab umdrehen. Allein schon die Filmsprache. Diese Sprache hat Dostojevski übrhaupt nicht in Mund genommen, wo haben die sie her? Oder sprechen die Schauspieler so, damit der dumme amerikanische Durschnichtszuschauer auch wirklich die Handlung versteht.
Andere Beispiele:

Gruschenka ist in Dostojevskis roman zwar eine für damalige Zeit verwegene Frau, ist aber in ihrem Herzen todunglücklich, weil ihre Liebe verschmäht wurde und nun quält sie andere und quält sich selbst dabei. aber Maria Schell in der Rolle der Gruschenka grinst sich durch den ganzen Film durch. Abartig.
Und das Finale ist nicht zu toppen:
Im Buch: Dmitrij Karamasov schlägt einen alten ehrwürdigen und bettelarmen Soldaten vor den Augen seines kleinen Sohnes ins Gesicht. Diese Schande kann der Soldat nicht verkraften, sein kleiner Sohn um so mehr. Daraufhin wird der Junge sehr krank. Karamasov versucht mit Geld und Geschenken um die Verzeihung zu bitten, doch die Würde des soldaten und seines Sohnes läßt es nicht zu. Schließlich kommt Dmitrij persönlich und entschuldigt sich.

Kurz darauf stirbt der Sohn des Soldaten. Der Vater trägt still und schweigend seinen Sohn (es ist Winter)zu einem Ort, wo er ihm ein Grab gräbt und kommt dann nach Hause. Er sieht die Schuhe seines Sohnes und bricht im Weinen zusammen, und das einzige was er noch stammeln kann ist: (und das ist eine ganz wichtige Passage, die einen tiefen einblick in die russische Mentalität einwerfen läßt, wenn man es versteht.): "Saposchki to sdes a noschki to gde!" (Die Schühchen sind da, wo sind aber die Beinchen!). Obwohl ich damals, als ich das Buch las, keine Kinder hatte, habe ich Rotz und Wasser geheult. Ausserdem hat es aus dem Kontext gerissen natürlich nicht diese Wirkung.
Im Film aber (jetz halt euch fest)kommt der Karamasov zwar sich entschuldigen, doch dann ist der Junge und der Vater happy, der junge setzt sich im Bett auf (suggeriert dem Zuschauer, dass er gesund wird) und der Film endet hier.
Die Amerikaner sollten besser von der klassischen russischen Literatur die Finger davon lassen. Wenn jemand in Europa sich annähernd gut russiche Literatur interpretieren und Mentalität verstehen kann, dann sind es Franzosen.

 
2 Antworten:

Re: Film

Antwort von Jake94 am 17.01.2006, 14:02 Uhr

Es hat schon seinen Grund, warum die Autorin von Harry Potter nicht wollte, daß die Amis ihre Bücher verfilmen.

Hut ab vor dieser (richtigen) Entscheidung!

LG
Kerstin

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Re: Film

Antwort von Rio am 17.01.2006, 14:05 Uhr

Hallo,

ohne Ahnung von russischer Literatur zu haben, kann ich dir trotzdem beipflichten.

Als Europäer sollte man sich die nachgedrehten Ami-Versionen europäischer Filme überhaupt nicht anschauen: geglättet, abgeflacht, inhaltlich gekürzt bis verstümmelt und bei solchen Extrembeispielen auch noch komplett sinnentleert, wenn das Ende verändert/geschönt wird.

Ein schlimmes Beispiel: "Spurlos" von George Sluizer. Einmal in der nierderländischen Version, dann die nachgedrehte Hollywood-Version (die Sluizer ebenfalls drehte *schande*)
Das Ende auch komplett anders. Wo die original-Version düster und mit einem Paukenschlag endet, mußte Hollywood noch ein neuerfundenes "Happy-End" dranhängen.

Ich habe noch keinen einzigen Film gesehen, bei dem die amerikanische Version auch nur annähernd das europäische Original erreicht hätte.
Okay doch, einen: drei Männer und ein Baby. Gefällt mir im Original zwar besser, aber die Ami-Version ist auch ganz nett anzuschauen.

Wenn ich weiß, dass ein Film ein Hollywood-Nachdreh eines europäischen Films ist, schaue ich ihn mir meistens gar nicht mehr an.

Viele Grüsse,
Rio

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