Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
ich bin 32 Jahre alt und seit 2010 in pschiatr. Behandlung wegen einer Erschöpfungsdepression. 2012 wurden im Frühjahr die Medikamente (Sertralin 50 mg und Trittico 50mg) reduziert und langsam ausgeschlichen. Dennoch gab es im Herbst 2012 einen Rückfall mit erneuter Medikamentation (anstatt des Sertralins wurde mir Cipralex verordnet). Seitdem bin ich zunehmend stabil, allerdings habe ich das Gefühl ohne Trittico keine Erholung im Schlaf zu finden.
Im Embryotox finde ich keine Angaben zu Trittico.
Darf ich Sie um Ihre Einschätzung bitten. Bzw. ist ein Wechsel von Cipralex zu Sertralin empfehlenswert, sofern ich eine Absetzung der Medikamente nicht schaffe. Ist es ratsamer den Kinderwunsch noch hinauszuzögern?
Vielen lieben Dank für Ihre Bemühungen!
Mit liebem Gruß
Eva-Sarah
von
Eva-Sarah
am 21.08.2015, 11:18
Antwort auf:
Kinderwunsch trotz Cipralex 50 mg morgens und Trittico 50 mg abends!?!
Bei Trazodon handelt es sich um ein Antidepressivum vom Piperazin-Typ.
In Tierversuchen mit Ratten und Kaninchen ergab sich kein Anstieg der Fehlbildungsrate unter 2,5- bis 38-facher humantherapeutischer Dosis.
Eine Fallsammlung von 12 Schwangerschaften unter Trazodon berichtet von 2 Spontanaborten und 10 unauffälligen Neugeborenen (McElhatton et al 1996).
Bei einer Erhebung in Michigan zeigte sich bei 112 Frauen nach Verschreibung von Trazodon im I.Trimenon kein Anstieg der Fehlbildungsrate (Rosa 1994).
Eine teratologische Beratungsstelle erfasste 58 Schwangerschaften unter Therapie mit Trazodon im ersten Trimenon. Darunter befand sich lediglich ein Kind mit einer schwereren Anomalie (Einarson et al 2003).
Wir verfügen bislang über 44 Rückmeldungen nach Exposition mit Trazodon im ersten Trimenon:
1 Schwangerschaftsabbruch (psychosoziale Gründe)
9 Spontaborte
34 unauffällige Neugeborene
Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko ist aufgrund der aktuellen Datenlage für Trazodon nicht zu erkennen. Allerdings liegen in der Schwangerschaft für andere Antidepressiva wie Sertralin, Citalopram oder Amitriptylin noch größere Erfahrungen vor.
Bei Escitalopram (Cipralex) handelt es sich um das linksdrehende Enantiomer von Citalopram.
Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden.
Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Escitalopram in der Schwangerschaft durchaus vertretbar. Bei moderater Tagesdosis (5 – 10 mg) wären auch keine gravierenden Anpassungsstörungen beim Kind nach Geburt zu befürchten.
Eine neuere Übersichtsarbeit sieht – wenn überhaupt – allenfalls ein geringes Risiko von weniger als 1% für die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie des Feten bei mütterlicher Therapie mit SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Ein Verzicht auf eine erforderliche Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft erscheint daher nicht sinnvoll ('t Jong et al 2012).
Eine Umstellung von Escitalopram auf Sertralin würde keine besonderen Vorteile im Hinblick auf eine Schwangerschaft bringen.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 27.08.2015