Frage: Heulsuse - Erziehungsfehler? Charaktersache?

Chiara, fast 4, war schon immer ein Sensibelchen. Sie weint bei jeder Gelegenheit, oft mehrmals am Tag, auch spontan ohne ersichtlichen Grund ("Ich will weinen") Vor 20 Monaten bekam sie ein Schwesterchen, Livia. Die ist ein Scherzbold, und beide verstehen sich sehr gut. Wobei Livia Chiara öfter mal ärgert oder angreift, und Chiara wehrt sich nicht sondern - weint. Ihrerseits ist sie "fürsorglich" und bemüht sich nur, daß ja immer alles gerecht verteilt wird. Insgesamt wird Livia wegen ihrer lustigen Art Chiara vorgezogen. Nicht von uns Eltern, aber teilweise von den Großeltern und auch von Freunden. Jeder bemüht sich um Gleichbehandlung, aber Chiara merkt es sicher. Das macht es auch nicht besser. Wie kann ich Chiara helfen, dass sie eine andere Form der Kommunikation sucht als Weinen? Bisher bin ich immer darauf eingegangen, und nach langem erklären und reden ist sie auch kooperativ und einsichtig. Oder besser ignorieren? MfG Catherina

Mitglied inaktiv - 10.10.2005, 14:35



Antwort auf: Heulsuse - Erziehungsfehler? Charaktersache?

Liebe Catherina, bis zu einem gewissen Grade muß man bei einem Kind die Grundcharakterzüge auch einfach tolerieren. Also Sensibilität oder Ungestüm sind solche Wesensarten, die schon Kinder charakterisieren. Schnell macht man in der Gesellschaft daraus krankhafte Erscheinungen, aber nur, weil es etwas schwieriger ist, mit solchen Kindern umzugehen. Da heißt es dann dieses Kind habe ADHS oder das andere sei frühkindlich depressiv. Am liebsten sind den Leuten die immer froh gemuten und lustig aufgelegten. Das zieht sich so hin bis in die Unterhaltungsindustrie. Sicher muß man als Eltern darauf achten, daß man nicht eine Schieflage in der Geschwisterkonstellation übersieht, oder selbst diesen Ansprüchen nach Fröhlichkeit unterliegt. Einem Kind, das schnell weint, kann man ja vorschlagen, andere Ausdrucksformen für Wut und Ärger zu finden. Ein mangelhaftes Selbstbewußtsein muß man hingegen gezielt fördern (Suchlauf: "Selbstbewußtsein"). Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 12.10.2005