Frage: Gewöhnung an andere

Hallo Hr. Dr. Posth, mein Sohn (1 Jahr) war von Beginn an sehr nähe- und stillbedürftig, bei anderen mochte er nicht lange bleiben. Meine Schwiegereltern fanden das besorgniserregend, er würde ein totales Mamakind und es später schwer haben, vor allem wenn ich wieder arbeiten gehen würde, und er müsse sich von klein auf daran gewöhnen bei anderen zu sein (allerdings arbeiten sie beide und haben ihn darum auch nicht täglich gesehen). Auch wenn sie mit ihm spazieren gingen brachten sie ihn oft schreiend zurück. Nun darf ich mir anhören dass sie ihr Enkelkind im ganzen letzten Jahr (ich habe 11M. gestillt) kaum für sich alleine hatten und anscheinend befürchten sie dass es in Zukunft Probleme gibt wenn sie ihn haben - was ich totalen Quatsch finde, denn bei uns war das auch nie ein Problem obwohl wir in den ersten Jahren nur von meiner Mutter betreut wurden, und außerdem wollte ich diesbezüglich auch nie was erzwingen. Was denken Sie darüber? Habe ich was "verpasst"?

Mitglied inaktiv - 28.04.2008, 16:30



Antwort auf: Gewöhnung an andere

Hallo, nein, Sie haben gar nichts verpasst. 1-jährige Kinder beginnen gerade, in die Loslösungsphase (s. gezielter Suchlauf unter "Loslösung")einzutreten. Neben die Stelle der Mutter tritt jetzt in Zukunft der Vater, der das Loslöungsvorbild abgibt. Das Kind muss wissen, dass es außerhalb der Bindung zur Mutter eine eigene Existenz gibt, die schließlich zur eigenen Persönlichkeit führt. Der Vater ist das Vorbild dafür. Aber dieser Schritt ist mit Angst verbunden, die Mutter zu verlieren. Diese Angst drückt sich nun aus in großer Anhänglichkeit. Von daher ist es ganz normal, dass sich 1-jährige Kinder noch ganz schnell zur Mutter zurückziehen wollen, wenn ihnen die Loslösung zu weit geht. Bei Erzwingen solcher Trennungsvorgänge gibt es nur Tränen und die Angst vermehrt sich. Großeltern sollten das alles wissen und die natürlichen Verhaltensweisen ihrer Enkelkinder respektieren. Das gehört nun einmal zur Aufgabe verantwortungsbewusster Großeltern. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 04.05.2008