Hallo Biggi,
ich stille meine 3 Monate alte Tochter aus vollem Herzen und mit Leib und Seele. Habe auch das Glück, sehr viel Milch zu haben, weshalb ich ihrem Hunger von Anfang an gerecht werden konnte. Ich habe auf jedenfall vor (solange keine anderen Umstände ein eheres Abstillen notwendig machen)bis zu 6 Monaten voll zu stillen. Nun habe ich in meinem Geburtsvorbereitungskurs damals eine Frau kennengelernt, die ein Jahr lang voll gestillt hat und dann direkt auf Brot und feste Nahrung umgestiegen ist. Sie hat ihrem Kind nie Breie zu essen gegeben. Ist das auch eine vertretbare Möglichkeit? Darf ich über die 6 Monate weiter voll stillen oder muss man dem Kind dann andere Nahrung zu führen? Was meinst du?
Liebe Grüße, Christin
Mitglied inaktiv - 09.01.2006, 16:37
Antwort auf:
wie lange voll stillen?
Liebe Christin,
die Frage, wie lange ein Baby ausschließlich mit Muttermilch ernährt werden kann, lässt sich nicht mit einer Altersangabe beantworten. Muttermilch genügt in der Regel als alleinige Nahrung für das gesamte erste halbe Jahr. Ab dann beginnen die Babys allmählich deutlich zu zeigen, dass sie zusätzlich und als Ergänzung zur Muttermilch Beikost wollen und brauchen.
Nun sind nicht alle Babys gleich und deshalb sind auch nicht alle Babys mit dem Tag, an dem sie sechs Monate alt geworden sind, bereit für Beikost. Es ist möglich, ein Kind länger als sechs Monate ausschließlich zu stillen, wenn das Kind noch keine Anzeichen dafür zeigt, dass es Beikost möchte (bzw. die Beikost noch ablehnt, was vor allem bei allergiegefährdeten Kindern noch länger der Fall sein kann). Normalerweise gedeihen die Babys, die die Beikost noch ablehnen weiterhin mit Muttermilch sehr gut und es kommt zu keinen Mangelerscheinungen.
Es geht also nicht darum, dass die Mutter länger als sechs Monate ausschließlich stillen will, sondern das Kind gibt die Richtung an.
Die Einführung von Beikost bedeutet aber keinesfalls, dass das Baby nun bald abgestillt ist.
Sicher ist es richtig und gut, einem sechs Monate alten Baby, das Interesse an fester Nahrung zeigt, diese dann auch anzubieten. Doch diese Einführung der Beikost sollte langsam erfolgen und keinesfalls kann die feste Kost die Muttermilch jetzt bereits in größerem Maße ersetzen.
Ich weiß, dass fast überall steht: "zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird "eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit "ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen.
Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Im gesamten ersten Lebensjahr sollte Muttermilch das Hauptnahrungsmittel des Kindes sein.
Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte.
Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung.
Allmählich wird sich die Menge der Beikost von selbst steigern und etwa ab den ersten Geburtstag werden sich das Verhältnis Beikost zu Muttermilch langsam umkehren, bis sich das Kind (wenn es dazu die Gelegenheit erhält, die Entscheidung selbst zu treffen) schließlich irgendwann ganz abstillen wird.
Prinzipiell kann ein Baby vom ersten Bissen an am Familientisch mitessen. Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass ein Kind ab dem ersten Bissen der Beikost vom Familientisch mitisst, vorausgesetzt, dass die Familienkost so gestaltet ist, dass etwas Babygerechtes abgezweigt werden kann. Bevor jemand auf die Idee kam, Nahrungsmittel püriert in Gläser abzufüllen und zu verkaufen, sind Babys auch nicht verhungert.
Es ist auch kein Muss, dass für jedes Baby das Essen püriert wird. Es gibt Kinder, die nie, nie, nie einen Brei oder Püriertes essen und von Anfang an stückige Kost bevorzugen.
Für Tipps rund um das Thema Beikost bietet sich das Buch "Babyernährung gesund & richtig - B(r)eikost und Fingerfood" von Gabi Eugster an. Dort finden sich sehr viele Informationen und Tipps zum Thema Ernährung ab dem siebten Monat.
Vielleicht hast Du Lust ein Stillgruppentreffen zu besuchen? Es ist oft hilfreich, sich mit anderen Müttern bei einem Treffen austauschen zu können. Wenn Du willst, schaue ich gerne nach, ob es in Eurer Gegend eine Gruppe gibt. Dazu brauche ich nur deinen Wohnort mit Postleitzahl.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 09.01.2006