Lieber Dr. Bluni,
Ich bin jetzt in der 23. SSW und habe einen zu niedrigen Eisenwert. Schon vor der Schwangerschaft hatte ich zwar einen guten Hb von ca. 8,9, allerdings war der Ferritinwert um die Hälfte reduziert.
Jetzt, in der Schwangerschaft ist der Hb von 8,9 auf 6,9 gefallen und ich bekam Ferrosanol duod. 3x1. Das ungefähr jetzt 3Wochen lang. Bei der Kontrolle letzte Woche war dann mit Eisenpräparat der Wert noch weiter gesunken auf 6,7. Seit ca zwei Tagen habe ich auch eingerissene Mundwinkel und ein schwindliges Gefühl im Kopf. Heute wurde dann nochmals ein Blutbild gemacht und der Eisenbindungswert mit abgenommen.
Meine Frage: Was wäre Ihrer Meinung nach eine gute Therapie.
Ich bin deshalb etwas aufgewühlt, da ich unser erstes Kind der 31. SSW verloren habe aufgrund einer Plazentainsuffizienz (vielleicht ja auch durch Eisenmangel?)
In der zweiten Schwangerschaft habe ich eine gesunde Tochter entbunden. Da bekam ich ebenfalls Ferrosanol und der Hb ist damals zumindest nicht weiter gesunken als 7,3.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mitglied inaktiv - 19.04.2010, 15:51
Antwort auf:
Eisenwert
Hallo Funny,
1. die Frage ist erst mal, wie niedrig ist der Wert, welche Einheiten (g/dl oder mmmol?) der Bestimmung wurden gewählt, wie wurde er abgenommen und bestimmt und wie sieht es mit der Flüssigkeitsaufnahme der Schwangeren aus?
Bei der Bestimmung des Hämogoblinwertes aus der Fingerbeere kann es immer wieder mal Fehlbestimmungen geben. Deshalb wäre bei erheblichen Abweichungen nach oben oder unten eine Kontrolle über eine venöse Blutentnahme durchzuführen, um hier nicht unnötigerweise die Geister scheu zu machen oder Maßnahmen einzuleiten.
2. Der Hb-Wert wird in g/dl (Gramm pro Deziliter) gemessen, in Ostdeutschland wird aber häufig die modernere Einheit mmol/l (Millimol pro Liter) genommen. Hierdurch können schon mal Irritationen entstehen.
Der Umrechnungsfaktor von mmol nach g/dl beträgt ungefähr 1,61.
3. Die WHO definiert eine Anämie beim Vorliegen eines Hämoglobinwertes unter 11 g/dl in der Schwangerschaft und unter 10 g/dl in der Wochenbett-Periode. Es ist gesichert, dass niedrige Hämoglobinwerte in der Schwangerschaft und im Wochenbett - insbesondere Werte unter 9 g/dl -deutliche Negativauswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die kindliche Entwicklung haben.
Als negative Auswirkungen einer Anämie stehen bei der Mutter gehäufte Infektionen und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund. Beim Ungeborenen stehen die Wachstumsminderung mit Mangelentwicklung und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund.
Als Prophylaxe ist zunächst der Genuss eisenreicher Nahrung zu empfehlen:
Der größte Eisenlieferant ist Fleisch, vor allem Rindfleisch. Das tierische Eisen ist für unseren Organismus besser zu verarbeiten als das pflanzliche. Darüber sollten reichlich Vollkornprodukte und dunkles Gemüse verzehrt werden.
Kaffee und Tee hemmen die Eisenaufnahme; Vitamin C erleichtert sie. Wer also zum Essen Orangensaft trinkt oder in die Salatsoße etwas Zitronensaft gibt, verbessert damit seine Eisenbilanz.
Bei Vorliegen einer Anämie ist in jedem Fall die Verabreichung eines Eisenpräparates zu empfehlen. Das Eisenpräparat kann bei Nebenwirkungen ausnahmsweise auch mal nicht auf nüchternen Magen und vielleicht am Abend eingenommen werden, da dann die Nebenwirkungen überschlafen werden. Ansonsten sollte es eben besser auf nüchternen Magen und morgens eingenommen werden.
Bitte sprechen Sie sich aus diesem Grund zum weiteren Vorgehen mit Ihrer behandelnden Frauenärztin/Frauenarzt ab.
Es kann immer einige Wochen dauern, bis dass sich die Werte normalisieren.
4. bei einem Hämoglobinwert von von 11–13 g/dl wird eine orale Substitution mit 80 mg Eisen-II-Sulfat oder 100 mg Fe3+ als Eisen-III-Komplex empfohlen. Jedoch ist Ihnen anzuraten, die Dosis individuell durch Frauenärztin/Frauenarzt festlegen zu lassen.
5. ein Eisenmangel bedingt in aller Regel keine Plazentainsuffizienz
6. Plazentainsuffizienz bedeutet, dass der Mutterkuchen so verändert ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, das Baby ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Dieser Zustand kann sich langsam verschlechtern (chronische Plazentainsuffizienz, z.B. durch verminderte Durchblutung, Strukturveränderungen oder Verstopfung von Blutgefäßen) oder plötzlich auftreten (akute Plazentalösung, z.B. bei vorzeitiger Ablösung des Mutterkuchens von der Gebärmutterwand).
Gehäuft finden wir diese bei Mehrlingsschwangerschaften, Präeklampsie („Gestose“) oder Diabetes der Mutter; untergewichtigen, schlecht ernährten oder rauchenden Müttern; vorausgegangenen Fruchtbarkeitsstörungen; fieberhaften Infektionen; Blutungen oder Frühgeburtsneigungen während der Schwangerschaft; sowie bei Übertragung des Kindes.
Ein zahlenmäßiges Risiko können wir nicht benennen, was die Wiederholungswahrscheinlichkeit angeht, aber in jedem Fall sind rechtzeitige Doppler-Kontrollen durch Ihre Frauenärztin/Frauenarzt oder die Klinik sinnvoll und wenn sich Hinweise auf eine Plazentainsuffizienz ergeben, wird das Kontrollintervall entsprechend eng gesteckt werden müssen.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 19.04.2010