Frage: Probleme mit 6-jähriger

Ich möchte Sie gerne zu Ihrer Meinung über das Verhalten meiner 6-jährigen Tochter fragen, wir sind im Moment sehr genervt und warten eigentlich schon seit Jahren darauf, das etwas besser wird, aber leider tut sich nichts. Eines der größten Probleme ist, dass sie sich nicht alleine beschäftigen kann. Sie spielt nicht, hat auch (so gut wie) nie mit ihren Spielsachen, z.B. Puppe, Spiele, Stofftiere etc. gespielt. Das einzige womit sie sich manchmal selbst beschäftigt, ist Malen, Zeichnen oder Basteln. (Fernsehen würde sie natürlich auch jederzeit). Aber ansonsten hängt sie mir ständig an den Fersen, gehe ich in einen anderen Raum,ruft sie sofort nach mir, fragt "Mama wo gehst du hin", geht mit mir. Sie hat auch grosse Angst, alleine in einem Raum zu bleiben; natürlich auch, alleine abends einzuschlafen. Das geht ja vielen Kindern so, aber untertags ist es sehr merkwürdig. Sie geht nicht mal alleine in den Garten spielen. (Sie hatte aber nie irgendein schlechtes Erlebnis, das muss ich dazusagen, denn diese Frage stellt man sich ja als erstes, wenn ein Kind solche Angst vor dem Alleinesein hat). Sie braucht ständige Aufmerksamkeit, ständig Zuschauer. Ohne diese ist es für sie anscheinend nichts wert, etwas zu tun. Wenn Besuch da ist, versucht sie,dessen Aufmerksamkeit ständig auf sich zu lenken. Dabei turnt sie ihre Ballettübungen vor, will Spiele spielen, kurz gesagt, alles sollte sich um sie drehen und nach ihrer Pfeife tanzen. Sie kann mit sich alleine nichts anfangen - dieser Umstand ist für uns alle inzwischen schon sehr belastend geworden. Das hat sie ja schon seit jeher. Aber die Angst vor dem Alleinesein hat sich erst seit ca. einem halben Jahr extrem verstärkt. Kommt das vielleicht in dem Alter häufiger vor?? Vielen Dank für Ihren Rat!

Mitglied inaktiv - 26.01.2003, 21:36



Antwort auf: Probleme mit 6-jähriger

Liebe Conny, die Ursachen für ein solches Verhalten liegen selten klar auf der Hand. Wäre es anders, brauchten wir keine Psycholgie. Psychologische Diagnosen sind nicht weniger schwierig zu stellen als medizinische. Warum sollte es auch anders sein? Das auffällige Verhalten Ihrer Tochter rührt meines Erachtens von einer unvollkommenen Entwicklung Ihres Selbst her. Das Selbst stellt die Person nach außen in die Gesellschaft dar und repräsentiert das Ich. Es entwickelt sich im Rahmen der Loslösung unter den Zwängen des Trotzes. Meist haben solche Kinder sehr wenig getrotzt oder aber auch so übertrieben, daß es sie in der Entwicklung nicht wirklich weiter gebracht hat. Auch das hat wieder Ursachen in der Gefühlsentwicklung im Säuglingsalter, was wiederum mit der primären Bindung zu tun hatte. Aber soweit gehen Psychologen in konstruktiver Weise selten zurück. Die Bindungsforschung ist ja auch ein noch recht neues Gebiet. Am besten suchen Sie sich Hilfe bei einem/r Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeute(i)n, v.a. dann, wenn Sie den Eindruck haben, daß sie es eigentlich nicht mehr aushalten können. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 28.01.2003