Nach einer Geburt ist alles anders: Dein eigener Körper fühlt sich fremd an, die Beziehung zu deinem Partner hat sich verändert und nach so manch durchwachter Nacht willst du vielleicht nur noch das Eine: endlich schlafen!
Vielen Frauen steht jetzt der Sinn überhaupt nicht nach Sex. Manche möchten vielleicht noch nicht mal kuscheln und schmusen. Andere hingegen erleben Lust und Liebe sogar besonders intensiv und sind in deiner Sexualität durch das Muttersein erst richtig erwacht.
Wie auch immer es bei dir ist: Beim Sex nach der Schwangerschaft gibt es - wie vorher auch - kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist nur, dass du die Veränderungen zulässt, dir Zeit nimmst, deinen Körper neu kennenlernst und über eventuelle Schwierigkeiten möglichst offen redest. Mach dir klar, dass fast alle Frauen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Ob verändertes Lustempfinden, Schmerzen beim Verkehr oder Probleme mit dem Partner - gegen (fast) alles ist ein Kraut gewachsen. Dein Frauenarzt ist hier erst mal der richtige Ansprechpartner und hilft dir gerne weiter.
Ab wann "darfst" du wieder?
Die frühere Empfehlung, mit dem ersten Verkehr bis zum Ende des Wochenflusses zu warten, gilt heute als überholt. Wenn du möchtest, kannst du mit deinem Partner wieder intim werden, sobald ihr beide Lust darauf habt. Eine zeitliche Einschränkung gibt es hier nicht. Hilfreich kann anfangs die Verwendung von Kondomen sein - zum einen zur Verhütung, zum anderen aus hygienischen Gründen wegen des Wochenflusses. Das ist aber kein Muss und auch eine Infektionsgefahr besteht hier nicht, denn der Wochenfluss an sich ist nicht infektiös. Eine Einschränkung gilt allerdings: wenn du eine größere Verletzung in der Scheide hast, die genäht werden musste, solltest du solange warten, bis sie verheilt sind. Das ist nach etwa zwei bis drei Wochen der Fall. Die meisten Paare verspüren aber ohnehin so früh nach der Geburt noch keinen Wunsch nach Sex. Durchschnittlich vergehen etwa drei Monate, bis frisch gebackene Eltern die körperliche Liebe wieder aufnehmen. Aber auch wenn es bei dir länger dauert - 6 Monate oder gar 1 Jahr - ist das völlig in Ordnung, solange du und dein Partner damit beide zufrieden sind.
Mein Mann will, aber ich hab gar keine Lust
Eine gewisse "Lustlosigkeit" in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt ist völlig normal. Die meisten Mütter sind jetzt müde und erschöpft. Die Hormone fallen nach der Geburt innerhalb von Stunden auf ein so niedriges Niveau, dass dein gesamter Körper eher eine Abwehr gegen Sex entwickelt. Dieser Zustand kann individuell sehr unterschiedlich lange anhalten. Zudem hat sich dein Körper durch die Schwangerschaft und die Geburt verändert und du fühlst dich im Moment vielleicht eher unattraktiv. Wahrscheinlich hast du immer noch ein kleines Bäuchlein, das Becken ist breiter geworden, vielleicht sind ein paar Dehnungsstreifen als Souvenirs geblieben. Du wirst einfach etwas Zeit brauchen, um dich in deinem Körper wieder "zuhause zu fühlen". Sprich mit deinem Partner, erkläre ihm deine Ängste und bitte ihn um Geduld. Dein Mann wird sicher Verständnis dafür haben. Sei aber bitte auch nicht zu streng mit dir. Frauen tendieren dazu, sich selber viel zu kritisch zu betrachten. Vielleicht wärst du erstaunt zu erfahren, wie sexy er deine neuen, weiblicheren Formen findet.
Ich will, aber mein Mann nicht!
Auch das kommt vor. Du fühlst dich schon wieder bereit zum Sex, aber dein Mann noch nicht. Lass ihm Zeit - auch er muss mit der veränderten Situation als Vater erst klarkommen. Seine Zurückhaltung liegt sicher nicht daran, dass er dich nach der Geburt nicht mehr attraktiv findet. Vielleicht sieht er die Vertrautheit zwischen dir und dem Baby und möchte sich nicht dazwischen drängen. Mancher Mann verspürt in dieser Zeit auch erst mal echte Eifersucht aufs Baby, das "permanent an deiner Brust hängt" und vermeintlich seinen Platz einnimmt. Auch die Angst, dir wehzutun, kann eine Rolle spielen. Versuche mit ihm über seine Bedenken zu sprechen und lasst es langsam angehen. Vielleicht hilft dir erst einmal ein vorsichtiges, zärtliches "Wiederkennenlernen". Wenn dein Mann erst merkt, dass bei dir wieder alles in Ordnung ist und du wirklich keine Schmerzen hast, erwacht die Lust bestimmt von selber.
Mögliche körperliche Probleme
Viele Frauen klagen nach der Geburt über Schmerzen beim Verkehr. Die Scheide ist zwar sehr dehnbar, trotzdem entstehen bei der Geburt kleine Gewebsrisse, die noch eine Zeitlang beim Geschlechtsverkehr wehtun können. Ein Gleitgel kann hier helfen, vor allem wenn die Scheide aufgrund der Hormone sehr trocken ist. Etwa 4 bis 6 Wochen dauert es auch, bis sich die Gebärmutter wieder völlig zurückgebildet hat. Der Beckenboden braucht sogar noch etwas länger. Auch ein Dammriss oder -schnitt, bzw. eine Kaiserschnittnaht brauchen ein paar Wochen, bis sie vollständig verheilt sind und nicht mehr stören. Probiere mal eine andere Stellung aus, in der kein Druck auf die empfindlichen Regionen entsteht oder der Penis nicht so tief eindringen kann, z.B. die "Löffelchen-Stellung". Wenn du allerdings nach ein paar Monaten immer noch Schmerzen hast, solltest du mit deinem Frauenarzt besprechen. Vielleicht ist die Dammnaht nicht richtig verheilt. Manchmal liegt es aber auch an der Psyche. Schmerzen beim Verkehr können auch auf Probleme mit dem Partner hindeuten.
Was bringt Rückbildungsgymnastik?
Der Beckenboden ist sowohl durch das Gewicht des Babies während der Schwangerschaft wie auch durch die Dehnung bei der Geburt stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Vieles bildet sich von selber in den nächsten Wochen zurück, aber es kann nicht schaden, hier etwas nachzuhelfen. Fast alle Frauen haben nach der Geburt zunächst Probleme mit leichter Harn-Inkontinenz. Beim Lachen, Husten, etwas Schweres Heben geht eine kleine Menge Urin ab. Mit gezielter Rückbildungsgymnastik kannst du dafür sorgen, dass das nur ein vorübergehendes Problem bleibt. Ein starker Beckenboden hilft aber nicht nur gegen Inkontinenz, sondern sorgt auch für das Vergnügen beim Sex. Je stärker die Muskulatur hier ist, umso größer ist das Lustempfinden. Deshalb ist Rückbildungsgymnastik gleichzeitig das Beste, was du selber dafür tun kannst, um wieder Spaß am Sex zu haben!
Verhütung
Die Angst, sofort wieder schwanger zu werden, kann die Lust ganz schön hemmen - und ist ja auch durchaus berechtigt. Denn selbst wenn du voll stillst, könntest du jetzt schon wieder fruchtbar sein, - wenn du Fläschchen fütterst sowieso. Mit Kondomen bist du zunächst einmal auf der sicheren Seite, bis du für dich eine langfristigere Lösung gefunden hast. In unserem Special zum Thema Verhütung nach der Geburt findest du alle Infos, welche Verhütungsmittel jetzt geeignet sind und welche z.B. während der Stillzeit nicht infrage kommen. Ansonsten spreche bitte mit deinem Frauenarzt.
Sex während der Stillzeit
Die Hormone, die für das sexuelle Empfinden zuständig sind, können durch das Stillhormon Prolaktin so stark gehemmt werden, dass sich kein Lustgefühl entwickelt. Das kann nur einige Wochen anhalten; es kann aber auch Monate nach dem völligen Abstillen dauern, bis sich die Hormone wieder normalisieren. Bei sexuellem Kontakt mit der Brust kann ein unerwünschter Milchfluss auftreten. Sollte dir das unangenehm sein, hilft ein Trick der Hebammen: Wenn du die Hände auf die Brustwarzen legst und mit der flachen Hand die Brust an den Körper drückst, kannst du den Milchfluss stoppen. Ein Handtuch im Bett hilft gegen Milchflecken auf der Bettwäsche. Und habe keine Sorge, in ein paar Wochen, wenn sich die Stillbeziehung richtig eingespielt hat, hört dieser unfreiwillige Milcheinschuss ganz von alleine auf. Ein weiteres Problem, das viele Frauen während der Stillzeit haben, ist eine trockene Scheide. Das liegt ebenfalls am hohen Prolaktin-Spiegel in deinem Körper. Vielleicht braucht dein Partner jetzt etwas länger, um dich zu stimulieren. Ansonsten hilft auch hier ein Gleitgel.
Zeit für Schäferstündchen
Diese Situation kennen fast alle Paare in den ersten Monaten mit Kind: Abends fällst du todmüde ins Bett. Jetzt gilt es schnell die Stunden zu nützen, in denen das Baby schläft, um selber etwas Schlaf zu bekommen. Für Sex bleibt da gar keine Zeit. Wie wäre es denn mal mit einer "Siesta" nach Art der Südländer? Die Zeit, in der dein Baby sein Mittagsschläfchen hält, kannst du entweder nutzen, um dich selber auszuruhen - oder für ein ungestörtes Schäferstündchen.
Gelegenheit macht Liebe
In den ersten Wochen und Monaten ist das Baby meist rund um die Uhr bei dir. Wahrscheinlich schläft es in deinem Schlafzimmer und eventuell sogar im Ehebett. Viele Paare fühlen sich beobachtet, wenn das Baby in der Nähe ist und können nicht so recht entspannen oder loslassen. Vielleicht hast du ja auch Angst, dein Kind aufzuwecken. Hier hilft nur Kreativität. Probier doch einmal andere Plätze in deiner Wohnung aus. Wenn du dich heimlich aus dem Schlafzimmer begibst zu einem Stelldichein in Küche oder Wohnzimmer, fühlst du dich vielleicht in die Anfangszeit deiner Liebe zurückversetzt, und das kann durchaus Lust fördernd sein.
Kleine Auszeit nehmen!
Für eine gelungene Sexualbeziehung ist Vertrautheit wichtig und die entsteht nur, wenn ihr Zeit füreinander habt. Leichter gesagt als getan - vor allem in den ersten Monaten mit Baby. Trotzdem solltest du dir, wenn irgend möglich, ab und zu mal Zeit zu zweit gönnen. Nehme dir einen Babysitter oder frage die Oma, damit du wenigstens mal zum Essen oder ins Kino gehen kannst. Das tut eurer Beziehung gut, denn ihr seid ja nicht nur Eltern, sondern weiterhin auch noch Mann und Frau. Das Ende der Stillzeit ist oft eine gute Gelegenheit für einen kleinen Kurzurlaub oder ein verlängertes Wochenende. Länger möchtet ihr die meisten Eltern euer Baby noch nicht zurücklassen und selbst während dieser wenigen Tage fällt es ihnen oft sehr schwer. Trotzdem solltest du es wagen - wenn du die Möglichkeit hast -, weil es dir und eurer Beziehung wirklich guttut. Fern ab von Babygeschrei und Windeln ist dann auch endlich mal wieder Zeit für ungestörte Lust und Liebe.