Frage:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Liebe Frau Höfel!
Mir liegt ein riesen Stein auf dem Herzen. Es geht um meinen Sohn, 9 Monate alt.
Ich denke wir haben keine oder besser gesagt eine unsichere Bindung (es soll ja 4 Bindungstypen geben).
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Mir fällt es schon seit längerer Zeit auf, dass sich mein Sohn von mir nicht trösten oder tragen lassen möchte. Er drückt sich von mir weg. Zum ersten Mal fiel mir das, wie gesagt, vor 1,5 Monaten in unserem 1 gemeinsamen Urlaub auf. Wir waren im Speisesaal und er hat sich richtig weggedrückt. Zuerst dachte ich, dass das mit meinem Mann zusammenhängt (Papaphase). Mittlerweile macht er es aber auch wenn wir alleine sind. Wenn er zum Beispiel hinfällt und ich ihn trösten möchte drückt er sich von mir weg und auch ich ihn tragen möchte. Ansonsten lacht er mich zwischendurch aber immer wieder an und sucht auch hin und wieder Blickkontakt. Bei Papa und Oma macht er es nicht so extrem. Die dürfen ihn auch trösten und die werden auch immer freudig begrüßt. Meine Mutter war anfangs ganz viel eingebunden, da ich nach der Geburt nicht so fit war. Ich hatte einen Kaiserschnitt und durch einen Unfall einen Beckenbruch. Meine Mutter war tlw auch etwas übergriffig und hat zB meinen Sohn immer sofort hochgehoben, ihn getröstet und getragen obwohl ich auch anwesend war (auch als es mir schon besser ging). Das war auch sehr oft Streitthema. Der Kontakt ist jetzt nicht mehr so oft, aber 1x Woche haben wir einen Omatag. Als ich meinen Sohn diese Woche abgeholt habe hat er gar nicht auf mich reagiert. Er hat mich nicht angesehen, nichts.
Kann es sein, dass unsere Bindung durch die Einbeziehung der Oma (meiner Mutter) Schaden genommen hat?
Es heißt ja immer, dass ein Kind mehrere Bindungspersonen haben kann.
Wir gehen auch 1x Woche in einen Babykurs und er ist gegenüber anderen Kindern wirklich sehr offen und fröhlich. Er spielt unheimlich gerne, hat da keine Berührungsängste. Er ist auch motorisch sehr gut entwickelt. Sitzt und krabbelt seit 1,5 Monaten zieht sich an Gegenständen hoch etc.. Auch bei den U Untersuchungen war alles in Ordnung.
Eigentlich hat alles in der Woche begonnen als er zu sitzen und krabbeln begonnen hat.
Was mir noch aufgefallen ist. Er fremdelt zwar:aber nur bei ganz wenigen Personen. Manche Leute brauchen ihn nur anzusehen und er schreit und bei anderen gar nicht. Letztens war eine Freundin mit ihrem Kind zu Besuch und als sich mein Sohn verletzt hat (Kopf gestoßen) hat er sich an ihren Fuß gehangen (hat die besagte Freundin vielleicht 3x erst gesehen). Hat er das im Eifer des Gefechts nicht gesehen oder versucht er explizit mich zu meiden, da ich ihn ja generell nicht trösten darf?
Mich belastet das schon sehr. Ich kann mich jetzt auch an kein so einschneidendes Ereignis erinnern, dass mein Baby so reagiert. Sind meine Sorgen da berechtigt?
Danke
Liebe Grüße
von
Babymama567
am 14.10.2021, 17:37
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Liebe Babymama,
verzeihen Sie meine offenen Worte: nicht das Kind hat ein Problem, sondern eher Sie!
Ihr Kind verhält sich völlig normal - so, wie sich jedes Kind in dieser Konstellation verhalten würde.
Ihr Job ist es jetzt, dass Verhältnis mit Ihrer Mutter zu klären. Mit oder ohne fachliche Hilfe. D.h. nicht, dass jetzt die Vorwürfe hin- und herfliegen sollen. Vielleicht können Sie einmal schauen, ob Sie es nicht als Entlastung und/oder Sicherheitsanker sehen können, dass sich Großeltern und Enkelkind so gut verstehen. Was ist, wenn ein Elternteil krank wird!? Ist es dann nicht toll, so einen sicheren Hafen für das Kind zu haben?
Und einmal in der Woche verwöhnt zu werden, das ist völlig okay.
D.h. auf der anderen Seite aber nicht, dass Großeltern alles dürfen. Die Regeln (Grundsätzliches wie Ernährung etc. ) bestimmen Sie.
Danken Sie Ihrer Mutter, dass sie in der ersten Zeit unterstützt hat und genießen Sie Ihr Kind.
Jetzt das Wichtigste (und deshalb liegt der Ball bei Ihnen): Ihr Kind macht nichts aus Berechnung! Es ist bis zum 3. Lebensjahr überhaupt nicht in der Lage seine Emotionen zu kontrollieren. Er lebt als völliger Opportunist.
Er hat Hunger, dann will er essen. Dabei ist ihm die Uhrzeit oder der Ort oder ob Essen vorhanden ist oder nicht, völlig egal!
Er hat sich weh getan, aber auf dem Boden gibt es Wichtigeres zu entdecken und auszuprobieren, dann wird er von Ihnen wegstreben. Das hat aber nichts mit Ihnen zu tun!
Er ist müde? Dann will er schlafen. Egal wo, wann.... usw.
Nehmen Sie es wie es kommt. Eine Bindungsstörung finden Sie häufig bei massiv vernachlässigten Kindern. Ihr Kind war nie vernachlässigt. Es hatte immer liebevolle Hände und war versorgt.
Hadern Sie nicht damit, dass Sie in der ersten Zeit nicht "das Muttertier" waren. Jetzt sind Sie es und die Beziehung zu Ihrem Sohn wird sich weiter festigen, auch wenn er selbständiger und dann irgendwann rotzig und trotzig wird. Aber bis dahin vergeht noch einige Zeit.
Liebe Grüße
Martina Höfel
von
Martina Höfel
am 15.10.2021
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Hallo,
ich kann verstehen, dass Du verunsichert bist, aber das Verhalten Seines Sohnes ist vollkommen normal und zeigt im Gegenteil eine gute Bindung.
1. Er kann sich anderen Personen zuwenden und Dich "vergessen" (was er nicht tut), weil er mit Dir eine so vertrauensvolle Bindung hat, dass er sich (und Dir) zutrauen kann, sich anderen Personen zuzuwenden.
2. Im Alter Deines Sohnes liegt eine Ablösungsphase. Du bist mittlerweile "Möbel", sprich "immer da" und damit langsam "uninteressant". Und weil er sicher gebunden ist, kann er sich von Dir lösen und mutig von Dir wegstreben.
3. Die sichere Bindung zeigt sich auch daran, dass er Dir seine Launen, vor allem die schlechten, zumutet. Er kann sich ja sicher sein, dass Du ihn liebst und dass Du es "aushältst", wenn er bockig und zickig ist.
Das ist das Paradox der sicheren Bindung: Je sicherer sie ist, desto mehr ist das Kind in der Lage, sich zu entfernen.
Viele Grüße
von
Mamamaike
am 15.10.2021, 08:00
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Hallo Mamamaike,
Danke für deine nette Antwort. Aber es gibt ja so etwas wie eine Bindungsverwirrung. Die tritt ja meistens dann auf wenn mehrere Bezugspersonen zur Stelle sind und gegenseitig in Konkurrenz treten. Das war bei uns leider der Fall. Und das leider für sehr lange Zeit, da ich es nicht kapiert habe, überfordert war und nicht wusste was tun. Hab mich dann immer dazwischen gedrängt aber die Signale hat meine Mutter ignoriert. Hat mir sofort den Kinderwagen abgenommen beim spazieren gehen, ihn gefüttert (ich habe nur die ersten Tage im Krankenhaus gestillt). Kennzeichnend für eine Bindungsverwirrung ist ja, dass die Mutter das Kind nicht mehr trösten darf. Er drückt sich ziemlich schnell weg wenn er sich weh getan hat und ich ihn hochnehme.
Wenn ich mich nicht irre beginnt ja mit 9 Monaten eher die Fremdelphase und die Ablösung erst später oder irre ich mich?
Fremden tut er schon, aber selten und nicht bei allen Personen. Angefangen hat das bei ihm schon um den 4 bis 5 Monat. Auch hier rettet er sich lieber zu Papa. Bin mir aber nicht sicher ob er sich da zu Oma retten würde wenn ich da bin (noch nicht genau beobachtet)
Ich weiß gar nicht wie ich mich verhalten soll.
Habe das Gefühl, dass mich mein Kind ablehnt und irgendwie eine Wut auf meine Mutter und auch auf mich selbst, weil ich es zugelassen habe.
Kann ich da noch irgendwas retten?
Wäre wirklich auch um fachlichen Rat dankbar.
von
Babymama567
am 15.10.2021, 08:56
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Mamamaike hat schon recht mit ihrer Aussage. Eure Bindung ist nicht gestört.
Ich bekomme auch nur die schlechten Launen unserer Tochter ab. Der Papa wird immer freudig angestrahlt, weil ich den ganzen Tag präsent bin, er hingegen erst nach Feierabend.
Fremdeln fängt schon eher an 5.te, 6.te Monat.
Bei meiner Mutter und mir war es z.B. so, dass ich ab einem gewissen Alter nicht mehr mit ihr kuscheln wollte. Sie ist zum Kinderarzt deswegen. Es war aber alles ok, ich habe mir meine Kucheleinheiten Von meinem Vater geholt, da er auch nur selten da war.
Das traurige hierbei und ich hoffe, du gibst es nicht auf, meine Mutter ist irgendwann nicht mehr auf mich zugegangen und hat mir das Gefühl gegeben IMMER da zu sein. Eher im Gegenteil, sie würde mir (damals Kleinkind) nicht mehr hinterlaufen.
Es ist bestimmt nur eine Phase...lg
von
Mandrej22
am 15.10.2021, 11:47
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Hallo Mandrej,
Danke, dein Post berührt mich sehr. Was mich so stresst ist, dass mein Kind es auch macht wenn ich mit ihm alleine bin. Selbstverständlich gehe ich auf ihn zu. Ich liebe ihn ha. Schade trotzdem, dass er mich immer wegdrückt. Er will nicht getröstet werden. Aber es war ja mein Fehler und nicht seiner. Ich habe ja die Oma immer machen lassen obwohl ich nebenbei war. Ich habe mir überlegt den Omatag meinem Kind zu lassen und an den anderen Tagen viel auch ohne Oma zu machen. Darf ich dich fragen wie das Verhältnis zu deiner Mutter jetzt ist?
Liebe Grüße
von
Babymama567
am 15.10.2021, 12:38
Antwort auf:
Unsichere Bindung Baby 9 Monate
Ich würde gern wissen wie es jetzt bei euch ausschaut?
von
VickyC
am 20.02.2022, 19:44