Liebe Biggy, liebe Kristina,
Meine Tochter ist 9 Monate alt, schlafen war schon immer ein schwieriges Thema, sie war 8 Monate lang ein Schreibaby, die Situation ist immer noch gewiss schwieriger als bei manch anderem, aber der Alltag gestaltet sich doch wesentlich einfacher und mit mehr Freude. Nun zu meiner Frage, vor kurzem dachte ich, mein Baby möchte sich Abstillen, was jedoch nicht der Fall war, es ist aber wesentlich weniger geworden. Die Brust war in den 8 Monaten quasi ihr Ventil um sich zu beruhigen. Nunmehr schläft die an der Brust nicht mehr ein, schreit sich auf meinem Arm in Rage, drückt den Rücken durch, haut den Kopf nach hinten, ich muss sie sehr lange tragen bis sie einschläft. Wir schlafen im Familienbett, wo wir beide mehr schlecht als recht schlafen. Mein Baby wälzt sich komplett durchs Bett, ich muss mich zusammen krümmen, dass ich sie nicht aufwecke, habe schon Angst mich zu bewegen oder einen Schluck Wasser zu trinken, ich gehe nicht zur Toilette etc. Zu meiner Frage, warum schreit sie so sehr in meiner Nähe, im Tragetuch tut sie das neuerdings auch wieder, während der Autofahrt schläft sie ohne meckern oder schreien zufrieden ein? Zum Thema Stillen, beim nächtlichen erwachen möchte sie auch meist getragen werden und lehnt die Brust ab? Ich habe schon oft antworten von euch gelesen, wo es hieß, dass Familienbett, tragen und einschlafstillen zu einem besseren Schlaf für Mutter und Kind führen. Was läuft bei uns so anders? Ich habe extremen Schlafmangel und Rückenschmerzen, weil ich keine günstige Position beim Schlafen finde. Mein Mann hat noch nie eine Nacht übernommen. Danke für eure Ratschläge.
MfG
Fleur
von
Fleur85
am 26.02.2020, 22:34
Antwort auf:
Frage zu Schlaf- und Trinkverhalten
Liebe Fleur,
Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, das als „Schreibaby" bezeichnet wird, das hängt nicht zwingend von ihren Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren.
Wenn dein Kind viel quengelt und weint, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein „pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine „Schuld" haben.
Sehr gut beschrieben sind High Need Babys in dem Buch „Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears und Dr. Sears gibt auch Anregungen und Erklärungen, was Eltern tun können, um zu einem einfacheren Alltag mit ihren Kindern zu kommen. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL, jeder LLL Stillberaterin erhältlich.
Es steht absolut außer Frage, dass unruhige Nächte und zu wenig Schlaf ein Wahnsinnsproblem sind und vermutlich wissen die meisten Mütter nur zu gut, wie es ist, wenn man sich nach mehr Schlaf, bitte nur ein bisschen mehr Schlaf, sehnt. Aber es gibt nun mal keine Patentrezepte, die das Kind dazu bringen, länger zu schlafen, auch nicht die Schlaftrainingsprogramme à la "jedes Kind kann". Wären diese Programme übrigens wirklich so wirkungsvoll, dann müssten sie nicht immer wieder wiederholt werden.
Ehe Du aber jetzt zusammenklappst, weil Du nicht mehr genug Schlaf bekommst, muss eine Lösung gefunden werden, die Dich entlastet. Das kann durchaus eine vermehrte Einbeziehung des Vaters sein, wenn es nachts nicht geht, dann eben mal am Tag, damit Du eine Möglichkeit hast, dich auszuruhen und neue Energie zu sammeln. Auch wenn Dein Baby sich beschwert und protestiert, ist das völlig okay, denn Ihr lasst es ja nicht alleine, sondern steht ihm bei.
Dein Kind kann auch ganz langsam lernen, dass es nicht nur bei Dir schlafen kann, vielen Mütter hat eine Federwiege sehr geholfen, hast Du das schon einmal probiert?
Und wie ist es, wenn Dein Mann das Baby ins Tragetuch nimmt, damit Du einfach mal etwas Luft bekommst?
Überlege dir evtl. auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten.
Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Suche für dich eine Möglichkeit zum entspannen und abschalten. Gönne DIR etwas. Wenn es dir besser geht, wird es auch deinem Kind besser gehen.
Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, solltest Du dich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich weiß nicht, ob es bei dir in der Umgebung zum Beispiel eine Erziehungsberatungsstelle gibt. Das Wort "Erziehungsberatungsstelle" klingt für dich jetzt möglicherweise erschreckend, muss es aber nicht. Dort arbeiten Fachleute der unterschiedlichsten Disziplinen, die mit dir zusammen nach einem Weg suchen können, wie Du ganz individuell auf dein Kind eingehen kannst und wie ihr euer Zusammenleben möglichst gut gestalten könnt.
Ich hoffe, dir ein Stück weitergeholfen zu haben und wünsche dir von ganzem Herzen, dass es dir und deiner Familie bald besser geht.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir in einiger Zeit noch einmal schreibst!
LLLiebe Grüße und Gute Nacht
Biggi
von
Biggi Welter
am 27.02.2020