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"Früher gab`s sowas nicht...Burnout und so`n Kram!"

Thema: "Früher gab`s sowas nicht...Burnout und so`n Kram!"

Ein älterer, (wirklich netter) und hochqualifizierter und fleißiger Elektriker heute beim Mittagstisch: "Früher gabs sowas nicht. Burnout, Depressionen und so`n Kram. Heute fühlt sich jeder, der ein bißchen was leisten muss sofort überfordert und ist am jammern "Oooooh, ich hab ja so`n Stress!" und kippt dann mit Burnout um! Unsere Gesellschaft ist verweichlicht und nicht mehr belastbar!" (Und ich habe diesen Mann wirklich schon oft dafür bewundert, was er leistet! Top Mitarbeiter!) Ich gebe erstmal keinen Kommentar dazu, will nicht beeinflussen ;-)

von Sumsebrumm am 08.10.2012, 16:11



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Früher hatten wir auch einen Kaiser... :-) früher - wurden Depressionen, psychische Probleme u.ä. entweder völlig überspitzt (Irrenhaus) diagnostiziert oder gar nicht, weil man/frau Angst haben musste, ins "Irrenhaus zu kommen. - war die Welt und das Arbeitsleben nicht so komplex wie heute, die Anforderungen geringer (wieso muss man denn Abi haben, um Einzelshandelskaufmann -frau zu werden?) und das Arbeitsleben war langsamer, es gab noch Zeit für zwischenmenschliches auf der Arbeit. - standen die Menschen vielleicht sogar "sicherer" da, der Job war sicherer, der Familienstand war sicherer, die Welt war "sicherer". - gab es keine "Ausbeutungspropaganda", also das, was über die Medien verbreitet wird bezüglich Absturz bei Arbeitslosigkeit und das, was man "schaffen" muss, so daß sich der Arbeitnehmer nicht so verunsichern ließ bezüglich den Arbeitsbedingungen (auch fehlender Mindestlohn, Angst vor Leiharbeit, Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg) - waren die Gewerkschaften stärker, als Arbeitnehmer war man nicht so allein. - war der Konsumdruck geringer. Und dann gibt es Menschen, die sind psychisch robuster als andere. Diese Robustheit ist ja auch schön und gut, aber diese Leute dürften nicht davon ausgehen, das alle anderen Menschen ebenfalls so robust sind. Das sind so ein paar Gedanken ;-)

Mitglied inaktiv - 08.10.2012, 16:30



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Naja, als wir noch einen Kaiser hatten, waren die Arbeitsbedingungen zwar anders als heute, aber für die meisten Menschen durchaus besch...eidener als es die Arbeitsbedingungen heute sind ;-). Aber ich denke, du meinst eher die verangenen Jahrzehnte seit den 1950er Jahren und nicht die Kaiserzeit. Früher gab es übrigens durchaus auch Depression, auch in der Zeit, als wir noch einen Kaiser hatten, gab es diese Diagnose schon und noch vielfältige andere psychische Diagnosen und ja, auch Irrenhäuser. "Burnout" ist natürlich ein neuer Begriff und vielleicht auch eine gewisse In-Diagnose zur Zeit. Steckt nicht eigentlich da eine Depression dahinter und Burnout hört sich da noch ein bisschen besser an? Passt zumindest ganz gut in die Leistungsgesellschaft, da hat einer so viel geleistet und dafür "gebrannt", dass er eben irgendwann (zeitweise) ausgebrannt wurde.

von krissie am 08.10.2012, 18:37



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Hallo, früher hatten die meisten auch einfach mehr Rückhalt in der Familie...und viele Frauen waren gar nicht berufstätig. Und die Männer dadurch auch oft nicht so eingespannt. Mein Papa - der selber "erst" 60 ist - kann es kaum glauben, dass mein Bruder seine Kinder jeden Morgen in die Kita bringt, damit seine Frau früh anfangen kann. Es war alles etwas beschaulicher. Kinder wurden anders behandelt - wir hatten uns selber zu beschäftigen, zu Hobby u. Sport mussten wir mit dem Fahrrad fahren, ebenso zu Verabredungen. Diskussionen mit Lehrern o.a. gab es nicht, hatte man Mist gemacht, musste das ausgebadet werden. Früher gab es keine "Widerworte", mit meinen Eltern etwas ausdiskutieren wäre bei uns im Alter meiner Kinder (8 u. 11) undenkbar gewesen. Andererseits hätten viele Diagnosen früher gar nicht gestellt werden können. Mein Sohn mit Asperger wäre wahrscheinlich einfach von Anfang ein Sonderling gewesen...mit null Perspektiven. Allerdings glaube ich, dass die Menschen heutzutage schon sehr auf sich gepolt sind. Das Gemeinschaftsgefühl hat nachgelassen. Ach - irgendwie unerschöpflich, das Thema...bin sehr gespannt!

von wolfsfrau am 08.10.2012, 17:30



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Früher gab es das auch, nur gab es nicht so viele Psychotherapeuten, zu denen man gehen konnte. Und auch die Offenheit darüber zu reden, tendierte gegen Null. Ich erinnere mich an die Nachbarin meiner Großeltern, die in den 70er Jahren "was mit den Nerven" hatte. Heute würde man sagen, sie leidet unter Depressionen oder Burnout. Der Mann hat wirklich unrecht!

von mams am 08.10.2012, 20:22



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Früher hat auch ein Einkommen gereicht, um z.B. 3 Kinder großzuziehen. Heute reicht das schon lange nicht mehr, weil alles so teuer geworden ist. Früher hatte man weniger Aufgaben bzw. weniger komplexe Aufgaben. Wenn ich mir überlege was ich zu Beginn meiner Berufslaufbahn gemacht habe und was ich heute mache. Früher war ich Teamassistentin, hab Briefe geschrieben und ein paar einfache Rechnungen. Heute bin ich Seelentröster, Babysitter für Mitarbeiter, Buchhalter, Controllingsachbearbeiter, Personalsachbearbeiter. Ich muss einfach alle Bereiche abdecken können.

von Badefrosch am 08.10.2012, 20:29



Antwort auf Beitrag von Badefrosch

Badefrosch, Du schreibst Früher hat auch ein Einkommen gereicht, um z.B. 3 Kinder großzuziehen. und deutest an, dass das heute nicht mehr der Fall ist. Das sehe ich dezidiert anders, Frueher war man mit viel weniger zufrieden und deswegen hat weniger Geld gereicht. Frueher/ich bin selber in den sechzigern geboren/ und mein Vater war lange Alleinverdiener hatten meine Geschwister und ich zeitweise zusammen Kinderzimmer , heute voellig undenkbar, wir haben im Urlaub ferienhaesuer gehabt wo man sich mit zig Leuten eine Toilette teilen musste * igitt, da wuerde ich heute einen Herzanfall kriegen(, wir sind nie essen gewesen, hatten einen schwarzweissTV, Klamotten untereinander vererbt, es gab nie gekauften Kuchen, oft Eintopf, meine Mutter hat sich die Haare im wechsel mit meiner Tante selbst gemacht, kaum Fruiseur, nie Kosmetikerin, wir sind ins Schullandheim in die Eifel gefahren, meine Kinder fliegen alle ins Ausland, meine geschwister und ich waren fuer 9 DM 95 zum Familientarif im ASC, dem Allgemeinen Sportclub/ das Doppelte zahlt jedes meiner Kinder fuer eine Tennisstunde. Ganz selten mal Kino war ein highlight/ fuer meine Herren Soehne bon ich gerade schwuppdiwupp 300 Euro losgeworden fuer einmal Championsleague und ein Freundschaftsspiel der Fussballnationalmannschaft . Meine gebrtstage wurden mit Topfschlagen verbracht, meine Tochter war jetzt beim surfen, bowlen und noch so Dinge. Meine Mutter hat den ganzen Tag geputzt, gekocht, gewaschen/ ich habe eine Putzfrau und take away. Kurzum, wenn wir den absolut spartanischen Lebensstil von fruher haetten, kaemen wir mit einem gehalt auch bestens aus. ICH WILL DAS ABER NICHT. Ganz ehrlich, ich habe damals nicht drunter gelitten weil ich es nicht anders kannte. Aber jetzt, alleine die Vorstellung, dass jemand vor dem klo wartet oder sogar zwei/ wie wir das frueher im Urlaub hatten/ und der einzigartige Geruch, wenn mna morgens nicht bei den ersten fuenf war, die die Toilette nenutzten, ich sag nur, nie wieder. Der heutige Standard ist halt unendlich viel hoeher und ich will nie wieder im Leben aus dem Bad gescheucht werden. Benedikte

von Benedikte am 08.10.2012, 23:22



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Das was du da beschreibst, ist jedenfalls auch nicht mein Lebensstil/Standard :) Ich glaube kaum, dass man es als "heutigen Standard" bezeichnen kann, Kinder für 300 Euro am Tag zu beschäftigen (ohne Missgunst!)

von rabukki am 09.10.2012, 00:03



Antwort auf Beitrag von Benedikte

Ach Benedikte, du hast meine Kindheit beschrieben. Die Kloschlangen fand ich auch immer furchtbar, aber alles andere fand ich überhaupt nicht schlimm. Ich fands sogar schön, aus ganz wenig selber etwas zu machen. Die wohlhabenderen Kinder habe ich ehrlich nicht beneidet, ich war stolz darauf, wie meine Mutter aus Nichts etwas zauberte und das erschien mir viel interessanter als das Fertiggekaufte manch anderer. Für mein Kind will ich allerdings - genau wie du - die Wahl haben, was und wie wann selber zusammen gefrickelt wird oder worauf man bewusst verzichten will. Ich will nicht stundenlang recherchieren müssen, wo ich einen Euro sparen kann.

von Pamo am 09.10.2012, 08:49



Antwort auf Beitrag von Badefrosch

und das sehe ich tagtäglich im meiner unmittelbaren Nachbarschaft und das sind weder Großverdiener noch Erben. Man sollte nicht nur die "Haben-Seite" betrachten, sondern auch, was man für Ansprüche hat. Und das die gestiegen sind zusammen mit dem wahnwitzigen Warenangebot, das ist wohl unbestritten Ich denke immer wieder daran, wie viel Auswahl wir hatten, wenn Turnschuhe gekauft wurden (im Schuhgeschäft oder den ganz wenigen Sportgeschäften) und welche Auswahl es heute gibt (Geschäfte NUR mit Turnschuhen) - um nur ein Beispiel zu nennen.

von Tinai am 09.10.2012, 10:04



Antwort auf Beitrag von Benedikte

Also in einem gebe ich dir recht, die Ansprüche sind höher geworden. Aber trotz allem sollten sich die Ansprüche daran messen, was man zur Verfügung hat. Beispiel aus meinem Umfeld (bzw. Kommentare von jemanden - betrifft immer die selbe Person) Ich ziehe meinem Kind keine gebrauchten Sachen an, ich kaufe alles neu und es muss Marke sein, hat er bekommen als ich noch verheiratet war. Person jetzt Alleinerziehen, bei weitem trotz Unterhalt nicht das Einkommen, das man vorher hatte. Ich mache am Wochenende mit meinem Kind sehr viel (ist super), dafür gebe ich dann auch mal gut und gerne 100 Euro aus, weil wir machen ja einen Ausflug, dann gehen wir Essen, dann will mein Sohn noch was von LEGO Nijagi. Ich noch gefragt: Wie du kaufst jedes Wochenende Spielzeug für dein Kind? Antwort: Ja mache ich, er ist mein einziges Kind, ich will ihn verwöhnen. Ich muss mit meinem Exmann mithalten. Von ihm bekommt er alles was er will. Ich könnte hier noch ne ganze Litanei aufzählen. Sorry aber das geht gar nicht. Ich bin Alleinverdienerin und das nur mit einem 80% Job. Mein Sohn bekommt Kleidung und Spielzeug aus Ebay / hier im RUB oder Flohmarkt. Klar nervt es mich wenn er was bestimmtes haben will, aber auch solche Wünsche kann man mittels Ebay erfüllen. Größere Geschenke (über 50 Euro) gibt es nur zu Weihnachten und Geburtstag. Da der Geburtstage aber 4 Wochen nach Weihnachten ist, gibt es noch eine Kleinigkeit bis 20 / 30 Euro zu Ostern und dann nochmal zu KiGa Jahr Beginn, damit die Wartzeit nicht so lange ist. Ausflüge kann man auch machen ohne 100 Euro an einem Tag auszugeben. Komisch ich schaffe das auch mal kostenlos, weil ich was zum Essen und Trinken dabei habe, oder wenn ich viel ausgebe, dann dann sind das 30 Euro (ich habe für alles Interessante Jahreskarten, 10er Karten, wenn man das umlegt auf den einzelnen Besuch, ist das viel billiger). Mann muss nicht immer Essen gehen, und wenn doch, dann schaue ich nach Angeboten wie: "Schnitzeltag, jedes Schnitzel für 5,90 Euro" oder 2 Essen zum Preis von einem. Außerdem gibt es bei uns einige Gaststätten, die riesiege Portionen für 5,90 Euro haben. Wie soll ein Kind lernen mit Geld umzugehen bzw. später mal mit einer bestimmten Summe zu haushalten, wenn es immer alles bekommt. Ein Kind muss lernen, dass man auch mal warten muss, dass man sparen muss, wenn man was bestimmtes haben will. Es muss auch lernen, dass man im Leben nichts geschenkt bekommt, dass man für viele Dinge hart arbeiten muss. Ich erkläre meinem Sohn durchaus, wenn er sich z.B. einen elektrischen Kran außer der Reihe wünscht, dass dafür Mama 2 volle Tage arbeiten muss, um das zu bezahlen, d.h. dass er dann auf mich verzichten muss bzgl. Spielzeit & Freizeit mit mir, damit ich ihm Wünsche erfüllen kann. Er nimmt lieber die Variante "Zeit mir Mama verbringen", als ein neues Spielzeug (und er ist noch nicht mal 5 Jahre). Genauso wie unser Sohn mit der Schwerbehinderung des Papa aufwachsen muss und lernen muss, dass Papa eben nicht alles kann und auch dass Mama auch nicht alles gerne macht, aber durchaus bereit ist etwas, das sie nicht mag auch mal für Junior für kurze Zeit zu machen. Ich hoffe du verstehst was ich damit sagen will.

von Badefrosch am 09.10.2012, 21:10



Antwort auf Beitrag von Badefrosch

denn Du sagst das gleiche, naemlich dass Du sogar mit 80 % eine ganze Familie ernaehren kannst und eben aufs Geld achten musst, bspw. keine extra getraenke kaufst sondern etwas mitnimmst, Ihr kostenlose Ausfluege macht und Du Deinem Sohn ganz klar machst, dass man auch verzichten musst. Und viele sind zu dieser Spartanik nicht bbereit. Ich aergere mich auch immer schwarz wenn meine Blagen, kaum dass wir 30 Minuten unterwegs sind, was zu trinken kaufen moechten und natuerlich fuer jeden was.Das summiert sich und wenn man da immer nachgibt, wird es knapp. Zu deiner Bekannten/ wenn sie es sich leisten kann, soll sie doch. Fuer mich hoert sich das auch overdone an, vor allem lernt der Junge ja nicht, den Wert der Sachen zu schaetzen bei dem Ueberfluss. Vor allem braucht kein Mensch soviel Spielzeug. Und bei uns ist es so, dass die Kinder trotz eines recht gediegenen Lebensstils immer noch viele Wuebsche haben, ""alles"" kriegen die nie. Ich versuche auch, denen klar zu machen, dass man die Kroeten auch erstmal erarbeiten muss. jedenfalls, ich stimme Dir durchaus zu, sehe aber keinen Widerspruch yu meiner Aussage, gehen geht es, mit einem gehalt, nur wollen die meisten das nicht. Benedikte

von Benedikte am 09.10.2012, 21:54



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Ich kenne das auch, ebenfalls von netten Leuten, und finde es schwierig, darauf zu reagieren. Überhaupt empinde ich Argumente, die mit "Früher" oder "In anderen Ländern" anfangen, pauschal immer erst mal als etwas spießig. Zumal die besagten Leute oft diejenigen sind, die besagte "andere (Entwicklungs-)Länder" selten bereist haben und auch nicht "früher" gelebt haben. Man braucht sich ja nurmal mit Freuds Studien auseinander zu setzen, um festzustellen, dass es Verrückte (psychische Krankheiten jeglicher Form) auch schon früher gab, ebenso wie Dorftrottel (Menschen mit Behinderung), u.v.m. Die Geschichten, die als Überlieerungbei uns angekommen sind, sind die Geschichten derjeniger, die "das Sagen" hatten, sich gut durchsetzen konnten. Was hat das psychisch für eine Funktion? Abgrenzung? Zeigen wollen, wie gut man selbst ist? Versorgt der besagte Mitarbeiter auch eine Familie, oder hat er jemanden, der ihm den Rücken frei hält? Hat er eine Glückssträhne oder ist er einfach von Natur aus besonders gut in der Lage, sich nützlich zu machen? Burnout hat doch nicht nur mit Über- sondern bisweilen auch mit Unterforderung zu tun oder dem Gefühl, am Arbeitsplatz nichts (mehr) erreichen zu können, keine wirkliche Aufgabe zu haben. Früher gab es wohl eine klarere Hierarchie und Rollenverteilung, wohingegen wir heute Wahlfreiheit bzw. -zwang haben, was Berufe angeht. Ich denke, dass es früher mehr Berufe gab, in denen man am Ende eines Tages klare Ergebnisse "messen" konnte. Ein fertiggestelltes handwerkliches Produkt oder dass der Samstagshofputz vor einem wichtigen Kirchenfest besonders glatt über die Bühne lief, alle sind zufrieden und müde und die Klinken der Stalltüren blitzen und blinken. Heute sind (wieviel?) Prozent der Arbeitnehmer in Verwaltungs- und Dienstleistungesjobs und bearbeiten Akten und wenn sie die bearbeitet haben, rücken andere Akten nach. Sie sind Sozialarbeiter in einer Beratungsstelle und beraten Klienten und wenn der eine Klient fertig beraten ist, kommt der nächste hereinspaziert. Wenn man dann Sozialarbeiter geworden ist, weil man an gesellschaftlichen Problemen etwas ändern wollte, steht man vor dem Problem, dass man das a) an dieser Stelle gar nicht kann und b) sich das so nicht überprüfen lässt. Hierarchien existieren unterschwelliger. Wir gehen vom Leistungsgedanken aus, jeder, der hart anpackt, kann etwas werden. Alternativ: Wer besonders teamfähig ist, kann etwas werden, wer besonder kreativ ist, ann etwas werden. Das ist wohl branchenabhängig. Aber selbst in der Kreativbranche ist die Kreativität nicht die einzigeWährungen, es gibt noch anderen, die sind aber verdeckt und tabu durch den Blick auf die Kreativität. Das ist kompliziert und zermürbt Menschen. So meine sehr spätabendliche Theorie.

von rabukki am 09.10.2012, 00:40



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

1. Gab es das früher auch schon. Ich kann dir alleine in meinen Vorfahren in den 2 Generationen über mir einen Burn-Out (früher nannte man es anders), 1 Nervenheilanstaltaufenthalt, 1 mal Depressionen und 1 Selbstmord nennen. 2. wurde früher nicht so drüber geredet. 3. gab es früher mehr Großfamilie. Mit seinen Nach- und aber eben auch Vorteilen. Ich glaube das stabilisierte. LG

von Julia+Christopher am 09.10.2012, 08:04



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Den Spruch habe ich auch schon oft gehört. Er kommt meistens von Menschen, die damit keinerlei Erfahrung haben. Es muss ja auch nicht jeder alles kennen oder verstehen. Würde mich also nicht im geringsten stören. "Früher" hatte manch einer wirklich keine Zeit für Burnout oder sonstige Probleme. Wenn man Tag und Nacht ackert, hat man keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, ob einen der Job erfüllt oder überfordert, wie man sich fühlt oder wie es einem geht. Vergleich: Wenn die Jobs extrem knapp sind, dann nehme ich es klaglos hin dass eine Kollegin unter Dutzenden eine blöde Kuh ist. Wenn die Jobs reichlich gesät sind, fällt mir vielleicht auf, dass man dieses Verhalten "mobbing" nennen könnte. *duck und renn weg* Damit will ich nicht sagen, dass ich das erstrebenswert finde.

von Pamo am 09.10.2012, 08:14



Antwort auf Beitrag von Pamo

Ich denke mal, daß die Menschen mehr Zeit haben nachzudenken, weil es hier in Europa die wirklich existenziellen Sorgen (wo bekomme ich Wasser, Nahrung und eine medizinische Versorgung) eigentlich nicht mehr gibt. Wenn man damit beschäftigt ist, die nächste Mahlzeit für seine Familie aufzutreiben, kommt man wohl nicht auf die Idee, mit einer Depression im Bett liegen zu bleiben. Aber nicht falsch verstehem, ich kann mir vorstellen, daß es bei einer schweren Depression solche Zuständ gibt, bei denen man vielleicht nicht mehr aus dem Bett kommt - ist nur ein Erklärungsversuch, warum es die psychischen Erkrankungen hier und heute vielleicht mehr gibt als früher oder in anderen Ländern. lg rats

von rats am 09.10.2012, 08:23



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Hallo, auch wenn das eher provokant ist, aber es gibt schon zu denken, wie die Zahl der psychischen Erkrankungen schlagartig mit Herausgabe eines neuen DSM (http://de.wikipedia.org/wiki/Diagnostic_and_Statistical_Manual_of_Mental_Disorders) in die Höhe schnellt. Krankheit ist eine Definition. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit, war Homosexualität auch eine "Krankheit" lt. DSM. Damit will ich die Probleme nicht kleinreden, die individuellen schon gar nicht, ich habe im Umfeld einen Fall von Depression erlebt, der für alle Angehörigen wirklich schlimm war (ist aber schon 20 Jahre her) Aber ob nun jede Erschöpfung ein BurnOut ist, jedes hibbelige Kind ADHS hat und jede matte müde Mutter eine Mu-Kind-Kur braucht, das bezweifle ich doch sehr. Wir sollten uns immer vor Augen halten, auf welchem Niveau bei uns geklagt wird. Nicht die Belastungen nehmen pauschal zu, sondern unsere Belastbarkeit offensichtlich ab, obwohl es uns so gut wie noch nie geht. Dazu ein Zitat aus einem Interview mit dem Psychiater Manfred Lütz aus der Frankfurter Rundschau (im September). Frage: "Aber ist die Arbeitswelt nicht tatsächlich belastender geworden, E-mails, Smartphones, Erreichbarkeit rund um die Uhr." Antwort Manfred Lütz: "Im dreißigjährigen Krieg waren die Leute rund um die Uhr für die Schweden erreichbar. Das war viel unangenehmer". Meine Oma, die zwei Weltkriege, Kindstod und Hunger voll mit erlebt hat, sprach ähnlich und in aller Bescheidenheit. Manchmal muss man den Blickwinkel ändern. Grüße Tina

von Tinai am 09.10.2012, 09:50



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

bzw. waren es nicht als Krankheit angesehen. Da hatte man halt mal "eine Verstimmung" oder man war erschöpft und ausgelaugt. Aber man hat sich darum nicht weiter Gedanken gemacht, ob es nun krankhaft sein könnte. Auch war es früher so, dass man gleich als "reif für das Irrenhaus" abgestempelt wurde. Und jeder weiß, wie früher mit derartigen Krankheiten umgegangen wurde... Es war auch so, dass es oft hieß "hat was mit den Nerven". Kann ich mich auch erinnern, war so eine Standardaussage. Aber auch von der Arbeit her waren die Anforderungen nicht so hoch wie in der heutigen Zeit. Computer, Handy, hochtechnisierte Maschinen, computergesteuert usw. Das war damals noch nicht so arg wie heute. Es war noch mehr handwerklich denke ich. Sicherlich gab es auch die Anfänge der Computer und technischen Abläufe, die komplexer wurden. Ich glaube aber, heutzutage sind auch viele überfordert, weil es so schnell geht. Man muss sich so schnell von einer Situation auf eine neue umstellen. Neue Arbeitsabläufe, neue Computersteuerung, neue Anforderungen. Es wird sehr viel gefordert mittlerweile. Wenn ich sehe, was mein Mann oft nebenher noch daheim abarbeitet, was er sich mitnimmt aus dem Büro, weil es nicht zu schaffen ist... Auch für andere, oft auch Doppelbelastung oder Dreifach, Kinder, Job, Haushalt. Es ist aber auch so, dass man eine Familie fast nicht mehr ernähren kann als Alleinverdiener, die Lebenshaltungskosten sind hoch und man will ja nicht immer so sparsam sein, sich nichts gönnen usw. Wir arbeiten beide, sind teilweise echt erschöpft, aber wir können uns was gönnen. DAS ist für uns der Ausgleich, um nicht an Burn out zu erkranken. Wir nehmen uns Zeit für uns und tun uns mal was Gutes. melli

von sojamama am 09.10.2012, 10:51



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Der psychische Druck ist ins immense gewachsen. Schön, dass der Elektriker noch sein Standing aus alter zeit und seine Erfahrung mitbringt. Davon zehrt er. Und die Menschlichkeit hat abgenommen. Der Mensch vereinzelt.

von Nikas am 11.10.2012, 04:40



Antwort auf Beitrag von Nikas

Hm, wirklich? Ich habe eigentlich gedacht, dass die Menschen schon immer vereinzelt waren, nur dass man sich eben nach außen hin angepasster verhielt als heute. Man war so verzweifelt davon abhängig, dass die Sippe/Dorf/sonstige Gemeinschaft einen akzeptierte, dass man so tat als ob - koste es was es wolle. Vielleicht irre ich mich auch.

von Pamo am 11.10.2012, 21:07



Antwort auf Beitrag von Sumsebrumm

Manche Einstellungen sind einfach nur arm.

von montpelle am 11.10.2012, 10:55