Ist es möglich das die muttermilch nicht ausreicht?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Ist es möglich das die muttermilch nicht ausreicht?

Baby ist 1woche alt und nach den stillen, ca 10 min später schreit sie . Im krankenhaus sagte man wir sollten dazu füttern, damit sie auch zunimmt .bleibt das so reicht die muttermilch nicht aus?

von Sheila Rose am 04.08.2022, 10:09



Antwort auf: Ist es möglich das die muttermilch nicht ausreicht?

Liebe Sheila Rose, für ein so junges Baby ist es tatsächlich vollkommen normal, dass es „dauernd" trinken möchte. Wenn du bedenkst, dass der Magen deines Babys gerade mal so groß wie ein Tischtennisball ist und sein Organismus auf häufige kleine Mahlzeiten eingestellt ist, dann verstehst du, dass ein Baby dauernd an die Brust mag. Und es ist völlig okay, wenn es dauernd angelegt wird :-). So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Babys manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Dein Baby ist gerade erst auf der Welt angekommen und es hat noch überhaupt keine Vorstellung davon, dass es einen Unterschied zwischen Tag und Nacht gibt. Du musst dir vorstellen, dass dein Baby bis vor kurzem Tag wie Nacht ununterbrochen Nahrung bekommen hat, ganz gleich wieviel Uhr es war. Es war immer gleichmäßig warm und die Geräusche um es herum hatten auch eine gewisse Monotonie. Nun plötzlich ist alles anders und an diese riesige Veränderung muss es sich erst gewöhnen. Es braucht seine Zeit, um diese Umstellung einfach zu bewältigen. Gib dir und deinem Kind die Zeit, die ihr beide braucht, um euch an das neue Leben zu gewöhnen. Denke daran, dass du jetzt Wöchnerin bist. Leider ist es in unserer Kultur nicht (mehr) so sehr verbreitet darauf Rücksicht zu nehmen, dass eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, Zeit braucht. Zeit zur Erholung, Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen des neuen Menschleins, Zeit ums sich an die ganze Veränderung, die so ein kleiner Erdenbürger mit sich bringt zu gewöhnen. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Bitte wende dich an eine Kollegin vor Ort, die Euch sehen kann und so sehr viel gezielter beraten kann! Sie kann das Saugverhalten beurteilen und dir Tipps geben, wie dein Baby es zum Vollstillen schafft. Adressen von Stillberaterinnen findest du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Liebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 04.08.2022