Guten Tag Herr Dr. Bluni
Ich arbeite als Landwirtin im Betrieb meines Freundes mit. Dabei erledige ich alle Arbeiten, die ein Bauer so erledigt, also Melken, Ausmisten, Stallarbeiten, Feldarbeiten, Traktorarbeiten etc.
Nun bin ich in der 7. Woche schwanger und frage mich, ob wohl die relativ hohe Ammoniak-Konzentration im Kuhstall meinem ungeborenen Kind schaden könnte. Ich habe Beiträge gelesen mit der Frage, ob der Ammoniak-Gehalt beim Haarefärben schädlich sein könnte. Sie antworteten, dass dies normalerweise keine negativen Konsequenzen haben sollte. In meinem Fall handelt es sich aber um wesentlich höhere Konzentrationen, denen ich täglich mehrere Stunden lang (ca. 5 Stunden pro Tag) ausgesetzt bin. Muss ich die Stallarbeit nun einschränken?
Freundliche Grüsse,
eine Landwirtin
von
Landwirtin
am 18.08.2015, 12:50
Antwort auf:
Schwanger als Landwirtin - Ammoniak-Gefahr im Kuhstall?
Hallo,
1. das ist in der Tat eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage und nach meiner Recherche gibt es dazu praktisch überhaupt keine konkreten Angaben
2. das Gewerbeaufsichtsamt des Landes Baden-Württemberg stellt regelmäßig für spezifische Berufsgruppen Informationen zum Thema Mutterschutz zur Verfügung. Darunter auch eine Information für werdende Mütter in der Landwirtschaft.
Diese Informationen können Sie unter der Adresse
http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/19501/Werdende_Muetter_in_der_Landwirtschaft.pdf?command=downloadContent&filename=Werdende_Muetter_in_der_Landwirtschaft.pdf
abrufen.
3. auch dort äußert man sich zu dieser Thematik einerseits relativ schwammig, andererseits wird empfohlen, dass die Schwangere bestenfalls den Aufenthalt in solchen Räumlichkeiten vermeidet, was dann in der täglichen Praxis aber auch nicht wirklich weiterhilft
4. Wie so oft, gibt es dazu in der deutschsprachigen Literatur kaum Angaben. Die einzigen sind Schäfer/Spielmann: sie resümieren, dass es zu den möglichen Auswirkungen einer beruflichen Exposition gegenüber Ammoniak in einer laufenden Schwangerschaft keine ausreichenden Daten gibt.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die Amerikanisch Agency for Toxic Substances & Disease Registry:
„There is no evidence that exposure to the levels of ammonia found in the environment causes birth defects or other developmental effects. It is not known whether ammonia can be transferred from a pregnant mother to a developing fetus through the placenta or from a nursing mother to her offspring through breast milk”
Nachzulesen unter der folgenden Adresse:
http://www.atsdr.cdc.gov/toxprofiles/tp126-c1.pdf
Vielleicht hat unser Experte, Herr Dr. Paulus dazu noch weitere hilfreiche Informationen und Quellenangaben.
Herzliche Grüße
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 18.08.2015
Antwort auf:
Schwanger als Landwirtin - Ammoniak-Gefahr im Kuhstall?
Hallo nochmal
Herzlichen Dank für diese unverzügliche, ausführliche und kompetente Antwort!
Besonders aufschlussreich fand ich die Aussage der Agency for Toxic Substances & Disease Registry.
Ich bin dem von Ihnen angegebenen Link gefolgt und habe den gesamten Artikel gelesen. Dabei bin ich auf die Information gestossen, dass eine Exposition bei einer Konzentration von 25 ppm für die Dauer von 8h grundsätzlich tolerierbar sei.
Als ich im Internet recherchiert hatte, fand ich einen Artikel des Bundesamts für Landwirtschaft die Information, dass sich die Normalwerte für die Ammoniak-Konzentration in einem Kuhstall bei etwa 10 ppm befinden sollten.
Die besagten tolerierbaren 25 ppm bezogen sich zwar nicht auf Schwangere, aber diese Information und die von Ihnen zitierte Stelle, die besagt, dass bei den in der Umwelt vorkommenden Ammoniak-Konzentrationen keine Einflüsse auf den Fötus festgestellt werden konnten, lässt mich hoffen, dass die Gefahr nicht allzu gross ist.
Dementsprechend bin ich nun ein wenig beruhigt. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.
Nochmal herzlichen Dank und freundliche Grüsse
die Landwirtin
von
Landwirtin
am 18.08.2015, 22:41
Antwort auf:
Schwanger als Landwirtin - Ammoniak-Gefahr im Kuhstall?
Hallo,
das freut mich sehr, dass Ihnen diese Ausführungen ein wenig weiterhelfen und Ihnen dabei ein Stück Sicherheit geben konnten.
Herzliche Grüße
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 19.08.2015
