Kein Blutverdünner bei Gerinnungsstörung?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: Kein Blutverdünner bei Gerinnungsstörung?

Sehr geehrter Herr Bluni, aufgrund meiner familiären Situation wurde ich vor 4 Jahren in einer Blutgerinnungsambulanz durchgecheckt. Dort wurde eine heterozygote Prothrombin G20210A-Mutation festgestellt. Der Sepzialist empfahl, dass ich im Falle einer Schwangerschaft Kompressionsstrümpfe tragen muss und im Wochenbett Blutverdünner bekommen soll. Blutverdünner in der gesamten Schwangerschaft als Vorsorge sah er nicht als notwendig, höchstens nach 2 oder 3 Fehlgeburten. Jetzt bin ich in der 7.SSW und habe sehr große Angst vor einer Fehlgeburt. Überall im Internet liest man, dass von Beginn an Heparin gespritzt wird und von unzähligen Fehlgeburten aufgrund von Gerinnungsstörungen. Mein Frauenarzt sieht das Thema eher locker und ist aktuell gegen Heparin als Prophylaxe. Er hat mir aber sofort Kompressionsstrümpfe verschrieben, die ich täglich tragen muss. Ich habe das Gefühl, er sieht eher ein Risiko für mich als für das ungeborene Baby. Ich bin total verunsichert, ob nicht von Beginn an Blutverdünner gespritzt werden sollte? Und wieso erst nach 2 oder 3 Fehlgeburten? Dann ändert sich ja an sich auch nichts an dem Befund. Müssten nicht meine Blutwerte irgendwie regelmäßig überprüft werden? Sollte ich mir lieber noch irgendwo Rat suchen? Vielen Grüße und vielen Dank für Ihre Antwort.

von NonLoSo87 am 27.02.2019, 11:16



Antwort auf: Kein Blutverdünner bei Gerinnungsstörung?

Hallo, 1. zunächst einmal ist hier das Internet und insbesondere die uns allen bekannte große Suchmaschine gerade eben nicht geeignet, hilfreiche Informationen zu liefern. Zumindest wird es hier für Laien mittlerweile unmöglich, seriöse von unseriösen Informationen zu differenzieren 2. zur Frage, ob eine Blutverdünnung in der Schwangerschaft und im Wochenbett durchgeführt wird, gibt es Empfehlungen der Fachgesellschaften. Dabei findet eine Abstufung je nach Risikosituation statt. 3. Das bedeutet in aller Regel, dass die alleinige angeborene Gerinnungsstörungen wie von Ihnen beschrieben, zu keiner Empfehlung für eine Blutverdünnung führen wird, wenn nicht zusätzliche Risikofaktoren, wie z.B: wiederholte Fehlgeburten oder eine durchgemachte Thrombose/Embolie vorliegen. 4. natürlich kann hier in Abwägung von Nutzen und Risiko dieses mit der Patientin individuell entschieden werden. 5. am besten ist es dann immer, die Situation individuell über die Frauenärztin/Frauenarzt in Rücksprache mit der Gerinnungsambulanz einzuschätzen. 6. die Empfehlung zum Tragen von Kompressionsstrümpfen ist auch in den Leitlinien eine so genannte "Kann-Empfehlung", da die Evidenzlage dafür relativ schwach ist Herzliche Grüße VB Quellen https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/AWMF-Leilinie/003-001d_S3_VTE-Prophylaxe_2015-12.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Stand:12/2015, letzter Abruf:27.02.2019) Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Puhl, A.G., Heidner, K Skala, C. Schinzel, H., Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett, Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, S. 570-583 Sachdeva, Ashwin, et al. "Graduated compression stockings for prevention of deep vein thrombosis." Cochrane Database of Systematic Reviews 12 (2014).

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 27.02.2019



Antwort auf: Kein Blutverdünner bei Gerinnungsstörung?

Liebe NonLoSo, ich verstehe deine Sorgen völlig und wenn du mit der Betreuung deines Arztes nicht zufrieden bist, hole dir doch eine Zweitmeinung ein. Heparin ist auch kein Heilmittel, auch unter der Spritzengabe kommt es zu Aborten, genauso bekommen Frauen mit Gerinnungsstörungen gesunde Kinder, es ist ganz individuell. Ich bin auch Gerinnungspatientin, allerdings mit anderen Mutationen. Liebe Grüße und alles Gute!

Mitglied inaktiv - 28.02.2019, 09:56