Lieber Dr. Posth,
Unsere Tochter (3J 9M) kommt seit ca. 1 Jahr jede Nacht zu uns ins Bett. Bis sie 3 war schlief sie wunderbar nach Kuscheln u Lesen allein ein, dann nicht mehr. Ich habe mich dann zu ihr gesetzt, bzw. gelegt (hat jetzt ein gr Bett) bis sie eingeschlafen ist. Sie fummelt dann an meinen Haaren. Nachts holt der Papa sie rüber, wenn sie ruft. Jetzt überlege ich, ob es langfristig so gut ist oder ich einmal versuchen sollte, dass sie in ihrem Bett bleibt. Eigentlich stört es mich nicht, aber der kleine Bruder wird ja evtl. auch langsam so eine Phase bekommen (knapp 2J, schläft auch super nach Kuscheln allein ein - mit Rufen/Rückversichern). Ausserdem planen wir ein 3. Kind und dann wird es schwierig mit dem Schlafen im Elternbett. Wie könnte ich ihr Verhalten ändern - oder gibt sich das von ganz allein? Vielen Dank für Ihren Rat (der immer sehr bestärkt, da fast alle etw Anderes sagen...), Kirsten
Mitglied inaktiv - 13.12.2010, 09:58
Antwort auf:
Tochter im Elternbett
Liebe Kirsten, dass "fast alle etwas anderes sagen", weiß ich. Aber gerade dafür brauchen wir ja dieses Forum. Denn hier wird etwas Neues gesagt, und ich möchte in aller Bescheidenheit einmal für mich beanspruchen, das Neueste zu bieten. Das Neueste ist das, was die Ergebnisse der Bindungsforschung und diejenigen der Hirnforschung in den letzten Jahren herausgefunden haben. Interessanterweise decken sich die Ergebnisse dieser beiden Forschungszweige auf beeindruckende Weise. Daher entwickelt sich die gesamte neue psychotherapeutische und psychosomatische Medizin immer stärker in Richtung auf die Bindungstheorie zu. In der Bevölkerung sind aber diese Ergebnisse noch weitgehend unbekannt, und es wird wie immer 5-10 Jahre dauern, bis diese Wissenkluft zwischen Alltagsdenken und Forschungserkenntnissen geschlossen sein wird. Aber unsere Kinder können nicht solange warten!
Ein 4-jähriges Kind hat normalerweise ein Interese an einem eigenen Ort in der elterlichen Wohnung, wobei das Wort eigen wörtlich zu nehmen ist. Das hat etwas mit sozialer Reifung zu tun und dem inneren Verlangen nach Selbstständigkeit. Daher ist es gut, einem 4-jährigen Kind seine Ecke im Kinderzimmer oder sein eigenes Zimmer so zurecht zu machen, dass es Lust bekommt, sich dorthin zurückzuziehen und dort auch zu schlafen. Das Kind kann sich selbst daran mit Wünschen beteiligen. Möglicherweise ist bei Ihrer Tochter in dieser Entwicklung etwas dazwischen gekommen (der kleine Bruder?). Ihr Dazulegen ins Bett beim Einschlafen hat nun eine rückbindende Wirkung ausgeübt und jetzt ist der Status so wie Sie schreiben. Es wäre gut, wenn Sie jetzt schrittweise den Wechsel ins eigene Zimmer einleiteteten. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 15.12.2010