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Geschrieben von Ralph am 02.12.2004, 15:33 Uhr

Das ist eine sehr heikle Sache... (sehr lang)

Hallo Shania,

erst einmal vorweg: Wenn Deutschland einmal so arm sein sollte, daß es nicht mehr Zahlland wäre, dann ist der Ofen mit der EU auch aus. Ohne die deutschen Zahlungen nämlich wird nichts gehen, wer soll den diese Milliarden übernehmen? Im Übrigen gehe ich davon aus, daß mit Deutschland zugleich auch Frankreich untergehen würde, und dann ist die EU sowieso am Ende, finanziell, wirtschaftlich und politisch.

Ganz abgesehen davon, daß die EU, früher die EG und auch deren Vorläufer EWG, immer von den teilweise wirklich faszinierenden Europa-Visionen der Politiker dieser beiden Länder profitiert haben. Deutschland und Frankreich haben, bei allen Differenzen, zusammen Europa geträumt, so manches davon ist umgesetzt worden.
Noch heute kann mann salopp sagen, daß, wenn die Achse Berlin - Paris Schnupfen hat, Europa unter Grippe leidet. Das Beklagenswerte ist in diesen Phasen, daß beispielsweise England oder gar Spanien als europäische Vorreiter mit schöner Regelmäßigkeit kläglich versagen.

Und jetzt zum eigentlichen Thema:

Ein EU-Beitritt der Türkei.. damit habe ich derzeit noch Bauchschmerzen. Einerseits haben sich die Türken in der Vergangenheit immer wieder dem Westen zugewandt. Sie sind der einzige Staat, der im islamischen Bereich den ernsthaften und doch weitestgehend erfolgreichen Versuch unternommen hat, Religion und Staat voneinander zu trennen. Das Erbe Attatürks wirkt bis heute, und das halte ich für eine sehr große Errungenschaft. Desweiteren würde eine langfristige Ablehnung der Türkei dieses Land derartig destabilisieren, daß daraus ein Pulverfaß würde, daß niemand mehr unter Kontrolle bringen könnte. Eine im Inneren stabile Türkei ist völlig im europäischen Interesse, da sind, das sage ich ganz offen, auch sehr egoistische Aspekte mit im Spiel.

Andererseits stelle ich zumindest derzeit sehr in Frage, ob bei einer EU-Mitgliedschaft der Türkei mit der damit verbundenen Freizügigkeit der Türken innerhalb EU-Europas der soziale Friede gesichert bleibt. Ich befinde mich da noch voll in der Meinungsbildung, und die wird auch noch einige Jahre anhalten. Zum einen höre ich, daß selbst hier geborene Türken sehr mißtrauisch gegenüber ihren eigenen Landsleuten in der Türkei sind (sie erwarten nicht die Abenteurer und klugen Köpfe aus der Türkei in Europa, sondern mehr diejenigen, die bereits in der Türkei nichts werden), zum anderen sehe ich noch nicht einmal die heutigen Integrationsprobleme gelöst. Diese würden aber ins Unermeßliche stéigen, wenn die Integrationsbereitschaft so mancher Türken nicht erheblich gesteigert wird.

Ferner habe ich Probleme damit, wie konservative türkische Männer mit ihren Frauen umgehen, das möchte ich Deutschland einfach so nicht haben, nicht dulden und nicht tolerieren. Solange Frauen in Teilen dieses Kulturkreises mehr oder weniger als Ware angesehen werden, möchte ich die Türkei in der EU nicht sehen.

Dann kommen noch politisch-demokratische Defizite hinzu. Gut, das ist vielleicht noch das Einfachste, politischer Voraussetzungen für Besserungen zu schaffen.

Ich habe da hinsichtlich der Kultur meine Berührungsängste, ich wehre mich gegen meine aufkommenden Vorurteile, wohlwissend, daß diese mehr schaden als nützen.

Derzeit lehne ich "vorsichtshalber" einen EU-Beitritt der Türkei kategorisch ab, aber zumindest bei mir ist das kein endgültiges Votum, ich will und muß erst einmal mehr wissen, um wirklich abwägen zu können.

Nehme ich Menschen wie Kaplan als Maßstab, oder den ehem. Vorsitzende der PKK (wie hieß er noch...Ökcan??), dann darf die Türkei nie im Leben EU-Mitglied werden wegen der erwähnten Freizügigkeit...

Nein, für ein abschließendes und klares Votum brauche ich noch Zeit. aber ich hoffe dennoch, einige Pro- und Contra-Argumente zum Diskutieren geliefert zu haben. :-)

Viele Grüße
Ralph/Snoopy

 
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