Frage: Sind motorisch schnellere Kinder auch kognitiv weiter?

Lieber Dr. Posth, diese Frage ist eine rein hypthetische, treibt mich aber schon eine ganze Weile um. Gesetzt den Fall es gäb zweimal identische Bedingungen, in denen zwei Babys aufwachsen würden (zweimal dieselben Eltern in zwei Häusern, die exakt gleich wären...), die Babys wären aber genetisch unterschiedlich (ich weiß, dass das nicht möglich ist, nur theoretisch). Das eine Baby würde mit 4 Monaten auf den Bauch drehen und das andere erst mit 7. Das eine Baby würde mit 11 Monaten laufen und das andere erst mit 15 oder noch später. Könnte man dann sagen, dass das Kind, welches sich schneller motorisch entwickelt hat auch kognitiv weiter, also "intelligenter" ist? Weil seine Synapsen schon früher und mehr angeregt wurden , durch das Machen von eigenen Erfahrungen? Oder ist es auch möglich, dass das ´motorisch langsamere am Ende ein Einstein wird und das schnellere ein "Dümpel" (nur rein theoretisch)? Vielen Dank für Ihre Antwort! Sonja

Mitglied inaktiv - 10.12.2003, 18:14



Antwort auf: Sind motorisch schnellere Kinder auch kognitiv weiter?

Liebe Sonja, die Geschwindigkeit der Vernetzung von Neuronen im Gehirn, die dafür sorgt, daß eine bestimmte Funktion ausgeführt werden kann, hängt vom genetischen Potential und von den Einflüssen aus der Umwelt ab (wahrscheinlich ungefähr 50% zu 50%). Da gilt für alle Bereiche der menschlichen Entwicklung, körperlich, seelisch, geistig und sozial. Je günstiger die Voraussetzungen sind, desto schneller und besser geht es mit der Entwicklung. Das gilt aber für jeden Bereich gesondert. Also es ist nicht so, daß ein motorisch weit entwickeltes Kind später intelligenter wird oder umgekehrt. Jedenfalls läßt sich so etwas statistisch nicht belegen. Insofern ist es auch sehr fragwürdig, wenn man behauptet, wie es in bestimmten therapeutischen Bereichen geschieht, daß ein geistig-kognitiv oder sozial sich schlecht entwickelndes Kind davon profitieren könnte, daß man es sensomotorisch-integrativ auf "Vordermann bringt". Diese Durchgängigkeit der Systeme läßt sich nicht belegen und wäre auch widernatürlich. Warum? Die Natur sorgt dafür, daß alle Resourcen des körperlich-seelisch-geistigen Lebens ausgenutzt werden, um ein an die jeweiligen Lebensbedingungen angepaßtes menschliches Wesen zu erzeugen. Da wäre es viel zu riskant, den einen Entwicklungsbereich als absolut ausschlaggebend für den anderen einzurichten. Auf diese Weise kann ein körperbehinderter Mensch ein geistig und seelisch völlig normales Leben führen, wenn die Gesamtvoraussetzungen dafür vorhanden sind. Allerdings gibt es hierzu eine schicksalhafte Ausnahme. Bei der seelischen, d.h. emotionalen Entwicklung bedarf es in der Anfangszeit und auch noch darüber hinaus unabdinglich eines Partners, der prim./sek., usw. Bezugsperson. Das ist nötig für den Erwerb der Voraussetzungen, in der menschlichen Gemeinschaft angepaßt und sinnvoll mitleben zu können. Die sozialen Strukturen der intelligentes Spezies Mensch sind so komplex und kompliziert, daß die Natur diesen Weg wählen mußte. D.h. eine gut gelingende soziale Integrationsfähigkeit setzt eine gut verlaufene emotionale Entwicklung voraus. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 12.12.2003



Antwort auf: Sind motorisch schnellere Kinder auch kognitiv weiter?

Hallo, habe das auch mal meine KiÄ gefragt, und sie meinte definitiv NEIN!!! Also, kann das Kind was motorisch etwas später dran ist, sogar einen besseren Abi Abschluß machen, oder anders herum. Sie meinte eben, das hat damit nix zu tun!! LG

Mitglied inaktiv - 10.12.2003, 18:58