Frage: Identitätsprobleme bei 3,5 jähriger ?

Hallo, meine Tochter Jessi treibt mich noch in den Wahnsinn ! Anfangs war es ja noch lustig, doch mittlerweile erschreckt mich ihr Auftreten. Sie will nie die Jessica sein. Grundsätzlich behauptet sie, sie wäre ein Junge und heißt Lenn ! Egal von wem sie gefragt wird: Ich bin der Lenn ! :-(((. Rufe ich sie bei ihrem Namen, antwortet sie schroff: "ICH BIN DOCH DER LENN!" Wenn sie mal gerade nicht der Lenn ist, ist sie ein kleines Baby ! Das artet dann so aus, daß sie ihre alten Babysachen heruaskramt und versucht diese anzuziehen auch wenn schon viel zu klein. Und dann die dauernde Fragerei: "Habe ich das als kleines Baby auch gemacht ?" War ich als kleines Baby auch schon da?" "Habe ich das als kleines Baby auch gegessen ?" Wenn wir bei meiner Freundin sind - und da sind wir ziemlich oft, ahmt sie ständig deren kleine Tochter nach, die 1,5 Jahr jünger ist als sie. Plappert alles nach wie z.B. Trinken haben: "NJAM NJAM" und richtet dabei greifend die Hände nach einem. Anfangs fand ich es ja echt noch lustig, doch mittlerweile wünsche ich mir, daß sie einfach sie selbst ist. Ich sage es ihr auch immer wieder wie wunderbar ich es finde ein Mädchen zu haben und daß ich die JESSICA ganz doll liebe. Ach ja! Einen imaginären Freund hat sie natürlich auch noch. Er heißt Philipp und wohnt bei uns auf dem Bügelbrett. Zu dem geht sie oft und "liest" ihm Geschichten vor. :-( (Für irgendwelche ausgeheckten Sachen ist er aber toi-toi-toi noch nicht verantwortlich.) Mag sich wohl alles lustig anhören, doch mir bereitet es ernsthaft Sorgen. Mangelt es ihr an Selbstbewußtsein ? Ist sie eine tolle Schaupielerin ? Liebe Grüße Tanja

Mitglied inaktiv - 28.04.2003, 23:08



Antwort auf: Identitätsprobleme bei 3,5 jähriger ?

Liebe Tanja, liebe Frauke, die Geschichte mit den imaginären Gefährten wurde hier im Forum schon mehrfach angesprochen. Es müßte sich etwas über den Suchlauf ansteuern lassen. Da gibt es natürlich ganz kuriose Beobachtungen. Grundsätzlich hat es etwas mit der Ausarbeitung der Grenzen des Selbst zu tun. Das Selbst repräsentiert das Ich in der Umwelt. Die eigene Person bleibt dabei im Empfinden immer identisch. Nur das Selbst wird "spaßenshalber" oder trickreich ausgetauscht. Dabei schafft sich das Kind die Möglichkeit, dem Ich durch das Gewissen untersagte Handlungen auf ein Phantom zu übertragen und dort auszuagieren. Zugleich wird das Phantom dazu "mißbraucht", eigene Ängst abzubauen oder dem wahren Selbst gesetzte Grenzen zu verschieben. Beides dient der Stabilität innerer Befindlichkeit. Manche Kinder treiben diese Phantasiegestalten auf ein Niveau von wahrer Konkurrenz zur Realität. Das mag man als Talent ansehen, man kann aber auch spekulieren, das Kind habe das nötig. Dazu müßte man aber die gesamte Biographie des Kindes kennen und untersuchen. Ist also die Rückkehr zum wahren Selbst unproblematisch, und geht die Persönlichkeitsentwicklung ganz normal weiter, ist kein Argwohn angezeigt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 30.04.2003



Antwort auf: Identitätsprobleme bei 3,5 jähriger ?

Hallo Tanja, du sprichst mir aus der Seele. Meine Tochter wird im Juni 4 Jahre und hat schon seit ein paar Wochen genau die von dir beschriebene Krise. Ich kann es auch schon nicht mehr hören. Imke hat 3 imaginäre Freunde: Gonndgo ( keine Ahnung woher sie den Namen hat), Anni, und Annika. Wenn ihre Oma zu Besuch kommen will, sagt sie, sie kann nicht, weil ihre Freunde gleich kommen und sie abholen ( Mit dem Auto natürlich). Ständig steht sie irgendwo in der Ecke und spricht mit ihnen. Ich habe mir auch schon Sorgen gemacht, dann aber auch mit FReundinnen gesprochen und erfahren, dass die genau das gleiche Problem haben. Mir wurde gesagt, dass unsere Kinder in dem "magischen Alter" sind, d.h. sie erfinden Sachen und Personen. Von anderen Müttern wurde mir auch schon gesagt, dass meine Tochter Sachen erzählt hat, die ich ihr gesagt haben soll, was ich aber nie getan habe, z.B. hat sie letzt bei einer Freundin erzählt, dass ich ihr verboten habe im Haus die Gummestiefel auszuziehen. Das habe ich nie gesagt. Sie erfindet dauernd Sachen und mir geht es total auf die Nerven, da ich manchmal schon überlegen muß, was wahr ist. Außerdem finde ich es auch nicht so toll, wenn sie mit Lügengeschichten durchs Dorf läuft. Vielleicht hat hier ja jemand eine Lösung. Bis dann Frauke PS: Das Schlimme ist, dass sie ihre kleine Schwester ( 2 Jahre) auch schon angesteckt hat. Sie spricht auch schon von Gonndgo und Co.

Mitglied inaktiv - 29.04.2003, 17:20