Abbau von Medikament in der Muttermilch

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Abbau von Medikament in der Muttermilch

Liebe Frau Welter, Ich wende mich nochmals an sie mit nun konkreteren Fragen bezüglich Einnahme eines Carbimazols (laut Embryotox bis 20mg verträglich mit Stillen): Ich habe gelesen, dass nach dem Stillen, also wenn die Brust entleert ist, die meiste neue Milch gebildet wird, stimmt das? Und wenn ja, sammelt sich dann alles in der Muttermilch an und bleibt auch da, oder bauen sich zb Medikamente gleichmässig auch wieder ab, so wie es in meinem Blut der Fall ist? Die Halbwertszeit beträgt bei dem Medikament 2-4Std. Wenn dem so ist, könnte ich das Medikament gleich nach dem Stillen nehmen und längere Pausen machen? Ist weniger Stillen auch weniger Belastung des Medikaments an mein Kind, oder sammelt es sich eben einfach an und ist im Prinzip die gleiche Belastung, egal wie viel Milch er noch von mir bekommt? Wenn ich nur noch wenig stille, geb ich dann trotzdem schützende Antikörper weiter zb gegen alles was sein älterer Bruder so Heim bringt? Oder muss eine gewisse Menge davon getrunken werden, um geschützt zu sein? Vielen Herzlichen Dank für ihre Antwort!

von Avenaanna am 24.11.2021, 12:13



Antwort auf: Abbau von Medikament in der Muttermilch

Liebe Avenaanna, wir dürfen (und können) hier ja keine medizinische Beratung machen, aber ich zitiere Dir dazu aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, Vetter: "Thyreostatika Erfahrungen. Zu den Thyreostatika zählen Carbimazol (z. B. Carbimazol Hexal®), Propylthiouracil (z. B. Propycil®), Thiamazol (= Methimazol, z.B. Favistan®) und Natriumperchlorat (Irenat®). Carbimazol wird zu Thiamazol als aktivem Metaboliten verstoffwechselt. Carbimazol und Thiamazol besitzen einen M/P-Quotienten von etwa 1. Unter täglich 40 mg Carbimazol wurden Konzentrationsspitzen des Methimazol von 0,72mg/l Milch gemessen (Cooper 1984). Daraus errechnet sich eine relative Dosis für Carbimazol von maximal 27% für Jen gestillten Säugling, im Durchschnitt sind jedoch nur 2-10% der gewichtsbezogenen Dosis anzunehmen (Übersicht in Bennett 1996). Unter 5 mg/Tag Thiamazol konnten maximal 65 µg/l Milch gemessen werden. Ein Säugling erhält demnach täglich bis zu 9,8 µg/kg. Das entspricht etwa 12% der mütterlichen Dosis pro kg Körpergewicht. Im Plasma eines gestillten Zwillingspärchens wurde Thiamazol mit 45 und 53 µg/l im subtherapeutischen Bereich gefunden. Die Kinder zeigten keine Symptome, ihr Schilddrüsenstatus war unauffällig (Rylance 1987). Von 46 gestillten Kindern, deren Mütter einen Monat lang 20 mg Methimazol und von 42, deren Mütter zunächst 30 mg täglich einnahmen und dann bis auf eine Erhaltungsdosis von 5-10 mg reduzierten, wiesen alle gleich bleibend normale T3-, T4- und TSH-Werte auf (Azizi 2002). Nicht nur altersentsprechende Schilddrüsenparameter, sondern auch eine normale psychomotorische Entwicklung bis zum Alter von 49 bis 86 Monaten wurden beobachtet (Azizi 2003). Bei Behandlung mit 400 mg Propylthiouracil wurden in der Muttermilch maximal 0,7 mg/l gefunden. Das sind für den Säugling in 24 Stunden höchstens 0,1 mg/kg, also 1,5% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis. Der M/P-Quotient liegt bei 0,1 (Kampmann 1980). In älteren, methodisch unzureichenden Untersuchungen wurden M/P-Werte von 12 beschrieben. Eine neuere Untersuchung an elf Kindern, deren Mütter täglich 300-750 mg einnahmen, erbrachte erhöhte TSH-Werte bei zwei Kindern 7 Tage nach der Geburt. Diese normalisierten sich jedoch trotz gleich bleibender oder erhöhter mütterlicher Dosis. Es wurde kein Zusammenhang zwischen der mütterlichen Dosis und dem mütterlichen Schilddrüsenhormon fT4 einerseits und dem kindlichen TSH andererseits gefunden. Die Autoren sehen auch bei der höchsten Tagesdosis kein Risiko für das gestillte Kind (Momotani 2000). Natriumperchlorat ist ein Reservethyreostatikum. Es blockiert die Schilddrüse durch Verdrängung des Iod und wird bei szintigraphischen Untersuchungen anderer Organe mit radioaktiv markiertem Iod verwendet. Durch Perchlorat wird auch der Iodtransport in die Brust gehemmt (Janssen 2001), denn das laktierende Brustgewebe kann Iod anreichern. Erfahrungen zur Stillzeit liegen nicht vor. Empfehlung für die Praxis: Propylthiouracil ist Thyreostatikum der ersten Wahl in der Stillzeit. Thiamazol und Carbimazol können auch eingenommen werden, insbesondere wenn die tägliche Erhaltungsdosis 10 mg nicht überschreitet. Wenn Thiamazol oder Carbimazol in einer höheren Dosierung gegeben werden, oder die Dosis von Propylthiouracil im oberen therapeutischen Bereich liegt, sollten nach etwa 3 Wochen die Schilddrüsenparameter des Säuglings kontrolliert werden. Schilddrüsenhormone dürfen nicht zusammen mit Thyreostatika gegeben werden, da hierdurch eine höhere Dosierung der Thyreostatika erforderlich wird. Natriumperchlorat soll in der Stillzeit nicht genommen werden." Sollte Du bzw. die Ärztin/Arzt nähere Informationen benötigen, können sie sich an die Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie in Berlin Tel.: 030 303081111 wenden. Das Team um Dr. Ch. Schaefer hat dort einen speziellen Beratungsdienst für Ärzte zu Medikamentenfragen und Fragen zu Diagnoseverfahren in Schwangerschaft und Stillzeit eingerichtet. Gute Besserung und Liebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 24.11.2021



Antwort auf: Abbau von Medikament in der Muttermilch

Vielen Dank. Ich verstehe das mit dem medizinischen Rat. vielleicht können sie mir aber doch noch etwas zum Thema Ansammlung der Milch sagen, wann sie sich am meisten „sammelt“, gleich nach dem Stillen oder der grösste Anteil beim Stillen selber? Ebenso wegen den schützenden Antikörpern, ob diese auch bei wenigen Stillmahlzeiten genügend transportiert werden, oder tatsächlich zu vernachlässigen sind wenn man nicht mehr oft stillt? Herzlichen Dank!

von Avenaanna am 24.11.2021, 21:41



Antwort auf: Abbau von Medikament in der Muttermilch

Liebe Avenaanna, die Vorstellung, dass die Brust (ähnlich wie eine Flasche) nach dem Stillen leer ist und erst wieder aufgefüllt werden muss, ist so nicht richtig. Zwar wird zwischen den Stillmahlzeiten Milch produziert, der Hauptanteil der Milch wird jedoch erst während des Stillens gebildet. Das Saugen des Kindes gibt das entsprechende Signal zur Milchbildung, der Milchspendereflex wird dann ausgelöst. Jeder Tropfen Muttermilch ist gut für Drein Kind und es bekommt auch Antikörper, wenn nicht oft gestillt wird. Herzlichen Gruß und eine gute Nacht Biggi

von Biggi Welter am 24.11.2021



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