Frage: schwache Sehstärke - Kaiserschnitt?

Ich habe am Wochenende erfahren, dass man mit einer Sehschwäche von ca. -9 Dioptrien einen Kaiserschnitt machen muss und dass am besten schon ca. 2 Wochen vorher, damit die Wehen nicht unbedingt einsetzen. Stimmt das? Lg Sarah 32. SSW

Mitglied inaktiv - 03.11.2011, 14:29



Antwort auf: schwache Sehstärke - Kaiserschnitt?

Hallo, zur Frage der Kurzsichtigkeit und/oder Netzhautablösung und dessen Konsequenz für den Entbindungsmodus lässt sich folgendes sagen: Nach wie vor wird noch oft die Empfehlung ausgesprochen, dass Frauen mit extremer Kurzsichtigkeit oder Problemen der Netzhaut unter der Geburt nicht pressen dürften und deshalb entweder eine vaginal operative Entbindung oder gleich ein Kaiserschnitt angestrebt werden sollte. Zu dieser Frage gibt es allerdings hilfreiche Quellen, die auch erwähnt werden sollten. Zunächst ist es die Augenklinik der Charité in Berlin (NATÜRLICHE ENTBINDUNG UND MYOPE DEGENERATION: EIN RISIKOFAKOR FÜR NETZHAUTKOMPLIKATIONEN?), die eine solche Auffassung nicht nachvollziehen kann. Fazit dort ist: “In dem untersuchten Kollektiv fanden sich repräsentative Schweregrade myoper Degeneration( =Kurzsichtigkeit). Nach natürlicher Entbindung waren weder Lochbildung, Blutungen noch Netzhautablösungen zu beobachten. Aus ophthalmologischer (augenärztlicher) Sicht sind Einwände gegen eine natürliche Entbindung bei myopen Schwangeren nicht begründbar“. In einer Arbeit von Gabriele Beata Kuba u. Peter Kroll; aus dem Jahr 1998, heißt es: "Die meisten in den letzten Jahren erschienenen Publikationen kommen jedoch zu einem gegenteiligen Ergebnis. In der Literatur wurde noch kein Fall beschrieben, bei dem während einer normalen oder komplizierten Entbindung eine Ablatio retinae (Netzhautablösung) aufgetreten wäre. Auch in einer 1975 von Schenk durchgeführten Umfrage wurde kein einziger Fall mitgeteilt. Der Autor, ebenso wie Funk, vertritt die Meinung, dass sowohl hochmyopen (stark kurzsichtigen) als auch zur Ablatio retinae prädisponierten Frauen (Frauen die zur Netzhautablösung neigen oder ein erhöhtes Risiko hierfür haben) eine Schwangerschaft und eine vaginale Entbindung zuzumuten ist, und dass durch verbesserte Operationstechniken bei Netzhautablösung keinerlei Indikation zur Abruptio besteht (18, 571). Auch Sunness und Landau befürworten eine normale vaginale Entbindung bei Patientinnen mit erhöhtem Risiko für Netzhautablösungen (36, 641), ebenso Neri, zumal Entbindungen mit Forzeps oder Vakuum mit höheren Geburtsverletzungen einhergehen [48]. Auch sprechen vor der Schwangerschaft durchgeführte Ablatio-Operationen nicht gegen eine vaginale Entbindung.“ Weiter heißt es dort: „... Man muss davon ausgehen, dass sich der Druck während des Pressens in alle Richtungen verteilt.... Aufgrund dieser Überlegung und der Tatsache, dass in der Literatur bisher kein Fall beschrieben wurde, bei dem eine Geburt zu Lochbildung bzw. Ablatio geführt hätte, sehen wir keinen Grund, Patientinnen mit hoher Myopie, peripheren Netzhautdegenerationen oder vorausgegangenen Ablatio-Operationen von einer normalen Entbindung abzuraten. Regelmäßige ophthalmologische Untersuchungen sind jedoch angezeigt, um im Falle einer zufällig auftretenden Netzhautveränderung therapeutische Schritte einzuleiten...." Auch in neueren Übersichtsarbeiten (Hart N.C. et.al.) wird dargelegt, dass es für die Empfehlung vieler Augen- und Frauenärzte, bei präexistenten Augenerkrankungen wie ausgeprägter Myopie, Netzhautablösungen, diabetischer Retinopathie oder Glaukomerkrankungen eine erleichterte Austreibungsperiode mittels Forzeps- / Vakuumextraktion oder sogar eine Sectio caesarea anzustreben, keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Am besten stimmen Sie sich dazu mit einer Augenklinik und der Entbindungsklinik ab. Ich hoffe, Ihnen hiermit ausreichend geholfen zu haben. Liebe Grüße VB Quellen Errera MH, Kohly RP, da Cruz L: Pregnancy-associated retinal diseases and their management. Surv Ophthalmol 2013; 58: 127–42 Hart,N. C., Jünemann,A. G. M., Siemer,J., AU - Meurer,B., Goecke,T. W., Schild,R., Geburtsmodus bei präexistenten Augenerkrankungen, Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211(4): 139-141 Jünemann AG Sterk N, Rejdak R: Einfluss des Geburtsmodus auf vorbestehende Augenerkrankungen. Ophthalmologe 2012; 109: 229–34 Kuba, Gabriele Beata, Kroll; Peter ; "Gibt es Indikationen zur Interruptio (Schwangerschaftsabbruch) oder Sectio caesarea bzw. Kontraindikationen gegen eine Spontangeburt bei ophthalmologischen Erkrankungen (= Augenerkrankungen)? Kasuistik und Übersicht", Zentralblatt für Gynäkologie, 1998, 120, Seite 406-412 Mackensen, Friederike, Paulus,Wolfgang E., Max, Regina, Ness, Thomas, Schwangerschaftsbedingte Veränderungen am Auge, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 111, Heft 33–34, 18. August 2014 Ness T, Paulus W: Auge und Schwangerschaft. Ophthalmologe 2010; 107: 863–72; quiz 73 Socha MW, Piotrowiak I, Jagielska I, et al.: Retrospective analysis of ocular disorders and frequency of cesarean sections for ocular indications in 2000–2008-our own experience. Ginekol Pol 2010; 81: 188–91. Sunness JS: The pregnant woman’s eye. Survey of Ophthalmology 1988; 32: 219–38 http://www.dog.org/1999/abstract99/422.html (Referat bei der 97. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ophthalmologie im Jahr 1999 „NATÜRLICHE ENTBINDUNG UND MYOPE DEGENERATION: EIN RISIKOFAKOR FÜR NETZHAUTKOMPLIKATIONEN?“, letzter Abruf:07.07.2018)

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 03.11.2011



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