Hallo,
Im Februar diesen Jahres hatte ich eine ganz frühe Fehlgeburt.
Danach habe ich die Kinderwunschklinik aufgesucht. In dieser schaute man sich die Befunde aus der Gerinnungsambulanz an (dort war ich im Oktober 2016, da bei meiner Schwester eine Prothrombin-Mution festgestellt wurde). Dort fiel der Ärztin aus der Kinderwunschklinik ein erhöhter Homocysteinwert auf (15,4 µmol/l). Auf eine MTHFR-Mutation wurde ich bisher nicht getestet, da ich Anfang Mai erneut positiv getestet habe und aktuell in der 7. SSW bin. Mir wurde Folsäre 5mg und Vitamin B-Komplex von Ratiopharm (enthält auch nochmal Folsäure 450ug) verschrieben.
Meine Frauenärztin ist mit der hochdosierten Folsäure und den hochdosierten B-Vitaminen nicht so glücklich. Sie meint, dass zu viel auch nicht gut sei und man es spätestens nach der 12. Woche reduzieren sollte.
Ich bin völlig hin und hergerissen und durcheinander. Kann ich mit den Medikamenten überdosieren? Hat das negative Auswirkungen für mein ungeborenes Kind? Was soll ich tun?
Danke für Ihr Hilfe.
von
JHJH
am 25.05.2018, 21:08
Antwort auf:
Folsäure 5mg und Vitamin B Komplex von Ratiopharm
Da der Körper Folat nicht selbst synthetisieren kann, ist er auf eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt gesunden Jugendlichen und Erwachsenen eine tägliche Folatzufuhr mit der Nahrung in Höhe von 400 µg. Für Schwangere und Stillende gehen die Experten von einem Mehrbedarf von 50 Prozent, entsprechend einem täglichen Gesamtbedarf von 600 µg, aus. Frauen die schwanger werden wollen, wird konkret empfohlen, zusätzlich 400 µg synthetische Folsäure in Form von Supplementen aufzunehmen. Diese erhöhte Folsäurezufuhr sollte spätestens vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft erfolgen, um einem Neuralrohrdefekt vorzubeugen, und während des ersten Drittels beibehalten werden.
Aus placebokontrollierten Studien kann abgeleitet werden, dass die Empfehlungen, die zu einer Supplementierung von 400 µg Folsäure vier Wochen vor der Konzeption raten, nicht ausreichen. Bei dieser Dosierung werden präventiv wirksame Erythrozytenfolatspiegel erst nach ca. zwei bis drei Monaten erreicht. Bei einer täglichen Supplementierung von 800 µg Folsäure werden dagegen die optimalen Werte im Durchschnitt bereits nach circa vier Wochen aufgebaut.
Aufgrund einer genetischen Disposition kann jede zweite Frau Folsäure nicht optimal in die wichtigste Transport- und Speicherform 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) umwandeln. Das Schlüsselenzym dabei ist die 5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase (MTHFR). Eine Punktmutation an diesem Enzym reduziert die Enzymaktivität bei homozygot Betroffenen (10 bis 12 Prozent) um etwa 75 Prozent, bei heterozygoten Merkmalsträgern (circa 40 Prozent) um ungefähr 30 Prozent.
Erfolgt eine Supplementierung mit Folsäure, ist die Umwandlung von synthetischer Folsäure zu 5-MTHF bei homozygoten und heterozygoten Trägern nur eingeschränkt möglich. Diese Personen profitieren optimal von der bereits bioaktiven Vitaminform 5-MTHF, die mittlerweile als Calcium-L-Methylfolat (Metafolin®) synthetisch herstellbar ist. Der teilweise Austausch von Folsäure gegen Calcium-L-Methylfolat (zum Beispiel in Femibion® 1, Elevit 1) ermöglicht damit eine Prävention auch für die 50 Prozent der Frauen, die homozygot beziehungsweise heterozygot betroffen sind und Folsäure nicht optimal umwandeln und verwerten können.
Grundsätzlich kann man auch eine höhere Folsäure-Tagesdosis (5 mg) einsetzen, wie sie Schwangeren mit erhöhtem Risiko für offenen Rücken im ersten Trimenon empfohlen wird.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 27.05.2018