Sollte mein Sohn schon bei verboten hören oder ist er noch zu jung?

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Sollte mein Sohn schon bei verboten hören oder ist er noch zu jung?

Hallo, unser Sohn (20 Monate, korrigiert 17 Mo.) ist ein ausgeglichenes, meist sehr fröhliches Kind, aber sehr willenstark u. eigensinning. Er hört noch gar nicht auf Verbote/Stop-Rufe. Z.B. beim Besuch einer Freundin mit Neugeborenem, hat er im nicht eingezäunten Nachbargarten einen großen Spielzeugbagger etc. entdeckt. Obwohl wir uns nicht mehr in Sichtweite des Baggers befanden u. trotz Ablenkung, war er nicht mehr davon abzubringen ständig dahin zu laufen. Er durfte dann gucken, aber war nicht ohne Geschrei/Weinen/Wehren wieder davon wegzubringen. Wir sind dann reingegangen, zur Ablenkung. Freundin suggerierte, ich hätte "mein Kind nicht im Griff" (unschöner Ausdruck), aber er ist doch noch zu jung, um zu verstehen, dass er den Bagger einfach nicht haben kann, oder? Sollte er schon "hören" und dann etwas unterlassen? Dazu ist er doch noch zu klein, oder? Vielen Dank - Isabelle

von Isabelle1969 am 20.06.2011, 21:39



Antwort auf: Sollte mein Sohn schon bei verboten hören oder ist er noch zu jung?

Liebe Isabelle, "sein Kind im Grriff" zu haben ist eine Vokabel aus der konventionell elternorientierten autoritären Erziehung. Die Umkehrung ist dann die große Sorge, die auch als Warnung mit Nachdruck aufgeprochen wird: "dein Kind hat dich (schon) im Griff". Was richtig an diesen Formulierungen ist, ist die Tatsache, dass sich Beziehungen auch in diesem frühen Alter schon an der Machtfrage orientieren. Das Kind sehnt sich nach Bestimmungsmacht (über sein Selbst), und die Eltern erhalten sich die Entscheidungsmacht, die in diesem Fall auch Entscheidungshoheit ist. Bestimmungsmacht zu erhalten bedeutet für ein Kind dieses Alter, sich stark aufzuwerten. Daher sind diese Kinder wenig gelehrig und oft halsstarrig im Duchsetzen ihrer Interessen. Ihr oft noch dranghafter Charakter mit schlechter Beherrschung des Willens macht diese KInder schwierig im Umgang. Daher auch die geschilderte Reaktion Ihres Sohnes. Worauf immer hinzuweisen ist in diesem Alter ist die Bedeutung des Vaters als Loslösungsvorbild und damit Stärkung der kindlichen Position auch in seinem Inneren und in der Entwicklung zum "ausgewogenen Selbst" (stabiles Selbstwertgefühl). Wie es den da zwischen Ihrem Sohn und seinem Vater? Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 24.06.2011