Sehr geehrter Herr Dr. Karle, meine Frage ist eher allgemein - es geht um das Thema Stress und Ängste in der Schwangerschaft. Da ich selbst (besonders im 2. Trimester) Ängste hatte, habe ich versucht, den aktuellen Wissensstand darüber zu erkunden - als Laie sind aber Studienergebnisse oft schwer bzw. falsch zu interpretieren, auch sind natürlich kaum wirklich wissenschaftliche Artikel über das Internet verfügbar. Ich bin über die Ergebnisse gestoßen von 1. Matthias Schwab, Neurologe vom Universitätsklinikum Jena: er sagt, dass Stress das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom begünstigt; die Betroffenen können sich dabei schlechter konzentrieren und seltener ruhig verhalten als andere Altersgenossen. Selbst der Intelligenzquotient lag niedriger. Auch ist die Rede von späteren Depressionen, Demenz und Schizophrenie 2. Psychologin Bea van den Bergh von der Tilburg University in Belgien sieht besonders SSW 12-22 als kritisch an. Kinder seien später besonders schwierig, unkonzentriert und rastlos. 3. Wisborg et al. (dänische Studie) sagen, dass Stress Frühgeburten und ein geringeres Geburtsgewicht begünstigen - es aber ebenfalls sein kann, dass sich Frauen mit Stress einfach anders verhalten als Frauen ohne Stress Genau hierbei stellt sich für mich wieder die Frage, inwieweit die Ergebnisse zu interpretieren sind und nicht durch andere Faktoren „verzerrt“ werden. Es heißt ebenfalls, dass Cortisol absolut notwendig für den Reifeprozess ist - also alles eine Frage der Menge? Auch versuche ich immer zu berücksichtigen, dass nirgendwo 9 Monate ohne Stress und Ängste gegeben sind - aber was versteht man unter normalen Ängsten und wann wird es zu viel? (Es haben ja auch nicht alle Kinder, welche in Kriegszeiten geboren werden, die in den Studienergebnissen vorgestellten Defizite?!) Außerdem produziere man ab der 2. SS-Hälfte das Enzym 11-Beta-HydroxysteroiddehydrogenaseTyp 2, wodurch das kindliche Gehirn weniger den mütterlichen Stresshormonen ausgesetzt werden soll. Wird dieses Enzym tatsächlich erst ab genau der 2. SS-Hälfte produziert? Wie verläuft die Entwicklung des Gehirns in der Schwangerschaft - ist auch hier das 1. Trimester (Organogenese) die kritische Phase oder werden die Weichen eher in der spätere Phase gestellt? Andere Studien berichten, dass Stress in der Schwangerschaft durch eine innige Mutter-Kind-Beziehung nach der Geburt gänzlich ausgeglichen werden. Was halten Sie von dieser These? Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Einschätzung!
von Vanillai am 07.01.2022, 09:16